Jüdisches Leben
in Bayern

Glossar

(Jiddisch, vlt. von lat. palas = Saalbau): Vorbau bzw. Vorraum einer Synagoge, der in größeren Gotteshäusern den Betsaal von der profanen Außenwelt abschirmt. Über den Vorraum, in dem sich oft ein Waschbecken für die Männer sowie Stiftungs- und Gedenktafeln befinden, führt meist auch der Weg zur Frauenempore. In alten oder konservativen Synagogen liegt das Bodenniveau des Hauptraums etwas tiefer als der Fußboden des Vorraums, entsprechend dem Psalm 130: „Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu Dir: Herr, höre meine Stimme!“.

Quelle: Aryeh Citron: Jüdische Synagogenarchitektur (Engl.), online unter: Chabad.org [12.12.2022].

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Paritätische Studentenverbindungen waren von ihrem Selbstverständnis her keine jüdischen Verbindungen, sondern verstanden sich als säkulare Korporationen mit einer liberal-patriotischen Weltanschaung. Daher lehnten sie es auch entschieden ab, sich in der Öffentlichkeit als "jüdische Verbindungen" bezeichnen zu lassen. Faktisch entwickelten sich wegen des akademischen Antisemitismus die paritätischen Verbindungen aber seit dem späten 19. Jahrhundert überwiegend zu rein jüdischen Verbindungen, weil anderweitiger Nachwuchs weitgehend ausblieb. Die Ausrichtung der paritätischen Verbindungen war zeittypisch national und staatstragend, nach 1918 waren sie mehrheitlich dezidiert republiktreu. Interessanterweise gelang es den paritätischen Verbindungen nie, einen einheitlichen Dachverband zu bilden, zu groß erwiesen sich die Unterschiede in Brauchtum und weltanschaulicher Ausrichtung, der daraus resultierende verbindungsstudentische Partikularismus sowie meist auch die wechselseitigen Rivalitäten vor Ort. Der wichtigste Dachverband paritätischer Verbindungen war der 1919 gegründete Burschenbunds-Convent (BC), der farbentragend und schlagend (unbedingte Satisfaktion mit der Waffe und Bestimmungsmensur) war und im WS 1930/31 über 22 Mitgliedsbünde mit 830 Aktiven, 210 Inaktiven und 1645 Alten Herren verfügte. Dem Burschenbund Südmark München im BC gehörte der erste Finanzminister der BRD und FDP-Bundesvorsitzende Thomas Dehler (1897-1967) an.

Quelle: Matthias Stickler: Jüdische Studentenverbindungen. Anmerkungen zu einem zu wenig beachteten Thema der Universitäts- und Studentengeschichte. In: Einst und Jetzt 61 (2016), S. 11-56.

(dt. Toravorhang): Reich verzierter Vorhang vor der Öffnung des Aron ha-Kodesch (Toraschrein). Oft von Vereinen oder Privatleuten gestiftet. Ursprünglich der Vorhang vor dem Allerheiligsten des Tempels in Jerusalem.

Quelle: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1664.

Das jüdische Frühlingsfest zur Erinnerung an den Auszug der Juden aus Ägypten vom 15.-22. Nisan (März-April). Wichtig ist das Seder-Mahl (am ersten und zweiten Abend) mit religionsgesetzlich vorgeschriebenen Speisen und der Lesung der Haggada. Abgesehen von seiner religiösen Bedeutung ein wichtiges Fest für familiäre Zusammenkünfte.

Quelle: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1664f. // Historisches Museum der Pfalz / Cornelia Ewigleben (Hg.): AK Europas Juden im Mittelalter. Speyer 2005, S. 265.

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Während einer schweren Pestepidemie in Mittel- und Westeuropa kursierten Gerüchte, dass Juden durch das Vergiften der Brunnen für die Seuche verantwortlich seien. Ein Verdachtsmoment war, dass jüdische Gemeinden wegen ihrer hohen rituellen Anforderungen an die Wasserqualität nach Möglichkeit eigene Brunnen besaßen. In Frankreich, dem Heiligen Römischen Reich und den Niederlanden kam es zu schweren Ausschreitungen gegen die jüdische (Stadt-)Bevölkerung. Der damals regierende römisch-deutsche König Karl IV. (reg. 1316-1378), eigentlich der oberste Schutzherr der Juden, trug keinerlei Bedenken die Juden dem Hass und der Habgier ihrer christlichen Konkurrenten zu überlassen. Ganze Gemeinden wurden ausgelöscht, beispielsweise in Würzburg und Nürnberg.

Quelle: Rolf Kießling: Jüdische Geschichte in Bayern. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Berlin u. Boston 2019 (= Studien zur Jüdischen Geschichte und Kultur in Bayern 11). // Mordechai Breuer: Prolog - Das jüdische Mittelalter. In: Mordechai Breuer / Michael Graetz: Deutsch-jüdische Geschichte in der Neuzeit, Bd. I: Tradition und Aufklärung 1600-1780. München 2000, S. 19-82..

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Abkürzung auf (fast) allen jüdischen Grabsteinen, über der Inschrift mit Name und Daten. P.N. = PO NIKBAR = "hier ist begraben"; PO TAMUN = "hier liegt begraben" (oder "hier wurde hingelegt").

Quelle: Christoph Daxelmüller: "Der gute Ort". Jüdische Friedhöfe in Bayern, Augsburg 2009 (Hefte zur Bayerischen Geschichte und Kultur 39), S. 68.

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(Hebr. Arbeiter Zions): Linkszionistische Partei, die sich nach Abspaltung der linken Fraktion in Richtung Sozialdemokratie entwickelte.

Quelle: Jim G. Tobias / Nicole Grom (Hg.): Gabersee und Attel. Wartesäle zur Emigration. Die jüdischen Displaced Persons Camps in Wasserburg 1946-1950. Nürnberg 2016, S. 162.

(russ. Verwüstung, Zerstörung): Bezeichnung für gewaltsame Judenverfolgungen, auch allgemein für Verfolgung von Minderheiten. Siehe Rintfleisch-Verfolgung 1298, Armleder-Verfolgungen 1336/38, Pestpogrome 1348/49, "Getreideaufstand" 1699, "Hep-Hep-Krawalle" 1819 und Novemberpogrome 1938.

Quelle: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken. Erarbeitet von Cornelia Berger-Dittscheid, Gerhard Gronauer, Hans-Christof Haas, Hans Schlumberger und Axel Töllner unter Mitarbeit von Hans-Jürgen Beck, Hans-Christoph Dittscheid, Johannes Sander und Elmar Schwinger, mit Beiträgen von Andreas Angerstorfer und Rotraud Ries. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1665.

Ehe eines im Sinne der nationalsozialistischen Gesetzgebung "deutschen Reichsbürgers" mit einer Person "nichtarischer" Abstammung. Häufig waren diese EhepartnerInnen nicht von der ganzen Härte der Verfolgung betroffen.

(Hebr. Lose): Das fest Purim geht auf die Errettung der Juden im Reich der persischen Achämeniden im 5. Jahrhundert v.Chr. zurück. Haman, ein Günstling des Großkönigs Xerxes, plante die Auslöschung aller Juden; um den Tag des Massakers zu bestimmen, warf er ein Los (Pur). Der Angriff wurde jedoch durch Ester, der jüdischen Gattin des Xerxes vereitelt. Bis heute ist es zu Purim der Brauch, in der Synagoge das Buch Ester (meistens eigens dafür geschrieben und farbenfroh illustriert) zu verlesen, und bei jeder Nennung des Namens Haman mit rasseln zu lärmen (damnatio memoriae). In Anlehnung an den christlichen Karneval entwickelte sich besonders im aschkenasischen Judentum die Tradition, sich an Purim zu verkleiden und ausgelassen zu feiern, bevor die ruhigere Vorbereitungszeit auf das Pessach-Fest beginnt.

Quelle: Historisches Museum der Pfalz / Cornelia Ewigleben (Hg.): AK Europas Juden im Mittelalter. Speyer 2005, S. 265. // Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1665. // Germanisches Nationalmuseum Nürnberg / Bernward Deneke u.a. (Hg.): AK Siehe der Stein schreit aus der Mauer. Geschichte und Kultur der Juden in Bayern. Nürnberg 1988, S. 512.

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