(hebr. Erheber, Pl. Gabbaim): Hist. Kassier einer jüdischen Kultusgemeinde; Laienvorsteher einer Synagoge und Assistent des Rabbiners, der auch für den organisatorischen Ablauf von Beerdigungen und Hochzeiten verantwortlich ist. Das Amt des Gabbai entspricht in etwa dem des christlichen Diakons.
Quelle: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1661.
Jüdischer Verwaltungsbezirk / jüdischer Friedhofsdistrikt.
Quelle: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1661.
(Hebr. Verbannung): Jüdischer Begriff für das Babylonische Exil aus der Bibel, vor allem auch für die "Diaspora", die Zerstreuung des Volkes Israel nach der zweiten Zerstörung des Tempels und dem Untergang eines eigenständigen jüdischen Staatswesens durch die Römer. Aus religiöser Sicht ist die Verbannung eine göttliche Strafe für vier konkrete Sünden, die in der Mischna als Ursachen der Verbannung angeführt werden: "Die Verbannung kommt über die Welt wegen des Götzendienstes, wegen Unzucht, wegen Blutvergießens und wegen Nichtbeachtung des Brachjahres" (Sprüche der Väter 5,9).
Quelle: Yizhak Ahren: Ursachen der Galut. In: Jüdische Allgemeine Zeitung Online (08.10.2021). // Jim G. Tobias / Nicole Grom (Hg.): Gabersee und Attel. Wartesäle zur Emigration. Die jüdischen Displaced Persons Camps in Wasserburg 1946-1950. Nürnberg 2016, S. 159.
(ahdt. ganervo, jmd., an den mit anderen zusammen eine Erbschaft fällt): Eine zumeist ritterliche, jedenfalls adelige Gemeinschaft, deren Zweck es war, ein Familiengut ungeteilt zum gemeinsamen Nutzen aller beteiligten Parteien zu erhalten, wobei jeder Ganerbe über seinen Anteil individuell verfügen konnte. Die Auflösung einer Ganerbenschaft war rechtskonform ausgeschlossen. Siehe auch Fideikommiss.
Quelle: Ganerbe, in: Der Neue Brockhaus, Bd. 2. 5. v. neu bearb. Auflage. Wiesbaden 1974, S. 302. // Vgl. Haus der Bayerischen Geschichte / Wolfgang Jahn u.a. (Hg.): AK Adel in Bayern. Ritter, Grafem, Industriebarone. Augsburg 2008 (= Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 55).
Der Gelbe Ring – synonym auch Gelber Kreis, Judenring oder auch Judenkreis genannt – ersetzte von 1451 bis 1780 im deutschsprachigen Kulturraum (Heiliges Römisches Reich mit den Österreichische Erblanden, Böhmen und der Schweiz) den bis dahin üblichen "Judenhut" als öffentliche Kennzeichnung von Juden. Der humanistische Gelehrte und Kardinallegat Nikolaus von Kues (auch Cusanus, 1401-1464) regelte auf Weisung des Papstes die Kennzeichnung der jüdischen Kleidung neu. Seine Grundlage war das 4. Buch Moses (15,38): "Rede zu den Kindern Israels und sage ihnen, daß sie sich eine Quaste an die Zipfel ihrer Obergewänder machen, in ihren [künftigen] Geschlechtern, und eine Schnur von blauem Purpur an der Quaste des Zipfels befestigen". Gemeint sind die langen Troddeln (Zizith) am sog. Kleinen Gebetsmantel (Tallit Katan), den fromme Juden unter ihrer Oberkleidung tragen. Während der hebräische Text also eindeutig eine blaue Farbe vorschreibt, kann die griechische Version blau oder gelb bedeuten; Martin Luther hatte sich in seiner deutschen Bibelübersetzung für gelb entschieden, während Kues beide Farben verwendete, den gelben Ring für Männer und blaue Bänder für Frauen.
Die Neubauer Chronik aus Nürnberg schreibt dazu: "Anno 1451 Jar haben die Juden angefangen, die gelben Ringlein an den Kleidern zu tragen und die Weiber die blaben Stramen auf den Schlaren, das man sie darbey kendt". Die Farbe Gelb wurde nicht zufällig ausgewählt: In der mittelalterlichen Farbenlehre war ein fahles, fast grünliches Gelb (im Gegensatz zu Gold) das Symbol für das Höllenlicht, stand für Gottesfeindschaft und Sünde, für Wollust, Neid, Ketzerei und Krankheit. Bis in das 20. Jahrhundert hinein hissten Schiffe eine gelbe Quarantänefahne, wenn an Bord eine ansteckende Krankheit ausgebrochen war; der Spruch "Gelb vor Neid!" ist bis heute in Gebrauch. Diskriminierte Randgruppen der Gesellschaft wurden durch gelbe Abzeichen gebrandmarkt: Prostituierte waren an ihren gelben Bändern oder Hauben zu erkennen, Juden mussten den zumeist gelben "Judenhut" oder später den Gelben Ring tragen, wenn sie auf die Straße traten.
Quelle: Jens J. Scheiner: Vom "Gelben Flicken" zum "Judenstern"? Genese und Applikation von Judenabzeichen im Islam und christlichen Europa (841–1941). Peter Lang, Frankfurt am Main 2004. // Stefan Schwarz: Die Juden in Bayern im Wandel der Zeiten. München / Wien 1963. // Adolf Abraham Eckstein: Geschichte der Juden im ehemaligen Fürstbistum Bamberg. Bamberg 1910, unver. Nachdr. Bamberg 1988. // Thomas Lange: "...möchten verbrennet werden" Ausgrenzung und Gewalt gegen Ketzer, Juden, Hexen ... auch in der hessischen Geschichte (Staatsarchiv Darmstadt, online unter: https://www.hstad-online.de/ausstellungen/online/webhexen/index.htm.
Gemara und Mischna sind die beiden teile des Talmud. Die Gemara erklärt und erläutert die Mischna und geht dabei unter anderem auf die Halacha und auf Teile der Haggada ein.
Quelle: Historisches Museum der Pfalz / Cornelia Ewigleben (Hg.): AK Europas Juden im Mittelalter. Speyer 2005, S. 262.
(hebr. Versteck): Aufbewahrungsort von beschädigten, abgenutzten oder unbrauchbar gewordenen religiösen Büchern, Ritualien und anderen Gegenständen, oft in einem Hohlraum im Dachstuhl von Synagogen.
Quelle: Historisches Museum der Pfalz / Cornelia Ewigleben (Hg.): AK Europas Juden im Mittelalter. Speyer 2005, S. 262. // Germanisches Nationalmuseum Nürnberg / Bernward Deneke u.a. (Hg.): Siehe der Stein schreit aus der Mauer. Geschichte und Kultur der Juden in Bayern. Nürnberg 1988, S. 511.
Niedere Gerichtsbarkeit, Niedergerichtsbarkeit o. Niedergericht: Judikative Kompetenz einer Grundherrschaft im Heiligen Römischen Reich, die alle Vergehen außer Prozesse um Eigentum (Gantprozesse) und Schwerverbrechen ("Malefizverbrechen") umfasste. Jene blieben dem zuständigen amtlichen Gericht (Pfleggericht) des Landesherren vorbehalten, das als einziges Leib- und Lebensstrafen verhängen konnte (Hochgerichtsbarkeit, syn. Blutgerichtsbarkeit o. Halsgerichtsbarkeit).
Quelle: Klaus Kopfmann: Adeliges Leben. Wirtschaftliche Grundlagen - die Hofmarken. In: Haus der Bayerischen Geschichte / Wolfgang Jahn u.a. (Hg.): Adel in Bayern. Ritter, Grafem, Industriebarone. Katalog zur Bayerischen Landesausstellung 2008. Augsburg 2008 (= Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 55), S. 104f.
Ghetto, auch Getto (hebr.-ital.): Durch Mauern und Tore abgeschlossenes Viertel bzw. ein räumlich abgeschlossenes Wohnareal, in dem ausschließlich die jüdische Bevölkerung lebte oder auf Anweisung der Obrigkeit leben musste. Die Herkunft des Wortes ist unklar, vielleicht aus dem Hebräischen oder aus dem Italienischen (getto = Gießerei, wegen der Nachbarschaft des ältesten in Venedig belegten Judenviertels zu einer Kanonengießerei, nach der dieser Stadtteil schon vorher geheißen haben könnte). Ghettos waren in der Regel überfüllt, die Wohnverhältnisse entsprechend schlecht. Siehe auch Judengasse und Judenhof.
Quelle: Ghetto, in: Der Neue Brockhaus, Bd. 2. 5. v. neu bearb. Auflage. Wiesbaden 1974, S. 393f.
Jährliche Pachtabgabe für Grundstücke, die in Form von Geld oder Naturalien an die Grundherren bezahlt, und in besonderen Gült- bzw. Zinsbüchern verzeichnet wurde.
Quelle: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1661.
Gemeindeland, syn. Allmende: Gemeinschaftlich genutzte Liegenschaft (Weiden, Ödland, Rebland o. Wald) im Eigentum von Gemeinden oder gemeindeähnlichen Körperschaften.
(hebr. Volk,Pl. Gójim): Angehörige/r eines nichtjüdischen Volkes. Toratreue Jüdinnen und Juden können eine/n Goi in Dienst nehmen, um am Schabbat kleine Hilfsdienste auszuführen, zum Beispiel früher das Feuermachen und heute das Anschalten von elektrischen Licht (jiddisch "Schabbesgoi").
Quelle: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1661.
Mit dem Besitz von Land verbundene Herrschafts- und Gerichtsrechte über die ansässigen Untertanen. Sie beruhten auf der föderal aufgebauten Feudalordnung des Mittelalters. Eine Grundherrschaft war formal ein erbliches Lehen des Landesherren und fiel beim Erlöschen der Inhaberfamilie an diesen zurück, aber sie konnten auch durch einen (Ver-)Kauf den Besitzer wechseln. Es wird zwischen räumlich geschlossenen und offenen, das heißt geographisch zersplitterten Herrschaften unterschieden. In Altbayern wurde diese Art der landsässigen Grundherrschaft auch "Hofmark" genannt. Die wirtschaftliche Basis ruhte auf drei Säulen. 1. Die eigene landwirtschaftliche Ökonomie, die zum Teil durch ein lukratives Braurecht ergänzt wurde und zu der die Untertanen mit gering oder gar nicht bezahlter Arbeit beitrugen (Scharwerk). 2. Einkünfte aus den zur (Erb-)Pacht überlassenen Höfen und Unternehmen, den verpachteten Forst-, Fischerei- und Jagdrechten sowie dem Zehnt der Untertanen (Rentenwirtschaft). 3. Laufende Einkünfte aus der Kanzlei (Siegelrecht) und dem Gericht, sowie im fränkischen Raum häufig auch die Schutzgelder der jüdischen Gemeinden. Weil die Aufnahme von landlosen Schutzjuden kaum in althergebrachte Strukturen eingriff und den Grundherren relativ viel Handlungsfreiheit ließ, stellten Schutzjuden eine lukrative zusätzliche Einnahmequelle dar. Mit der Säkularisation 1803 fielen die Hofmarken des Klerus vollständig an den bayerischen Staat. 1818 wurden die adeligen Grundherrschaften in reduzierte und staatlich delegierte Patrimonialgerichte umgewandelt. Nach weiteren Teilablösungen endeten im Jahr 1848 alle alten Privilegien und schuf eine einheitliche staatliche Verwaltungs- und Gerichtsebene
Quelle: Klaus Kopfmann: Adeliges Leben. Wirtschaftliche Grundlagen - die Hofmarken. In: Haus der Bayerischen Geschichte / Wolfgang Jahn u.a. (Hg.): AK Adel in Bayern. Ritter, Grafem, Industriebarone. Augsburg 2008 (= Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 55), S. 104f. // Bernhard Löffler: Der fränkische und der schwäbische Adel werden bayerisch. In: Haus der Bayerischen Geschichte / Wolfgang Jahn u.a. (Hg.): AK Adel in Bayern. Ritter, Grafem, Industriebarone. Augsburg 2008 (= Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 55), S. 224f. // Haus der Bayerischen Geschichte / Rudolf Endres u.a. (Hg.): Der Fränkische Reichskreis. Augsburg 2003 (= Hefte zur bayerischen Geschichte und Kultur 29).
A) Historischer süddeutscher Münzfuß. B) Offizielle Währung im Kurfürstentum und Königreich Bayern. Um 1845 galt 1 Gulden (f) = 60 Kreuzer (x) = 240 Pfennige (pf) = 480 Heller (h). Nach der Gründung des Deutschen Kaiserreichs 1871 wurde der bayerische Gulden durch die gesamtdeutsche, ursprünglich preußische Mark ersetzt.
Quelle: Reinhard Riepl: Wörterbuch zur Familien- und Heimatforschung in Bayern und Österreich. 3. Auflage. Waldkraiburg 2009, S. 470.
Euphemismus für Friedhof (nach Kohelet 12,5: "… denn der Mensch geht hin zu seinem ewigen Haus"). Auch „Haus der Lebendigen“ (nach Hiob 30, 23: "Denn ich weiß, Du wirst mich zum Tod gehen lassen, zum Haus, da alle Lebendige zusammenkommen").