(Hebr. Überlieferung): Im 12. Jahrhundert entstandene jüdische Mystik- und Geheimlehre, deren Grundströmungen bereits auf die Antike zurückgehen. Die Kabbala ist ebenso wie die Mosaischen Gesetze Teil der religiösen Tradition und wird als göttlichen Ursprungs erachtet. Die Kabbala beruht unter anderem auf der Macht der Zahlen und Buchstaben, weil in der Tora jedes hebräische Schriftzeichen mit einer Ziffer verbunden ist. Für Nichteingeweihte ist das Wesen der Kabbala kaum zu durchdringen und wird oft mit Magie gleichgesetzt, daher bedeutet das Adjektiv "kabbalistisch" auch "hintergründig, geheimnisvoll". Das wohl bekannteste Beispiel für die zugeschriebene Macht der Kabbala ist der "Golem", ein künstliches Wesen aus Erde oder Ton. Durch eine bestimmte Kombination aus den 22 Buchstaben des hebräischen Alphabets und den zehn Urziffern (hebr. Sephiroth) wird der Golem zum Leben erweckt. Die bekannteste Sage dieser Art stammt aus Prag, wo der Rabbiner Jehuda Löw im 16. Jahrhundert einen Golem erschaffen haben soll; die Sage wurde 1920 von Paul Wegener und Carl Boese verfilmt.
Quelle: Gershom Scholem: Zur Kabbala und ihrer Symbolik. 8. Aufl. Frankfurt a.M. 1995 (= Suhrkamp TB Wissenschaft 13). // Germanisches Nationalmuseum Nürnberg / Bernward Deneke u.a. (Hg.): Siehe der Stein schreit aus der Mauer. Geschichte und Kultur der Juden in Bayern. Nürnberg 1988, S. 512. // Historisches Museum der Pfalz / Cornelia Ewigleben (Hg.): AK Europas Juden im Mittelalter. Speyer 2005, S. 263.
(Aram. Heiligtum): Totengebet, das Gott preist. Es wird gewöhnlich von Trauernden - vor allem als Pflicht eines Sohnes für verstorbene Elternteile - nach der Bestattung und im Gedenken an Verstorbene am Jahrestag des Ablebens (Jahrzeit) rezitiert. In der deutschen Übersetzung: "Erhoben und geheiligt werde sein großer Name in der Welt, die Er nach seinem Willen erschaffen, und sein Reiche erstehe in euerem leben und in euern tagen und dem Leben des ganzen Hauses Israel schnell und in naher Zeit; sprechet Amen! / Sein großer Name sei gepriesen in Ewigkeit und Ewigkeit der Ewigkeiten! Gepriesen sei und gerühmt und verherrlicht und erhoben und erhöht und gefeiert und hocherhoben und gepriesen der Name des Heiligen, gelobt sei Er, hoch über jedem Lob und Gesang, Verherrlichung und Trostverheißung, die je in der Welt gesprochen wurde, sprechet Amen! / Fülle des Friedens und leben möge vom Himmel herab uns und ganz Israel zuteil werden; sprechet Amen! / Der Frieden stiftet in seinen Himmelshöhen, stiftet Frieden unter uns und ganz Israel; sprechet Amen! / Der Name des Ewigen sei gepriesen von jetzt an bis in Ewigkeit!
Quelle: Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation. 2. Aufl. München 1992 (= Bayerische Landeszentrale für politische Bildung A85), S. 366. // Christoph Daxelmüller, "Der gute Ort". Jüdische Friedhöfe in Bayern, Augsburg 2009 (Hefte zur Bayerischen Geschichte und Kultur 39), S. 68.
Die heute übliche geschichtswissenschaftliche Bezeichnung für den gewählten und rituell gekrönten Souverän des Heiligen Römischen Reiches von 962 bis 1806. Der Zusatz "römisch-deutsch" soll in erster Linie Verwechslungen mit dem antiken Rom und dem 1871 gegründeten Deutschen Kaiserreich vermeiden. In bewusster Anlehnung an das Imperium Romanum (Römisches Weltreich), dessen universelle Herrschaft die römisch-deutschen Kaiser zumindest formal beanspruchten, lautete der offizielle Herrschertitel bis zuletzt "Imperator Romanorum". Kaiser Maximilian I. (reg. 1508-1519) war der erste Herrscher des HRR, der sich zusätzlich "rex in Germania" nannte, was man mit "König der deutschen Lande" übersetzen kann. Aber erst an der Wende zum 19. Jahrhundert begann sich langsam ein modernes deutsches Nationalbewusstsein zu formen.
Der jüdische Kalender ist ein Mondkalender und hat im Schnitt 354 Tage, wobei regelmäßig Schalttage und Schaltjahre zur Anpassungen an den Gregorianischen Kalender (1582 eingeführt durch Papst Gregor XIII.) notwendig sind. Das jüdische Jahr hingegen ist seit dem 10. Jahrhundert unverändert und hat 10 Monate mit jeweils 29 oder 30 Tagen. Die Monate heißen: Tischri, Cheschwan, Kislew, Tewet, Schewat, Adar, Nissan, Ijar, Sivan, Tammus, Av und Elul. Das Jahr beginnt heutzutage immer im September/Oktober mit dem Monat Tischri, in dem das Neujahrsfest Rosch ha-Schana gefeiert. Der größte Unterschied zum vorherrschenden Gregorianischen Kalender ist der Beginn der Zeitrechnung: Während jener mit der Geburt Jesu einsetzt und im Sinne der christlichen Heilsgeschichte die "Jahre des Herrn" ab dem Jahr 0 aufzählt (lat. anno Domini), beginnt der jüdische Kalender bereits mit der biblischen Schöpfung der Welt 3761 früher. Um den jüdischen Kalender mit dem gregorianischen gleichzusetzen, muss daher die Zahl 3760 zum christlichen Jahr addiert werden. Während innerjüdische Schriftsachen und Mazewotin nur den jüdischen Kalender benutzen, stehen auf neueren Grabsteinen und in offiziellen, von der Obrigkeit sanktionierten Werken oft beide Zeitrechnungen nebeneinander.
Quelle: Historisches Museum der Pfalz / Cornelia Ewigleben (Hg.): AK Europas Juden im Mittelalter. Speyer 2005, S. 263. // Jüdisches Kulturmuseum Veitshöchheim.
Das "Wormser Privileg" Kaiser Heinrichs IV. (reg. 1056-1106) schrieb 1079 die Bindung aller Juden im Reich an die Kammer des Kaisers, also an das Fiskal- und Finanzwesen des Reiches juristisch verbindlich fest. Im Jahr 1236 werden Juden bei der erneuten Bestätigung des Privilegs erstmals als "Knechte unserer Kammer" (lat. servi camerae nostris) bezeichnet. Damit sollte der Schutz angesichts wachsender Bedorhung wirksamer gemacht werden. Erst später übernahm der Habsburger Rudolf III. (1273-1291) das seit Papst Innozenz III. gültige kirchliche Verständnis der Kammerknechtschaft als Sklaverei (sic). Die Juden im Reich verloren damit die im Wormser Privileg eingeräumten Rechte der Freizügigkeit und der Verfügung über ihr eigenes Vermögen. Siehe auch = Judenregal syn. Judenschutz.
Quelle: Alfred Haverkamp: „Kammerknechtschaft“ und „Bürgerstatus“ der Juden diesseits und jenseits der Alpen während des späten Mittelalters. In: Michael Brenner / Sabine Ullmann (Hg.): Die Juden in Schwaben. Sonderausgabe der Bayerischen Landeszentrale für Politische Bildungsarbeit. München 2013, S. 11-40.
(Hebr. tauglich): Jüdische Speise- und Reinheitsgesetze, der Ritualvorschrift entsprechend. Der Begriff wird insbesondere auf Speisen angewandt (nicht koscher, unrein = trefe). Zu den Speisevorschriften gehört vor allem die strikte Trennung von Fleisch und Milch sowie der Verzicht auf den Verzehr von Blut und unreiner Tiere. Reine Tiere (außer Fisch) müssen von einem Schochet geschächtet werden. Nur Fleisch von Wiederkäuern mit gespaltenen Hufen sind koscher, etwa Rinder, Ziegen oder Schafe. Schweine sind tabu, ebenso Raubvögel. Geflügel und Meerestiere mit Schuppen und Flossen sind jederzeit erlaubt. Auch bei der Herstellung von Stoffen und Garnen müssen bestimmte Forderungen erfüllt sein. In der Pessachwoche gelten besonders strenge Vorschriften, nichts im Haus darf durch Hefe oder Sauerteig unrein sein (z.B. Bier oder Semmelbrösel). Gerätschaften, die mit trefenen Lebensmitteln in Berührung gekommen sind, können durch Auskochen oder in der Mikwe unter streng geregelten Umständen wieder kultisch tauglich gemacht (gekaschert) werden. Bei professionellen Stofffabriken, sowie Lebensmittelherstellern wie Bäckereien, Konditoreien und Metzgereien überwacht ein Rabbiner die regelkonforme Produktion und beglaubigt diese mit seinem Siegel. Im Volksmund hat sich daraus der Spruch "Alles koscher" eingebürgert, im Sinne von "Alles in Ordnung".
Quelle: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1663. // Historisches Museum der Pfalz / Cornelia Ewigleben (Hg.): AK Europas Juden im Mittelalter. Speyer 2005, S. 264.
Der "Kartell-Convent" wurde am 8. August 1896 von den Verbindungen Sprevia Berlin, Freie Vereinigung Studierender Breslau, Badenia Heidelberg und Licaria München als Dachverband jüdischer Verbindungen mit dem Grundsatz der unbedingten Satisfaktion und freigestellter Mensur gegründet. Das Farbentragen war anfangs freigestellt, setzte sich jedoch bis zum Ende des Ersten Weltkriegs allgemein durch und wurde schließlich 1920 auch in der Satzung verankert. Die Mitglieder des K.C. verstanden sich, wie der Verbandsname zum Ausdruck bringt, als deutsche Patrioten jüdischen Glaubens, deren tiefe Loyalität zum Deutschen Kaiserreich außer Frage stand. Die Pflege couleur- und waffenstudentischer Traditionen war in diesem Verband deshalb von besonderer Bedeutung. Großen Wert legte der K.C. auf einen bildungs- und besitzbürgerlichen Hintergrund seiner Mitglieder und verband damit den Anspruch, eine deutschbewusste jüdische Elite zu repräsentieren. Aus diesem Geist heraus grenzte sich der K.C. besonders von den zionistischen Korporationsverbänden ab und blieb im Bezug auf die innerjüdischen Lagerbildungen neutral. Voraussetzung für die Mitgliedschaft war die Maturität, die Zugehörigkeit zur jüdischen Religion und zum Deutschtum. Das bedeutete, dass anders als bei den paritätischen Verbindungen keine getauften Juden und keine zugwanderten "Ostjuden" aufgenommen wurden. 1908 legte der K.C. seine Haltung zum Deutschtum wie folgt fest: "Die Verbindungen des K.C. stehen auf dem Boden deutsch-vaterländischer Gesinnung. Sie haben zum Zweck den Kampf gegen den Antisemitismus in der Studentenschaft und die Erziehung ihrer Mitglieder zu selbstbewussten Juden, die im Bewusstsein, dass die deutschen Juden einen durch Geschichte, Kultur- und Rechtsgemeinschaft mit dem deutschen Vaterlande unauflöslich verbundenen Volksteil bilden, jederzeit bereit und im Stande sind, für die politische und gesellschaftliche Gleichberechtigung der Juden einzutreten". Nach dem Ersten Weltkrieg bekannte sich der K.C. uneingeschränkt zur neuen Republik und zur demokratischen Staatsform. Er war in den 1920er Jahren der mitgliederstärkste jüdische Korporationsverband. Er umfasste zum Zeitpunkt seiner Zerschlagung durch die Nationalsozialisten 1933 2.100 Mitglieder in 13 Verbindungen. Nach der NS-Machtübernahme verboten die Nationalsozialisten alle jüdischen Korporationen, daher musste sich der K.C. auflösen. Im Londoner Exil existierte der Altherrenverband (Alumni) noch einige Jahre weiter. Bedeutende Mitglieder des K.C. in Bayern waren u.a. der "Centralvereins"-Vorsitzende Ludwig Holländer (1876-1936, Licaria München) sowie der Chemiker und Physiker Leo Löwenstein (1879-1956, Licaria München).
Quelle: Matthias Stickler: Jüdische Studentenverbindungen. Anmerkungen zu einem zu wenig beachteten Thema der Universitäts- und Studentengeschichte. In: Einst und Jetzt 61 (2016?, S. 11-56.
(hebr. Gemeinschaft): Gesamtheit einer lebendigen jüdischen Kultus-Gemeinde mit einem Minjan und allen entsprechenden Einrichtungen.
Quelle: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1662.
(Hebr. Heilige Gefäße): Die Gesamtheit der 5 Schmuckstücke der Tora, bestehend aus Torakrone, Toraschild, Toramantel, Torawimpel und Rimmonim. Im Kultgerät lassen sich kulturelle Verflechtungen nachverfolgen: Während die Funktion immer gleich bleibt, wechseln Form und Gestaltung je nach Zeit und Ort.
Quelle: Bernward Deneke: Jüdisches Zeremonialgerät in Bayern. In: Haus der Bayerischen Geschichte / Manfred Treml / Josef Kirmaier / Evamaria Brockhoff (Hg.): Geschichte und Kultur der Juden in Bayern – Aufsätze. München 1988 (= Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 17), S. 51-67.
(Hebr. Es ist geschrieben, pl. Ketubbot): Formeller jüdischer Ehevertrag, in aramäischer Sprache verfasst, von zwei Zeugen bestätigt und oft reich verziert. Er regelt die Vermögensverhältnisse des Brautpaars.
Quelle: Historisches Museum der Pfalz / Cornelia Ewigleben (Hg.): AK Europas Juden im Mittelalter. Speyer 2005, S. 263. // Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation. 2. Aufl. München 1992 (= Bayerische Landeszentrale für politische Bildung A85), S. 366.
Die vorgeschriebene Leichenbestattung im Judentum. Der Verstorbene wird nach der Totenwache, bei der immer wenigstens eine Person präsent sein muss, von der Chevra Kaddischa im Taharahaus rituell gereinigt und in weiße Gewänder gehüllt. Männliche Verstorbene tragen ihren Gebetsmantel (Tallit). Die Beerdigung findet in der Regel am Folgetag (außer am Schabbat und an jüdischen Festtagen) statt. Laut deutscher Gesetzgebung ist zwar die Bestattung frühestens 48 Stunden nach Eintritt des Todes zulässig, jedoch kann die Gemeinde auf Antrag eine frühere Bestattung zulassen, wenn ein berechtigtes Interesse des Antragstellers oder seiner Angehörigen daran besteht. Es bedarf keiner „Einladung“ zum Begräbnis – es ist eine Gute Tat (Mitzwa), daran teilzunehmen. Unbeschadet dessen kann jedoch eine Traueranzeige in Zeitschriften aufgegeben werden. Der Rabbiner hält eine Trauer- bzw. Gedächtnisrede (Hesped). Vor dem Verlassen des Friedhofs reinigen sich die Trauernden rituell im Taharahaus. Unmittelbar nach der Beerdigung beginnt eine siebentägige Trauerwoche (Schiwa). Der Friedhof soll am siebten Tag nach der Beerdigung, am dreißigsten Tag nach der Beerdigung und ein Jahr nach der Beerdigung (Jahrzeit) besucht werden, außerdem nach Bedarf während der Vorbereitungsarbeiten für den Grabstein. Am Schabbat und jüdischen Feiertagen erfolgt kein Friedhofsbesuch. Erst ein Jahr nach der Beerdigung wird ein Grabstein (Mazzewa) gesetzt, und am jährlichen Todestag wird den Verstorbenen besonders gedacht. Generell gibt es keine begrenzte Liegezeit auf einem jüdischen Friedhof. Auch bei späteren Besuchen eines jüdischen Grabs werden keine Blumen gebracht, sondern kleine Steine mit der linken („unreinen“) Hand auf der Grabplatte oder dem Grabstein abgelegt.
Quelle: Klaus Dirschauer: Das jüdische Begräbnis und die Rituale seiner Trauer. In: Mit Worten begraben: Traueransprachen entwerfen und gestalten. Bremen 2012, S. 91–99.
(hebr. Kommune, Pl. Kibbuzim): Landwirtschaftliche Siedlungsform in Israel auf genossenschaftlicher Basis, die sich früher durch den Verzicht auf Privateigentum, gemeinsame Mahlzeiten und kollektive Kindererziehung auszeichnete. In Deutschland wurde in den 1930er-Jahren und erneut nach Ende der NS-Zeit eine Reihe von Kibbuzim gegründet, in denen sich junge Jüdinnen und Juden auf die Emigration nach Palästina vorbereiteten.
Quelle: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1662.
(Hebr. Segensspruch): Segensgebet über einen Becher Wein. Mit dieser Handlung werden der Sabbat und die jüdischen Feiertage eingeleitet. Der dabei verwendete Kiddusch-Becher ist oft eine hochwertig gearbeitete Ritualie.
Quelle: Germanisches Nationalmuseum Nürnberg / Bernward Deneke u.a. (Hg.): AK Siehe der Stein schreit aus der Mauer. Geschichte und Kultur der Juden in Bayern. Nürnberg 1988, S. 512. // Miriam Magall: Kleine Geschichte der jüdischen Kunst. Köln 1984, S. 278.
(Pl. Kippot): Kleines rundes Scheitelkäppchen, mit dem ein frommer Jude in Demut vor Gott zu jeder Tageszeit sein Haupt bedeckt.
Quelle: Miriam Magall: Kleine Geschichte der jüdischen Kunst. Köln 1984, S. 278.
Moderne geschichtswissenschaftliche Bezeichnung für gewählte Herrscher des Heiligen Römischen Reiches, wenn sie noch nicht durch die Salbung des Papstes zum Kaiser gekrönt wurden, oder diese Zeremonie aus anderen Gründen gar nicht wahrnehmen konnten (eigentlich nur Römischer König = lat. rex Romanorum). Der Titel blieb zwar bis zum Ende des Reiches 1806 erhalten, wurde aber mit zunehmender Regelmäßigkeit dem designierten Nachfolger des Kaisers verliehen (ähnlich dem Titel einer/s "Prinzen/Prinzessin von Wales" in Großbritannien).
(Pl. Kohanim): Priester, Angehöriger der Priesterkaste, die den Dienst im Heiligtum versehen musste. Nachfahren der Kohanim genießen gesellschaftliche und religiöse Vorrechte, unterliegen im Alltag jedoch auch strengeren Einschränkungen. Der "Titel" wird vom Vater auf den Sohn weitergegeben, ist heute in den meisten Fällen aber auch ein Familienname.
Quelle: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1663. // Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation. 2. Aufl. München 1992 (= Bayerische Landeszentrale für politische Bildung A85), S. 366.
Jüdische Staatsbürger aus ehemaligen Mitgliedsländern des Warschauer Paktes in Mittel- und (Süd-)Osteuropa, die in den frühen 1990er Jahren von der Bundesrepublik Deutschland ohne Asylauftrag aufgenommen wurden und eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erhielten. „Wir treten dafür ein, verfolgten Juden in der DDR Asyl zu gewähren“, hieß es in einem Beschluss der letzten Volkskammer der DDR im Jahr 1990. In der vereinten Bundesrepublik wurde diese Regelung 1991 bestätigt und anschließend umgesetzt. Seitdem sind etwa 220.000 Jüdinnen und Juden sowie Menschen mit jüdischen Vorfahren aus der ehemaligen Sowjetunion als "Kontingentflüchtlinge" eingewandert. Der Name leitet sich von der staatlich festgelegten Zahl der Flüchtlinge ab (Kontingent). Ihre Anwesenheit trug maßgeblich dazu bei, dass neue jüdische Gemeinden gegründet wurden. Osteuropäische Aschkenasim belebten auch in Bayern die zahlenmäßig ausgedünnten Israelitischen Kultusgemeinden und prägen sie heute sowohl kulturell, wie auch in der religiösen Praxis.
Quelle: https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/glossar-migration-integration/270603/kontingentfluechtling/