Stichwörter: (KC) Kartell-Convent, K.C., Kartell-Convent, Kartell-Konvent, Kartellconvent, Kartellkonvent, Kartellkonvent (KC), KC, KC (Kartell-Convent)
Der "Kartell-Convent" wurde am 8. August 1896 von den Verbindungen Sprevia Berlin, Freie Vereinigung Studierender Breslau, Badenia Heidelberg und Licaria München als Dachverband jüdischer Verbindungen mit dem Grundsatz der unbedingten Satisfaktion und freigestellter Mensur gegründet. Das Farbentragen war anfangs freigestellt, setzte sich jedoch bis zum Ende des Ersten Weltkriegs allgemein durch und wurde schließlich 1920 auch in der Satzung verankert. Die Mitglieder des K.C. verstanden sich, wie der Verbandsname zum Ausdruck bringt, als deutsche Patrioten jüdischen Glaubens, deren tiefe Loyalität zum Deutschen Kaiserreich außer Frage stand. Die Pflege couleur- und waffenstudentischer Traditionen war in diesem Verband deshalb von besonderer Bedeutung. Großen Wert legte der K.C. auf einen bildungs- und besitzbürgerlichen Hintergrund seiner Mitglieder und verband damit den Anspruch, eine deutschbewusste jüdische Elite zu repräsentieren. Aus diesem Geist heraus grenzte sich der K.C. besonders von den zionistischen Korporationsverbänden ab und blieb im Bezug auf die innerjüdischen Lagerbildungen neutral. Voraussetzung für die Mitgliedschaft war die Maturität, die Zugehörigkeit zur jüdischen Religion und zum Deutschtum. Das bedeutete, dass anders als bei den paritätischen Verbindungen keine getauften Juden und keine zugwanderten "Ostjuden" aufgenommen wurden. 1908 legte der K.C. seine Haltung zum Deutschtum wie folgt fest: "Die Verbindungen des K.C. stehen auf dem Boden deutsch-vaterländischer Gesinnung. Sie haben zum Zweck den Kampf gegen den Antisemitismus in der Studentenschaft und die Erziehung ihrer Mitglieder zu selbstbewussten Juden, die im Bewusstsein, dass die deutschen Juden einen durch Geschichte, Kultur- und Rechtsgemeinschaft mit dem deutschen Vaterlande unauflöslich verbundenen Volksteil bilden, jederzeit bereit und im Stande sind, für die politische und gesellschaftliche Gleichberechtigung der Juden einzutreten". Nach dem Ersten Weltkrieg bekannte sich der K.C. uneingeschränkt zur neuen Republik und zur demokratischen Staatsform. Er war in den 1920er Jahren der mitgliederstärkste jüdische Korporationsverband. Er umfasste zum Zeitpunkt seiner Zerschlagung durch die Nationalsozialisten 1933 2.100 Mitglieder in 13 Verbindungen. Nach der NS-Machtübernahme verboten die Nationalsozialisten alle jüdischen Korporationen, daher musste sich der K.C. auflösen. Im Londoner Exil existierte der Altherrenverband (Alumni) noch einige Jahre weiter. Bedeutende Mitglieder des K.C. in Bayern waren u.a. der "Centralvereins"-Vorsitzende Ludwig Holländer (1876-1936, Licaria München) sowie der Chemiker und Physiker Leo Löwenstein (1879-1956, Licaria München).
Quelle: Matthias Stickler: Jüdische Studentenverbindungen. Anmerkungen zu einem zu wenig beachteten Thema der Universitäts- und Studentengeschichte. In: Einst und Jetzt 61 (2016?, S. 11-56.
Aus: Jüdisches Leben in Bayern
(hdbg.eu/juedisches_leben)