Jüdisches Leben
in Bayern

1361: Judeneid aus Landshut

"Der stat Landshut ain alt buech mit freyheiten, Statrechten, satze und andern eingeschriben gescheften", niedergeschrieben von Stadtschreiber Otto Ploedel, Landshut 1361. Stadtarchiv Landshut 11/1361, fol. 67r.


Vorbemerkung

Der Landshuter Stadtschreiber Otto Ploedel stellte in seinem Rechts- und Privilegienbuch der offiziellen städtischen Schwurformel für jüdische Prozessanten einen antijüdischen, beleidigenden Kommentar voran. Doch die anschließende Prozessordnung sowie die Eidformel selbst entsprechen der Vorgabe des Schwabenspiegels um 1270; Juden mussten aber nicht auf einer Schweinehaut stehen oder andere Demütigungen ertragen. Die laut ausgesprochene Bestätigung, dass Juden die Bücher Mose im Alten Testament der Bibel als heilige und für sie gültige, also "rechte" Eidgrundlage anerkannten, war für die Akzeptanz und juristische Gültigkeit ihres Schwurs unerlässlich. Auch in späteren Weisungen, etwa den Privilegien des römisch-deutschen Königs Sigismund (reg. 1411-1437), wird eine ähnliche Eidformel vorgeschrieben.

Quellentext

Wenn ein Jude als gar zum Schweinepriester wird [sic!], indem er wegen einer Eigentumssache ["umb den rebig"] einen Eid schwören will oder dass er einen Strafzins verlangen will oder um eine solcherlei Sache vor das Gericht kommt, und deshalb schwören soll, das soll man ihm nicht glauben; wenn er dann darüber die Zähne fletscht ["zannet"] und grässlich das Gesicht verzieht ["schautzenlichen siecht"], soll er dann den Eid schwören wie es hernach geschrieben steht.

Wir der Rat und die Bürgerschaft der Stadt zu Landshut bekennen, dass wir erfahren haben in unseren alten Rechten, die wir je gehabt haben von unseren lieben Herren von Bayern, wenn es vorkommt, dass ein Christ mit einem Juden in Rechtsstreit gerät, soll dieser vor Juden und Christen ausgetragen werden, und wenn es das Recht nötig macht, dass sie aussagen sollen, dann soll der Christ nach der alten Gewohnheit aussagen, wie es das Gericht [schrann] vorsieht, und soll dann sein Gewissen auf den Eid legen, der im vorgegeben wird.

Danach soll der Richter zu dem Juden sprechen: "Jude, ich spreche zu dir bei deinen Geboten und bei dem Eid, den du schwören wirst wie du ihn nun hörest, was dir von der Sache Kunde und Gewissen sei".

Und soll man auch dem Juden den Eid vorsprechen und anschließend vor dem Gericht Wort für Wort eingeben, wie es hernach geschrieben steht, und wenn er den Eid schwört, soll man ihn auffordern die rechte Hand in das Buch Mose zu legen, und das Handgelenk ungefähr an die Stelle wo auch die fünf Bücher Mose geschrieben stehen und die Gebote, die der Herrgott Mose auf dem Berg Sinai gab, und dann soll er ihm den Eid vorgeben, der also lautet:

"Bei dem lebendigen Gott Adonai, der Himmel und Erde und Laub und Gras geschaffen hat, beim Gott Abrahams, beim Gott Isaaks, beim Gott Jakobs und bei dem Gott, der die heiligen Gebote gab dem Herrn Mose auf dem Berg Sinai, dass es wahr sei, dass du geschworen hast, und dass auch das Buch das wahre Buch ["daz recht puch"] sei, da die fünf Bücher des Herrn Mose darin geschrieben stehen und die Gebote, die Gott Herrn Mose auf dem Berg Sinai gegeben hat."

Es ist auch unser Stadtrecht, dass wenn ein Jude mit einem Christen in der Stadt zu schaffen hat, er für dieses vor unserem Richter am Gericht sein Recht nehmen soll und niemals woanders.

(Transkription von Raphael Straus aus dem Jahr 1935 | Vorbemerkung und Edition von Patrick Charell)