Pentateuch aus dem Besitz der Familie Ulmo-Günzburg aus Schwaben. Aschkenasische Quadratschrift und Halbkursive auf Pergament, kolorierte Federzeichnungen, Ledereinband. Schreiber und Illustrator: Isaak ben Elija Chasan, Brüssel 1309. Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky, Cod. Levy 19.
Vorbemerkung
Seit dem 13. Jahrhundert entwickelte sich im west- und mitteleuropäischen (aschkenasischen) Judentum unter dem Eindruck der klösterlichen Skriptorien eine eigene jüdische Buchmalerei. Diese prachtvoll illustrierte Handschrift enthält den hebräischen Text der Tora (fünf Bücher Mose) und weitere Schriften der Bibel, mit einer kommentierten aramäischen Übersetzung des bekanntesten jüdischen Bibelexegeten des Mittelalters, Salomon bar Isaak genannt Raschi (1040-1105). Eine derart aufwendige Handschrift war nicht für den liturgischen Gebrauch in einer Synagoge bestimmt, sondern für die private Andacht im familiären Kreis.
Darstellungen von Fabelwesen wie Drachen und Zentauren waren in aschkenasischen Handschriften dieser Zeit weit verbreitet. Über die Frage, ob Menschen abgebildet werden durften, gab es unterschiedliche Auffassungen. So wurden menschliche Gesichter manchmal als Vogelköpfe dargestellt oder anderweitig verfremdet. Der Schreiber (hebr. Sofer) und Illustrator Isaak ben Elija Chasan aus "Ochsenfurt", womit aber wohl Oxford in England gemeint ist, hat sich aber im Pentateuch sogar selbst in einer Buchmalerei verewigt (Blatt 625r).
Seit dem 16. Jahrhundert befand sich die Bibelhandschrift im Besitz der Familie Ulmo-Günzburg, die eine von jüdischen Gelehrten aus aller Welt bewunderte und besuchte Bibliothek besaßen. Die Familie stammte ursprünglich nach Ulm und ließ sich nach ihrer Vertreibung 1499 in Günzburg nieder. Angehörige der weit verzweigten Familie lebten auch in Augsburg-Pfersee.
Unter den zahlreichen Besitzervermerken und persönlichen Notizen hat sich auch ein Eintrag von Moses Mendelsohn (1729-1786) erhalten, der die Handschrift für eine Pentateuch-Übersetzung nach Berlin ausleihen durfte und sich dafür bedankt (Blatt 1r). Zu diesem Zeitpunkt war das Manuskript möglicherweise schon im besitz des Bankiers Heyman Baruch Levy (1739-1812) aus Norddeutschland. Seine bedeutende Hebraica-Sammlung, darunter die vorliegende Handschrift, wurde 1906 von der Stadtbibliothek Hamburg erworben
Quellentext
Wiedergabe nach Public Domain Mark 1.0 Universal.
(Vorbemerkung nach Souzana Hazan, in: Maximilian Museum Augsburg / Heidrun Lange-Krach (Hg.): AK Stiften gehen! Wie man aus Not eine Tugend macht. Regensburg 2021, Kat. 3 S. 204)