Kaiser Ludwig IV. der Bayer führt als zusätzliche Sondersteuer den jährlichen "Goldenen Opferpfennig" ein, der von allen Juden im Reich erhoben wird. München, 03. Februar 1342. In: Monumenta Germaniae Historica (MGH) Const. 7,2, Nr. 986, S. 210.
Vorbemerkung
Wohl im Jahr 1281 wurde in der Burg zu München ein Herzogssohn namens Ludwig geboren. Später stieg dieser Wittelsbacher als "Ludovicus Bavarus", Ludwig IV. der Bayer (reg. 1314-1347), zum römisch-deutschen König und Kaiser auf. Er bewahrte sich zeitlebens eine Vorliebe für seinen Geburtsort, ließ die Hofhaltung ausbauen und dort die Reichsinsignien aufbewahren. München wurde erstmals ein wichtiger kultureller wie diplomatischer Knotenpunkt.
Im Jahr 1342 führte Kaiser Ludwig den sogenannten Goldenen Opferpfennig ein, eine Sonderabgabe für die jüdische Bevölkerung im Sinne einer Reichssteuer: Von jedem Juden über dem Alter von 12 Jahren (mündig im Sinne des Religionsgesetzes), sowie jeder jüdischen Witwe wurde jährlich ein goldener Gulden erhoben, sofern sie ein Vermögen von wenigstens 20 Gulden besaßen. Im Gegenzug verpflichtet sich der Kaiser dazu, die Juden umso besser zu schützen.
Eine Abschrift aus dem Archiv der Reichsstadt Rothenburg ob der Tauber tradiert diese älteste datierte Erhebung des Goldenen Opferpfennigs im Reich; es ist kein Original bekannt. Nach Überprüfung weiterer Abschriften im Kopialbuch kann sie als vertrauenswürdig angesehen werden. Die Kopfsteuer blieb bis zur Auflösung des Heiligen Römischen Reiches 1806 in Kraft.
Der Aufbau entspricht dem idealtypischen Muster mittelalterlicher Königsurkunden. 1. Protokoll: Einer Intitulatio (Name und Titel des Ausstellers) folgt die Inscriptio (Nennung des Empfänger). 2. Kontext: Die Narratio beschreibt den konkreten Umstand, der zur Abfassung der Urkunde führte. Anschließend kommt die Dispositio, der eigentliche Rechtsinhalt der Urkunde. Den Schluß machen Sanctio (Strafandrohung) und Corroboratio (Beglaubigung, Siegelbefehl). 3. Eschatokoll: Eine Datierung nennt Zeit und Ort des Rechtsgeschäfts und der Ausstellung der Urkunde.
Quellentext
Wir Luodwig von gottes gnaden Römischer kayßer, zuo allen zeiten merer deß reichs, thuon kuondt allen fuorsten, herren, gravoen, freyen und dienstleüthen, rittern, knechten, schuoltheißen, vogten, und allen amptleuoten, stätten und märrkten, die uber in dem reich geseßen sindt und geleben, dz wir mit guotem rath uberein kommen sein mit aller júdenschaftt in dem reich, dz uns ieder júd und júedin, die wittben sein und die 12 ihar alt sint und 20 fl werth haben, ieglicher und iegliche alle iar einen guolden geben soll zuo zinß von irem leib, und dz die dem reich zuo state kommen an seiner cost, und dz wir sie dest baß beschirmen mögen.
Wir Ludwig von Gottes Gnaden Römischer Kaiser, zu allen Zeiten Mehrer des Reiches, tun Kund allen Fürsten, Herren, Grafen, Freien und Dienstleuten, Rittern, Knechten [hier: ritterbürtige Reiterkrieger], Schultheißen, Vögten, und allen Amtleuten, Städten und Märkten, die im Reiche ansässig sind und leben: Dass wir im gutem Rat mit der Reichsjudenschaft übereingekommen sind, dass uns jeder Jude und jede verwitwete Jüdin, die [mindestens] zwölf Jahre alt sind und ein Vermögen von 20 Gulden besitzen, jeglicher und jegliche alle Jahre einen Gulden geben sollen zum Zins für ihren Leib, und dass die[se] dem Reich zustattenkommen, und dass Wir sie desto besser beschützen wollen.
Darúmb wollen und gebieten wir euoch allen vestiglich bey unßern und des reichs huolden, wo unsere botten mit den urkúnden zuo euoch kömen, und was sie euoch von den sachen sagen, dz glaúbt in und in thúnlich darzú verholfen seit von unsert wegen, dz daß also vollendet werde. Thetn ihr daß nit, was schaden wir und daß reich sein dan nemmen, daß muosten wir hinh eúch gewarten. Und wolten euoch auoch nit gönnen, dz ir fuorbaß iuoden in euoer gewalt hieltent. Darúmb haltent eúch in diesen sachen, dz wir und dz reich | allzeit dannken solln.
Darum wollen und gebieten wir Euch allen energisch, bei Unserer und des Reiches Huld, wenn unsere Boten mit den Urkunden zu euch kommen, und was sie Euch von diesen Dingen berichten, dass glaubt ihnen und unterstützt sie Unseretwegen tunlich darin, dass es auch so vollzogen wird. Tätet Ihr das nicht, dann müssten Wir Euch für den Schaden verantwortlich machen, den Wir und das Reich daran nehmen; und wollten Euch auch nicht gönnen, dass Ihr fortan Juden in Eurer Gewalt [= Schutz] haltet. Darum haltet Euch an diese Dinge, dass Wir und das Reich allezeit danken sollen.
Geben zuo Muonchen am sontag nach unßer frauoen zuo Liechtmes, in dem 28. iar unßers reichs, und in dem 15. des keyßerthuombs.
Gegeben zu München am Sonntag nach Mariae Lichtmess (03. Februar [1342]), in dem 28. Jahr unserer Regierung, und im 15. Jahr des Kaisertums.
(Vorbemerkung und Edition von Patrick Charell)