Judenordnung der Reichsstadt Weißenburg, 25. Juli 1312. Aus: Regesten zur Geschichte der Juden in Deutschland während des Mittelalters. Hg. v. Meir Wiener. Hannover 1862, S. 112 Nr. 58.
Vorbemerkung
Bereits im Jahr 1288 hatte die Reichsstadt Weißenburg eine erste Anfrage an den Nürnberger Rat gestellt und um die Übermittlung des Nürnberger Judenpfandrechts gebeten, das man als Vorbild für eine eigene Ordnung verwenden wollte. Eine weitere, heute erhaltene "Judenordnung" in deutscher Sprache stammt aus dem Jahr 1312. Sie regelt in groben Zügen den jüdischen Geldhandel und enthält die offizielle Eidformel der Stadt Weißenburg, mit der Juden vor Gericht vor Gericht ihre Aussage legitimieren sollten.
Die Eidformel orientiert sich am Schwabenspiegel um 1270, ist aber im Vergleich stark gekürzt und verzichtet auf zusätzliche Demütigungen. Die Anwesenheit jüdischer Geschäftsleute in Weißenburg war ein Indikator für die Prosperität der aufstrebenden Stadt, die sich auch in der Verleihung wichtiger Privilegien und dem Bau der repräsentativen Pfarrkirche St. Andreas 1290-1327 äußerte.
Quellentext
Heinrich von Salhach [heute Burgsalach, Lkr. Weißenburg-Gunzenhausen], Am[t]mann zu Weizzenburg, die Ratgeben [Ratsmitglieder] und die Gemain der Burger bestätigen den Juden in der Stadt gesessen, die Rechte mit denen sie gefrait sind, nämlich:
Leiht ein Jude einem Christen auf ein Pfand und sie kämen darüber in Streit, so mag der Jude behaben auf seinem Pfande, um was es ihm steht, darf aber den Christen nicht zur Lösung zwingen, ausser wenn dieser sie ihm gelobt hat; leihet der Jude einem Christen blos auf Bürgen, so soll er zu solchen nehmen einen der Benannten von der Stadt und einen ehrbaren eingesessenen Juden und diesen zweien soll man glauben, falls die Sache streitig würde;
Es soll kein Jude leihen auf nasses Gewand noch auf blutiges [d. h. Kleidung von Gewaltopfern] noch auf Kelche, Messgewand oder zur Kirche gehörige Kleinode, widrigenfalls es behandelt wird wie raubiges oder diebiges Gut;
Man soll keinen Juden nöthen [zwingen], dass er schwöre an seinem Feiertage oder an einem gebundenen Tage; wenn ein Jude einen Eid thun soll, so soll er ihn schwören in seiner Schule auf Herrn Mosis Buch [die Bücher Mose im Alten Testament] und soll ein anderer ehrbarer Jude gefragt werden, ob es das rechte Buch sei, darauf soll er seine Hand legen in das Buch und den Eid also sagen: Als mich der Mann oder die Frau angesprochen hat um das Pfand oder um die Pfennige, dass ich ihm oder ihr der nicht [entschulde], oder dass ich unschuldig bin in der Inzicht [hier: Vergehen] als man mich schuldigt oder mich angesprochen hat, als helfe mir Adonay und die E‘ [Ehe, hier: der Bund ]die Gott gab Mosi auf dem Berg ze Sinai.
(Vorbemerkung von Patrick Charell)