Jüdisches Leben
in Bayern

1290: Jüdisches Badehaus in Augsburg

Die Augsburger Juden erhalten durch den Stadtrat die Genehmigung zum Bau eines eigenen Badehauses am Alten Spital, 05. Dezember 1290. Stadtarchiv Augsburg, 00471/AUS/1290 Dezember 5.


Vorbemerkung

Mittelalterliche Badehäuser dienten der allgemeinen Körperpflege und als sozialer Treffpunkt. Sie wurden von Badern betrieben, die vor Ort auch kleinere medizinische Eingriffe vornahmen und zusätzlich am Getränke- oder Speisenkonsum der Badegäste verdienten. Zuweilen waren Badehäuser auch ein Ort für Prostitution, obwohl dies strenge "Badordnungen" eigentlich verhindern sollten. Der Begriff "Bader" hat sich bis in das 20. Jahrhundert als Berufsbezeichnung für nicht akkreditierte Mediziner gehalten.

Die hochmittelalterliche jüdische Gemeinde von Augsburg hatte ihr Zentrum zwischen den zwei politischen Polen Bischofsstadt (Dom) und Bürgerstadt (Rathaus), zwischen "Judengasse" (heute Karlstraße), Obstmarkt, Kesselmarkt und Karolinenstraße. Im Jahr 1290 erhielt sie die Erlaubnis des Stadtrats, nahebei ein eigenes Badehaus am "Bachhaus des Spitals" zu errichten. Es handelte sich hier nicht, wie oft fälschlich angenommen, um das spätere Heilig-Geist-Spital am Roten Tor, sondern wohl um das heute als Domkapitelhof bekannte Ensemble in der Augsburger Lechvorstadt (Hinter der Metzg 12). Anscheinend hatten die Augsburger Bader im Vornherein gegen das geplante jüdische Badehaus protestiert, da sie um ihre Einnahmen fürchteten. Der Stadtrat fügte seiner Bauerlaubnis daher einen Passus hinzu, der es dem jüdischen Bader bei Androhung empfindlicher Geldstrafen verbot Christen zu bedienen, sofern diese nicht in Diensten eines Augsburger Juden stünden.

Quellentext

Im Namen des Herrn. Amen.

Wir, die Ratsherren der Stadt Augsburg, tun kund all denen, die diese Urkunde lesen, hören oder sehen, weil uns die Juden der Stadt Augsburg lange eindringlich baten, dass wir ihnen erlauben, ein Badehaus zu errichten, in dem sie, ihre Kinder und ihr Gesinde baden, wann es ihnen passt, damit sie uns in unseren Bädern nicht stören und keine Gemeinschaft dort mit uns haben. Darüber sind wir zusammengesessen mit guter Überlegung und sind übereingekommen mit dem Großen Rat, mit dem Kleinen Rat und mit der ganzen Gemeinde der Stadt, dass wir ihnen entschlossen und bereitwillig erlauben, ein Badhaus zu errichten, zwischen des Härpheres Haus und dem Bachhaus des Spitals mit der Bestimmung, dass sie, ihre Kinder und ihr Gesinde, die ihr Brot essen, Juden und Christen, und auch Juden aus fremden Ländern und Städten, dort baden können und sollen, wann es ihnen passt, und der Wirt, der dann der Pfleger des Badehauses ist, soll zu keiner Zeit einen Christen baden, der nicht ihr Gesinde ist, Bürger oder Fremder oder freier Mann, und bräche er die Vorschrift, dass er keinen Christen bade, er wäre Bürger, Gast, Hausherr oder freier Mann, bringt man das gegen ihn vor, weil es Recht ist. So ist er dem Vogt und der Stadt als Geldstrafe schuldig fünf Schillinge Augsburger Pfennige, sooft er die Vorschrift bricht; das ist die Geldstrafe für den Vogt und die Stadt. Dass ihnen das Recht bestätigt und unverletzt bleibt, darum haben wir den Badern der Stadt diese Urkunde gesiegelt und bekräftigt mit dem Siegel der Stadt Augsburg, das daran hängt. Außerdem haben wir sie in das Stadtbuch schreiben lassen, dass man sie dort findet, wenn man sie benötigt.

Als dies geschah, waren es seit Christi Geburt zwölfhundert Jahre in dem neunzigsten Jahr am Abend des heiligen Nikolaus [05. Dezember 1290].

(Vorbemerkung und Edition von Pater Augustin Renner OSB)