(Hebr. Begleiter [des Kindes]): Der "Pate" eines jüdischen Jungen. Während der Beschneidungszermonie nimmt er den acht Tage alten Säugling von der Mutter entgegen und hält ihn auf seinen Knien. Bei der Beschneidung hält er ihn dem Mohel entgegen.
Quelle: Christoph Daxelmüller: "Der gute Ort". Jüdische Friedhöfe in Bayern. Augsburg 2009 (Hefte zur Bayerischen Geschichte und Kultur 39), S. 68. // Miriam Magall: Kleine Geschichte der jüdischen Kunst. Köln 1984, S. 280.
Paramilitärische Kampftruppe der NSDAP. Vor 1933 war sie wegen der von ihr provozierten Saal- und Straßenschlachten berüchtigt. Nach dem Röhmputsch 1934 verlor sie an politischer Bedeutung. In der Pogromnacht 1938 wurde die SA in den meisten Orten zur Zerstörung der Synagogen und Verhaftung der jüdischen Bevölkerung eingesetzt.
Quelle: Paul Hoser: Sturmabteilung (SA), 1921-1923/1925-1945, publiziert am 14.11.2007. In: Historisches Lexikon Bayerns, http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Sturmabteilung_(SA),_1921-1923/1925-1945 [14.11.2023].
Schnüre, die zur Herstellung eines Eruv zwischen Häusern gespannt werden.
Quelle: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1665.
(Hebr. ruhen): Der Schabbat ist der siebente Tag der Woche und für Juden ein Ruhetag. Man erinnert an das Ruhen Gottes nach Erschaffung der Welt und an den Auszug aus Ägypten. Er beginnt am Freitagabend und endet am Samstagabend nach Eintritt der Dunkelheit. Zu Beginn entzündet die Frau des Hauses zwei Kerzen, vor dem festlichen Essen segnen die Eltern ihre Kinder. Am Schabbat herrscht absolute Arbeitsruhe. Diese endet erst, wenn der Schabbat mit einem besonderen Segensspruch (Hawdala) feierlich verabschiedet wird.
Quelle: Jüdisches Kulturmuseum Veitshöchheim
(Hebr. Morgenlicht): Jüdisches Morgengebet bzw. Morgenandacht, das nach Sonnenaufgang und vor dem Mittag gebetet wird. Der "Schulklopfer" wurde einst von der Kultusgemeinde dafür bezahlt, um an den jüdischen Häusern anzuklopfen und die Bewohner an die Gebetszeit zu erinnern. Juden beten traditionell dreimal am Tag. Es gibt wechselnde Liturgien für Wochentage, den Schabbat und Feiertage. Beim Morgengebet ist es für Männer Tradition, den Kopf mit einer Kippa zu bedecken und einen Tallit zu tragen. Außer am Schabbat oder einem anderen Feiertag ist werden die Gebetsriemen (Tefillin) um Kopf und Arm getragen. Bis ins 20. Jahrhundert wurde jeweils vor der Morgenandacht der Segen für die Obrigkeit gebetet (ha-Noten Teschua, dt. "Der den Königen Heil verleiht"). Wie andere jüdische Gebetsgottesdienste endet auch der Shacharit mit einer Reihe von oft zitierten Gebeten, darunter das Aleinu und das Kaddisch der Trauernden.
Quelle: Sandra Borchert: Schacharit: Das jüdische Morgengebet. Online unter: https://raawi.de/schacharit-das-juedische-morgengebet [Zugriff: 15. Mai 2024].
(Hebr. Wochenfest): Ab dem Abend der zweiten Pessach-Nacht werden sieben Wochen lang die Tage gezählt. Diese Praxis wird "Sefirat ha-Omer" genannt und dient der Vorbereitung auf einen der wichtigsten jüdischen Feiertage: Chag Schawuot. Übersetzt bedeutet der Name schlicht "Wochenfest". Ursprünglich stand das Wochenfest in einem landwirtschaftlichen Kontext und markierte den Beginn der Weizenernte. Im Buch Exodus spricht Gott zu den Israeliten: "Das Wochenfest sollst du für dich feiern mit den Erstlingsfrüchten von der Weizenernte […]" (Ex 34,22). Das Wochenfest findet am 6. und 7. Sivan (Mai/Juni) statt.
Quelle: Valerie Mitwali: Schawuot. Das jüdische Wochenfest. In: Katholisch.de, online unter: https://www.katholisch.de/artikel/25582-schawuot-das-juedische-wochenfest [17.11.2023].
(Hebr. Rest der Geretteten): Nach dem Buch Esra 9,14 eine Eigenbezeichnung der Holocaust-Überlebenden.
Quelle: Jim G. Tobias / Nicole Grom (Hg.): Gabersee und Attel. Wartesäle zur Emigration. Die jüdischen Displaced Persons Camps in Wasserburg 1946-1950. Nürnberg 2016, S. 162.
(Umgangssprachlich / jiddisch "Schiwe-Sitzen"): Siebentägige Trauerzeit.
Quelle: Christoph Daxelmüller: "Der gute Ort". Jüdische Friedhöfe in Bayern. Augsburg 2009 (Hefte zur Bayerischen Geschichte und Kultur 39), S. 68. // Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1666.
30-tägige Trauerzeit; nach dem siebentägigen Schiwe-Sitzen gelten gelockerte Trauervorschriften. Für Säuglinge, die innerhalb von 30 Tagen nach der Geburt sterben, ist keine Trauerzeit einzuhalten; für die Eltern dauert die Trauerzeit ein Jahr lang. Sie schließt mit der "Jahrzeit", dem Jahrtag des Todes, an dem gewöhnlich der Grabstein gesetzt wird.
Quelle: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1666.
(Von hebr. Schmu‘a = Nachricht): Die überwiegend in ärmlichen Verhältnissen lebenden "Schmuser" gehörten in der Regel dem Landjudentum an. Sie hatten in ihrem Bezirk genaue Kenntnis über den Viehstand sowie die Vermögensverhältnisse des Bauernstandes und dienten mit diesem Fachwissen als kommerzieller Agent für Handels- und Heiratsvermittlung (süddt. schmusen = einen Handel vermitteln, zuschmusen = Ein Ehepaar verkuppeln, hebr. Schidduch). Meistens wird der Begriff im engeren Sinne als Vermittler in Vieh- und Pferdegeschäft verwendet. Das Schmusen ist in der süddeutschen Alltagssprache sowohl positiv (schmusen = liebkosen) als auch negativ (rotwelsch: schmusen = aufschwatzen; Schmu = Betrügerei) eingegangen.
Quelle: "SCHMUSEN, verb.". In: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/23, https://www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=S14148 [15.11.2023]. // Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1666.
Jüdischer Schlachter (kein kommerzieller Metzger!), der die Tiere gemäß der religiösen Hygienegesetze rituell "schächtet": Die Tiere werden mit einem speziellen Messer mit einem großen Schnitt quer durch die Halsunterseite getötet, in dessen Folge die großen Blutgefäße sowie Luft- und Speiseröhre durchtrennt werden. Mit dem Schächten soll das möglichst rückstandslose Ausbluten des Tieres, sowie ein schneller Tod gewährleistet werden. Der Verzehr von Blut ist sowohl im Judentum als auch im Islam verboten. Das Schochetamt ist Teil der Einrichtungen einer funktionierenden Kehillah.
Quelle: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1666. // Historisches Museum der Pfalz / Cornelia Ewigleben (Hg.): AK Europas Juden im Mittelalter. Speyer 2005, S. 266. // Germanisches Nationalmuseum Nürnberg / Bernward Deneke u.a. (Hg.): AK Siehe der Stein schreit aus der Mauer. Geschichte und Kultur der Juden in Bayern. Nürnberg 1988, S. 513.
(Pl. Schofarot): Zeremonielles, heiliges Blasinstrument aus einem Widderhorn, das am Neujahrstag (Rosch ha-Schana), am Versöhnungstag (Jom Kippur) und außergewöhnlichen Anlässen geblasen wird. Bei der Eroberung Jerichos unter Josua waren es sieben Schofarot, welche die Mauern der uneinnehmbaren Stadt zum Einsturz brachten (Jos 6,4).
Quelle: Miriam Magall: Kleine Geschichte der jüdischen Kunst. Köln 1984, S. 280.
A) Ein Gemeindediener, der dafür zu sorgen hatte, dass die Juden rechtzeitig und möglichst vollzählig zu Gebet und Toralesung in der Synagoge (= "Judenschul") erschienen. B) Hölzernes Gerät in Form eines Schofar, mit dem durch das Klopfen die Beendigung der Alltagsarbeit (und der Gang in die Synagoge) angezeigt wurde.
Quelle: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken. Erarbeitet von Cornelia Berger-Dittscheid, Gerhard Gronauer, Hans-Christof Haas, Hans Schlumberger und Axel Töllner unter Mitarbeit von Hans-Jürgen Beck, Hans-Christoph Dittscheid, Johannes Sander und Elmar Schwinger, mit Beiträgen von Andreas Angerstorfer und Rotraud Ries. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1666. // Germanisches Nationalmuseum Nürnberg / Bernward Deneke u.a. (Hg.): AK Siehe der Stein schreit aus der Mauer. Geschichte und Kultur der Juden in Bayern. Nürnberg 1988, S. 513.
Speyer, Worms und Trier. Akronym entstanden aus den hebräischen Anfangsbuchstaben der drei Städtenamen Speyer = Schpira = Schin / Worms = Warmaisa = Warw / Mainz = Magenza = Mem. SchUM war ein einzigartiger jüdischer Gemeindebund, der seit dem 11. Jahrhundert bis zu den Pestpogromen 1348/49 bestand und in Architektur, Gelehrsamkeit und jüdisches Leben in ganz Aschkenas entscheidend prägten. Die SchUM-Stätten sind herausragende, besonders frühe und in einzigartiger Dichte und Vollständigkeit erhaltene Zeugnisse der jüdischen Tradition und daher vom UNESCO-Weltkulturerbe geschützt.
Quelle: Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz / Michael Huyer (Hg.): Mittelalterliche Judengemeinden am Rhein. Die SCHUM-Städte. In: Blätter zum Land 2 (2004).
(Hebr. Ordnung): Die häusliche Religiöse Feier an den beiden ersten Pessach-Abenden. Zum Auftakt des Pessachfestes wird im Kreis der Familie oder Gemeinde des Auszugs aus Ägypten gedacht. Dies geschieht in einem langen, streng geregelten Ablauf – daher die Bezeichnung "Seder". Es werden Texte aus der Haggada gelesen und Lieder gesungen.
Am Sederabend wird der Tisch mit Speisen von symbolischer Bedeutung gedeckt: Ungesäuertes Brot (Matze/Mazzen) als Symbol der Eile, in der die Juden aus Ägypten geflohen sind, und Salzwasser als Symbol des Weinens über die Zerstörung des Jerusalemer Tempels, wo das Pessach-Lamm geopfert wurde (die Sephardim verwenden stattdessen Essig, die jemenitischen Juden lassen es ganz aus). Ein besonderer Sederteller (Ka'ara) enthält: 1. Ein Bitterkraut (Maror) als Erinnerung an die ägyptische Knechtschaft. 2. Eine Lammkeule mit wenig Fleisch (Seroa), der an die Opfertiere im Tempel erinnert und zum Gedenken an die Zerstörung des Tempels auf dem Tellerliegen bleibt. 3. Ein gestampfter Brei aus Apfel- bzw. Feigenstückchen, Nüssen, Datteln, mit etwas Rotwein zusammengeknetet und mit Zimt oder Ingwer gewürzt (Charosset), der an den Lehm erinnern soll, mit dem die Israeliten für den Pharao Ziegel herstellen mussten. 4. Ein zweites Bitterkraut (Chaseret), kann mit dem Maror identisch sein und wird mit dem Charosset gegessen. 5. Sellerie, Radieschen, Petersilie oder Kartoffeln (Karpas), erinnert an die zermürbende Feldarbeit in Ägypten und wird in das Salzwasser getaucht. 6. Ein weich gekochtes Ei (Beitzah), als Symbol für die Fragilität menschlichen Geschicks, aber auch der Fruchtbarkeit. Auf dem Tisch steht auch ein Becher Wein, der dem Propheten Elijah vorbehalten ist.
Quelle: Germanisches Nationalmuseum Nürnberg / Bernward Deneke u.a. (Hg.): AK Siehe der Stein schreit aus der Mauer. Geschichte und Kultur der Juden in Bayern. Nürnberg 1988, S. 513. // Jüdische Allgemeine Zeitung, Glossar. Online unter: https://www.juedische-allgemeine.de/glossar/seder/ [16.11.2023]. // Der Pessach-Seder. In: Chabad.org. Online unter: https://de.chabad.org/holidays/passover/pesach_cdo/aid/1474285/jewish/Der-Seder.htm [16.11.2023].
Sephardim, dt. Sefarden / Sepharden, Adj. sefardisch / sephardisch: Bezeichnung für die Juden auf der Iberischen Halbinsel und Südfrankreich, die im 14./15. Jahrhundert gewaltsam vertrieben wurden und sich unter anderem in der östlichen Levante (Osmanisches Reich), Nordafrika, Asien und auch Nordamerika niederließen. Etwa 10 Prozent des globalen Judentums definiert sich selbst als sefardisch. Ihre Identität beruht bis heute auf der ibero-maurischen Kultur, was sich vor allem in der Aussprache des Aramäischen und Hebräischen, der Musik und den traditionellen Speisen äußert. Sie unterscheiden sich von den Aschkenasim auch in der Liturgie des Gottesdienstes.
Quelle: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1666. // Historisches Museum der Pfalz / Cornelia Ewigleben (Hg.): AK Europas Juden im Mittelalter. Speyer 2005, S. 266.
(Hebr. Verwüstung, Vernichtung, Katastrophe): Die Ermordung von etwa sechs Millionen jüdischer Männer, Frau und Kinder im nationalsozialistischen Machtbereich zwischen 1933 und 1945. Wird oft und vor allem im englischen Sprachraum syn. auch Holocaust genannt (von alt-gr. holókaustos = völlig verbrannt / ausgemerzt).
Quelle: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1666.
(Hebr. Aufreihung, Ordnung): Hebräisches Gebetsbuch mit der Sammlung der täglichen Gebete sowie des Grundstammes der Gebete für den Schabbat und die Festtage.
Quelle: Germanisches Nationalmuseum Nürnberg / Bernward Deneke u.a. (Hg.): AK Siehe der Stein schreit aus der Mauer. Geschichte und Kultur der Juden in Bayern. Nürnberg 1988, S. 513.
(Hebr. Freude der Tora): Freudenfest am letzten Tag des Laubhüttenfestes (Sukkot). Im Festgottesdienst wird der Schlussabschnitt (Dtn 33,1-34,12) sowie der erste Abschnitt der Tora (Gen 1,1-6,8) gelesen. Charakteristisch sind fröhliche Umzüge mit den Torarollen, an denen auch Kinder beteiligt werden.
Quelle: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1666.
(Verb: Säkularisieren): Staatliche Einverleibung von Kirchengut, in Verbindung mit der Auflösung vormals unantastbarer kirchlicher (Macht-)Institutionen.
Quelle: Marcus Junkelmann: 1815 - Ende einer Epoche. In: Haus der Bayerischen Geschichte / Margot Hamm u.a. (Hg.): AK Napoleon und Bayern. Augsburg 2015 (= Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 64), S. 34-43. // Bernhard Löffler / Walter Demel: Der fränkische und der schwäbische Adel werden bayerisch. In: Haus der Bayerischen Geschichte / Wolfgang Jahn u.a. (Hg.): AK Adel in Bayern. Ritter, Grafem, Industriebarone. Augsburg 2008 (= Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 55), S. 224f. // Manfred Treml: Die Säkularisation und ihre Folgen. In: Haus der Bayerischen Geschichte / Josef Kirmeier u.a. (Hg.): AK Glanz und Ende der alten Klöster. Säkularisation im bayerischen Oberland 1803. München 1991 (= Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 21), S. 122-132. // Josef Kirmaier: Einzug von Kirchengut und Säkularisation. Die Begriffe und ihre Geschichte bis zur Französischen Revolution. In: Haus der Bayerischen Geschichte / Josef Kirmaier u.a. (Hg.): AK Glanz und Ende der alten Klöster. Säkularisation im bayerischen Oberland 1803. München 1991 (= Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 21), S. 23-27.
Paramilitärischer Kampfverband der NSDAP, 1925 zum persönlichen Schutz Adolf Hitlers im Sinne einer "Prätorianergarde" gegründet. Nach 1934 löste sich die SS von der SA und entwickelte sich unter Reichsleiter-SS Heinrich Himmler (1900-1945) zu einer eigenständigen Organisation. Bis heute für die Außenwirkung der SS prägend war eine in Teilen neo-heidnische, magisch-okkultistische Ausrichtung im Corpsgeist, die maßgeblich auf Heinrich Himmler zurückgeht. Kennzeichnend für die SS war ihre Verzahnung staatlicher Funktionen und Institutionen mit Parteistrukturen der NSDAP. Die SS übernahm die Kontrolle der Polizei und baute mit der Waffen-SS eine eigenständige militärische Funktion neben der Wehrmacht auf. Durch die personelle und organisatorische Verflechtung mit der Gestapo (Geheime Staats-Polizei = Geheimdienst), die Verwaltung der Konzentrationslager, die systematische Ermordung von Juden und anderen Minderheiten sowie zahlloser Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg war die SS das wichtigste Terror- und Unterdrückungsorgan im NS-Staat.
(Pl. Stedlanim / Schtadlanim): Der Sprecher und Vermittler einer jüdischen Gemeinde vor der christlichen Obrigkeit.
Quelle: Jacob Katz: Tradition und Krise. Der Weg der jüdischen Gesellschaft in die Moderne. München 2002, S. 91.
(Lat. subsellium = Bank, Sitz): Im 19. Jahrhundert ein Begriff für Schul- bzw. Kirchenbänke und feststehende Sitzbänke in Synagogen. Subsellien wurden als Teil einer neuen Synagogenordnung im Geist des Reformjudentums in den 1830ern verpflichtend. Viele Gemeinden konnten sie aus Kostengründen erst Jahrzehnte später einbauen.
Quelle: olfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken. Erarbeitet von Cornelia Berger-Dittscheid, Gerhard Gronauer, Hans-Christof Haas, Hans Schlumberger und Axel Töllner unter Mitarbeit von Hans-Jürgen Beck, Hans-Christoph Dittscheid, Johannes Sander und Elmar Schwinger, mit Beiträgen von Andreas Angerstorfer und Rotraud Ries. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1667.
(hebr. Laubhütte, Pl. Sukkot, Suckaus, jidd. Suckes): Rituelle Hütte oder Bude, dessen Dach nur mit Laubzweigen gedeckt ist. In der Hütte, die an den Auszug aus Ägypten erinnert, wird das Sukkot gefeiert. Die "Laubhütte" wird meistens im Garten eines Privathauses, einer Synagoge oder eines Gemeindehauses errichtet, aber es gibt keine spezifischen Vorgaben. Sie kann auch nur symbolisch angedeutet sein, etwa indem einige Dachziegel entfernt werden, oder in dem ein Balkon entsprechend geschmückt wird.
Quelle: Historisches Museum der Pfalz / Cornelia Ewigleben (Hg.): AK Europas Juden im Mittelalter. Speyer 2005, S. 267. // Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1667. // Germanisches Nationalmuseum Nürnberg / Bernward Deneke u.a. (Hg.): AK Siehe der Stein schreit aus der Mauer. Geschichte und Kultur der Juden in Bayern. Nürnberg 1988, S. 513.
(dt. Laubhüttenfest; hebr. Sukkot = Laubhütten): Sieben Tage währendes Fest im Herbst (je nach dem Mondkalender September/Oktober), mit dem Juden an die 40 Jahre dauernde biblische Wanderung des jüdischen Volkes durch die Wüste Sinai erinnern, nachdem sie durch das Rote Meer aus der Sklaverei des ägyptischen Pharao geflohen waren. Gleichzeitig ist es ein Erntedankfest. Für Sukkot stellen Famlien und Gemeinden eine Laubhütte auf (hebr. Sukka), um im Freien gemeinsam zu Essen und (wenn es die Witterung erlaubt) auch zu schlafen.
Quelle: Yael Deusel: Sukkot. Das jüdische Laubhüttenfest. In: 1700 Jüdisches Leben in Deutschland e.V (Hg.): Guter Ort. Begegnungen mit jüdischer Geschichte Frankens. [Leipzig/Berlin] 2021, S. 60-62. // Historisches Museum der Pfalz / Cornelia Ewigleben (Hg.): AK Europas Juden im Mittelalter. Speyer 2005, S. 267. // Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1667. // Germanisches Nationalmuseum Nürnberg / Bernward Deneke u.a. (Hg.): AK Siehe der Stein schreit aus der Mauer. Geschichte und Kultur der Juden in Bayern. Nürnberg 1988, S. 513.
(altgr. Versammlung, hebr. Bet Haknesset): Jüdisches Versammlungs- und Gotteshaus. Eine mittelalterliche bis frühneuzeitliche Alltagsbezeichnung war "Schule" oder auch "Judenschul(e)". Die Synagoge, in der die Gemeinde auch ihre profanen Angelegenheiten bespricht, wird durch die Einbringung wenigstens einer Torarolle in den Aron ha-Kodesch und die Anwesenheit eines Minjan zum sakrosankten Ort. Die Synagoge ist ein würdevoller und respektierter Ort des Gebets, die Nachempfindung des Mischkan, in dem zuweilen auch der Religionsunterricht stattfindet und die Schüler einer Jeschiwa diskutieren. Die Größe und Architektur kann je nach Region oder den finanziellen Möglichkeiten einer Kultusgemeinde stark variieren, zumal es im Talmud nur wenige Vorschriften über die bauliche Beschaffenheit einer Synagoge gibt: Gemäß den Auslegungen in der Halacha soll die Synagoge einerseits nach Osten ausgerichtet sein, möglichst frei stehen, wenn möglich das höchste Gebäude am Ort sein - zumindest aber höher als die jüdischen Häuser - und prachtvoll ausgestattet werden. Die Höhenvorgabe wurde manchmal durch eine Wetterfahne oder einen Dachreiter, und bei wenigen großen Synagogen mit beeindruckenden Türmen oder Kuppeln umgesetzt. Allerdings gab es auch vielerorts bis ins 19. Jahrhundert die Anweisung der christlichen Obrigkeit, dass die Synagoge äußerlich bescheiden und unauffällig bleiben sollte. Sehr viele Synagogen in Bayern stehen bzw. standen daher in zweiter Reihe, hinter einem Vorderhaus oder im Gartengrundstück eines Anwesens. Das fränkische Landjudentum vereinte oft aus Kostengründen alle essentiellen Einrichtungen des Gemeindelebens unter einem Dach: Synagoge, Schule, Mikwe, sowie die Wohnung des Vorsängers bzw. Religionslehrers. Im Unterschied zur einfachen Betstube erfüllt die Synagoge gewisse rituelle Anforderungen: Sie enthält an der Ostwand (Richtung Jerusalem: Misrach) eine Toranische oder -Erker mit der Heiligen Lade. Über ihr hängt ein Ner Tamid. Eine Bima ermöglicht die feierliche Lesung der Tora. Vom eigentlichen Betsaal, der den Männern vorbehalten bleibt (Männerschule /-abteilung), ist die Frauenabteilung abgetrennt. Eine Synagogenbibliothek muss (zumindest rudimentär) das Studium der Tora und des Talmud ermöglichen. Männer bedecken eine Synagoge aus Demut vor Gott grundsätzlich nur mit bedecktem Haupt.
Quelle: Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation. 2. Aufl. München 1992 (= Bayerische Landeszentrale für politische Bildung A85), S. 366. // Vgl. Generaldirektion der staatlichen Archive Bayerns (Hg.) / Cornelia Berger-Dittscheid (Bearb.): Mehr als Steine. Synagogen in Unterfranken. München 2021 (= Staatliche Archive Bayerns – Kleine Ausstellungen 68), S. 18-20, 39-49. // Aryeh Citron: Jüdische Synagogenarchitektur (Engl.), online unter: Chabad.org [12.12.2022].