Bischöflicher Schutz- und Geleitbrief (Salva Guardia) für den jüdischen Arzt Heilman, 24. Mai 1456. Abschrift aus einem Kopialbuch, 15. Jahrhundert. Staatsarchiv Würzburg, Liber diversarum formarum 12, S. 648.
Vorbemerkung
Der Würzburger Fürstbischof Johann III. von Grumbach (reg. 1455-1466) entstammte einem reichsfreien Adelsgeschlecht, das in der Geschichte Frankens eine bedeutende Rolle spielte. Im Gegensatz zu seinen letzten beiden Vorgängern und dem direkten Nachfolger Rudolf II. von Scherenberg (reg. 1466-1495) verfolgte Bischof Johann III. eine gemäßigte, wenn nicht sogar tolerante Politik gegenüber den Schutzjuden des Hochstifts.
Es ist zwar ein problematisches Klischee, dass im Mittelalter vor allem Juden gefragte Ärzte gewesen seien. Allerdings waren sie weitaus weniger von den magisch-okkulten Bräuchen der Volksfrömmigkeit beeinflusst als ihre christlichen Nachbarn, und sie hatten damals noch einen einfacheren Zugang zu den überlegenen medizinischen Bildungsstätten der muslimischen Welt. Die strengen religiösen Hygienegesetze (Kaschrut) verschafften jüdischen Ärzten zusätzliche Vorteile gegenüber ihren christlichen Kollegen.
Möglicherweise wurde wie so oft der Beruf und die Religionszugehörigkeit zusammengezogen, der "jüdische Arzt" wurde dadurch mit abfälligem Unterton zum "Judenarzt". Es könnte allerdings auch sein, dass Heilmann der offizielle Amtsarzt der Würzburger Landjudenschaft war. Dafür spricht, dass Johann III. die notwendigen Reisen des Arztes innerhalb des Hochstifts ausdrücklich betonte, und die offensichtliche Achtung, die Heilmann beim mächtigen Fürstbischof genoss. Jedenfalls war der "Verspruch Brive" kein Schutzbrief im eigentlichen Sinne, denn diese enthielten immer die jährliche Schutzgeldsumme sowie den festgelegten Wohnsitz. Vielmehr handelte es sich um einen "Salva Guardia", einen umfassenden Geleitbrief des Landesherren, der weitreichende Unterstützung gewährleistete.
Quellentext
Ein verspruch brive. Heilmann Judenartzt.
Wir Johannes von gotes gnaden Bischoff zu Wirtzpürg und Hertzoge zu Franckenn lassen wissen allermenniglich fur welche dieser unser brieff kompt Das wir disen geinwertigen Heilman Judenarzt In unsernn verspruch Schutz und Schirm genomen und entpfangen haben bis uff unnser widerruffung also das er mit sampt seiner habe allenthalben In unserm Stiefft und gebiete nach seiner notturfft wider und fure wandern moge und neme In darein In crafft ditzs brieffs ongeuerde.
Ein Verspruch-Brief für den Judenarzt Heilmann.
Wir Johannes von Gottes Gnaden Bischof zu Würzburg und Herzog zu Franken lassen allen Leuten, welchen dieser Unser Brief vorkommt, wissen dass wir diesen gegenwärtigen Judenarzt Heilmann in unseren Versprechen, Schutz und Schirm genommen und empfangen haben bis auf Unseren Widerruf in der Art, dass er mitsamt seiner Habe allenthalben in unserem Stift und [Hoheits-]Gebiet wie es ihm notwendig ist für und wider wandern möge und niemand ihn darin Kraft dieses Briefes angehe.
Hirumb so biten wir alle und igliche die umb unsern willen thun und lassen wollen und begeren von den Unsern ernstlichst das Ir Im von Unseren wegen gunst furdernus und guten willen beweysen und ob sich ymants understünde yn zu beleydigen oder zu beschedigen des nicht gestatten Sundern nach ewern vermogen dofur sein wollet. Das wollen Wir auch einem Iglichen nach seinem statte Ime beschulden und in allem gut Erkenne. So tun uns die Unsern doran zu sündern dancke.
Darum so bitten wir alle und jegliche, die um Unseren Willen tun und lassen, wollen und begehren von den Unseren sehr ernstlich, dass ihr ihm Unseretwegen Gunst, Förderung und guten Willen beweist und ob sich niemand unterstünde, ihn zu beleidigen oder zu beschädigen, dieses nicht zu gestatten, sondern nach euerem Vermögen davor sein wollt. Das wollen Wir auch einem jeglichen nach seiner Stellung auferlegen und ganz deutlich machen. So tun Uns die Unseren daran für den Dank der Sünder [für das Seelenheil der Verstorbenen].
Zu urkunde ist Unser Insigel zu rucke auf diesen brief gedruckt. Den geben ist am Montag nach Trinitatis Anno dom. 56.
Zur Beurkundung ist Unser Siegel auf der Rückseite dieses Briefes eingedrückt, der gegeben ist am Montag nach Trinitatis [24. Mai] im Jahre des Herrn [14]56.
(Transkription aus: Ludwig Heffner: Die Juden in Franken. Ein unpartheiischer Beitrag zur Sitten- und Rechtsgeschichte Frankens. Nürnberg 1855, S. 46 Anlage G | Edition von Patrick Charell)