Der Ort gehörte als Teil der Markgrafschaft Burgau vom 14. Jahrhundert bis 1805 zu den Habsburger Erblande und war der namensgebende Ort für die Markgrafschaft Burgau, dessen Residenz jedoch in Günzburg lag. Jüdisches Leben ist hier ab 1571/72 urkundlich nachweisbar. Auch im Zusammenhang mit einem Dokument über Handelsbeschränkungen der Israeliten, das Kaiser Rudolf II. 1599 für die Stadt Augsburg ausstellte, sind Juden in Buttenwiesen genannt. Der Kernbereich der jüdischen Siedlung, die im 17. Jahrhundert stark anwuchs, lag anfangs rund um den heutigen Marktplatz. Markgraf Karl von Burgau (1560-1618) wollte 1617 per Erlass alle Juden ausweisen, doch Kaiser Matthias gewährte ihnen gegen Zahlung eines jährlichen "Opferpfennigs" das Bleiberecht.
Durch die Aufnahme von Vertriebenen aus anderen Orten erhielt die jüdische Gemeinde von Buttenwiesen in dieser Zeit vermehrt Zuwachs. Nach dem Dreißigjährigen Krieg entstand auch eine Siedlung rund um die heutige Donauwörther Straße Richtung Mertingen. Als Friedhof diente der Kultusgemeinde zunächst der rund 40 Kilometer entfernte Friedhof in Burgau. Aufgrund der großen Entfernung und der vielen Sterbefälle in Pestzeiten entschloss man sich 1632/33 zur Anlage eines örtlichen Friedhofs, der östlich der Synagoge entstand. In den folgenden Jahrhunderten kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit den christlichen Bewohnern und der Obrigkeit bezüglich des Weiderechts und anderer Abgaben für dieses Areal. Auch die katholische Geistlichkeit sorgte für Zwistigkeiten. So musste die Kultusgemeinde für jede jüdische Leiche, die am katholischen Pfarrhaus vorbeigetragen wurde, dem Pfarrer einen silbernen Löffel schenken. Im 18. Jahrhundert verboten die Pfarrer den christlichen Frauen mehrfach, am Schabbat den Israeliten auszuhelfen ("Schabbesgojim"), indem sie ihre Häuser heizten und Licht anzündeten.
1705 lebten 35 jüdische Familien in Buttenwiesen. Als aber Kurfürst Karl Philipp per Dekret 1740 sämtliche Juden aus seiner Herrschaft Pfalz-Neuburg verbannt hatte, vergrößerte sich die Kultusgemeinde bis 1753 um nahezu das Doppelte auf damals 66 Familien. Vor allem Israeliten aus Höchstädt an der Donau flüchteten sich hierher. Im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts mussten alle Juden laut einer Anordnung Kaiser Josephs II. einen deutschen Familiennamen annehmen. Außerdem wurde bereits 1782 die Schulpflicht eingeführt. Christliche und jüdische Kinder besuchten damals gemeinsam die Volksschule.
1802 lebten 353 Jüdinnen und Juden in Buttenwiesen; das waren 65 Prozent der Bevölkerung. Dreißig Jahre später belief sich ihr Anteil sogar auf über 70 Prozent. 1840 erreichte die Kultusgemeinde mit 413 Personen ihren Höchststand. Aufgrund der enormen Abgaben, die sie an das Kaiserhaus entrichten musste, war die jüdische Gemeinde immer wieder stark verschuldet. Ihre Mitglieder waren damals vielfach mittellos und verdienten sich ihren kargen Lebensunterhalt hauptsächlich durch Hausieren. 1803 hat man den Christen das Weiderecht für das Friedhofsareal abgekauft und somit diesen Streitpunkt endgültig aus der Welt geschafft. 1807 wird in Buttenwiesen erstmals eine Mikwe erwähnt; wo sie sich befand, ist aber nicht bekannt.
Anfang des 19. Jh. wurde im Ort auch eine jüdische Religionsschule eröffnet. Der Unterricht fand anfangs im Haus des Religionslehrers statt. Für die große Schülerzahl reichte der Platz jedoch bald nicht mehr aus. Da die Bedürfnisse der Kultusgemeinde auf ein eigenes Unterrichtszimmer beim Neubau des gemeindlichen Volksschulhauses unberücksichtigt blieben, beschloss man 1845 die Gründung einer eigenen jüdischen Elementarschule. 1848 hat man zu diesem Zweck das Haus des Schlossers Moses Sänger (heute: Geistbergstraße 4) erworben und umgebaut. Der Schule wurde 1864 eine Handarbeitsschule angegliedert. Zwischen 1870 und 1872 gab es außerdem eine kleine Privatschule im Haus des Isack Stern. Der letzte Buttenwiesener Rabbiner Jonas Sänger übte sein Amt seit 1831 aus. Nach seinem Tod 1880 blieb die Kultusgemeinde lange Jahre verwaist und schloss sich erst 1894 dem Distriktsrabbinat Ichenhausen an.
Der Friedhof wurde 1888 vergrößert und mit einer Mauer umfriedet, noch im gleichen Jahr baute die IKG das Zimmermann`sche Haus (Nr. 39; heute Marktplatz 8) zu einem Taharahaus um. Damit befanden sich damals im Besitz der israelitischen Kultusgemeinde rund um die Synagoge im Zentrum des Ortes das Badehaus (Mikwe, Louis-Lamm-Platz 8), das Leichenhaus (Taharahaus), der Friedhof, ein Garten, eine Remise und ein Hofraum, sowie ein weiteres kleines Wohnhaus mit Stall und Stadel.
Um 1900 gab es unter den jüdischen Geschäftsleuten im Ort einige einflussreiche Persönlichkeiten, die sich u.a. sehr für den Ausbau der Eisenbahn und der Wasserleitungen engagierten. Durch Auswanderung und Umzug in die Großstädte hatte sich die Mitgliederzahl der jüdischen Gemeinde Buttenwiesen jedoch seit der Mitte des 19. Jahrhundnerts stark reduziert. Im Jahr 1900 lebten noch knapp 200 jüdische Mitbürger im Ort; 25 Jahre später war ihre Zahl noch einmal um die Hälfte gesunken. Als 1932 nur noch fünf Schüler die jüdische Elementarschule besuchten, wurde sie geschlossen und die jüdischen Kinder in der katholischen Volksschule eingeschrieben.
Zu Beginn der NS-Gewaltherrschaft lebten 1933 noch 73 Israeliten in Buttenwiesen. Obwohl sie maßgeblich an der Gründung und den Aktivitäten in den Ortsvereinen beteiligt gewesen waren, wurden sie in der Folgezeit zunehmend aus dem Gesellschafts- und Wirtschaftsleben ausgeschlossen. Allein die Freiwillige Feuerwehr Buttenwiesen entließ in den Jahren 1934/35 neunzehn aktive und zwei passive jüdische Mitglieder. Der zweite Vorsitzende der jüdischen Kultusgemeinde, Kaufmann Hugo Lammfromm, musste eine polizeiliche Durchsuchung seines Geschäfts und Privathauses erdulden und beging danach Selbstmord. Im Novemberpogrom (9./10.11.1938) wurden das Innere der Synagoge und der Friedhof demoliert; Memorbuch und Personenstandsbücher des Gemeindearchivs kamen bei diesem Gewaltakt ebenfalls abhanden. Am Tag danach wurden acht jüdische Männer verhaftet und für mehrere Wochen in das Konzentrationslager Dachau eingesperrt.
Die Gemeinde Buttenwiesen erwarb 1937 das jüdische Schulhaus und richtete darin eine Polizeistation ein. Bis 1942 gelang noch über 30 Israeliten die Flucht nach Übersee oder in die Großstädte. 37 der noch in Buttenwiesen verbliebenen jüdischen Mitbürger wurden am 1. April 1942 in das Ghetto von Piaski bei Lublin deportiert und kamen dort um ihr Leben. Die letzten drei Israeliten aus dem Ort transportierte man am 28. Juli 1942 in das Ghetto Theresienstadt. Nur eine Frau, Thekla Lammfromm, überlebte. Die verlassenen jüdischen Wohnungen wurden von der Bevölkerung geplündert.
1949 fielen alle jüdischen Besitzungen der einstigen Kultusgemeinde Buttenwiesen der Jewish Restitution Successor Organization. Der jüdische Friedhof wurde von der Gemeinde restauriert und die entwendeten Grabsteine, soweit noch vorhanden, wieder an Ort und Stelle gebracht. Den östlichen, noch unbelegten Grundstücksteil erwarb die Gemeinde 1950 zur eigenen Nutzung. In ihrem Auftrag wurde 1993/94 auch eine Dokumentation über die Geschichte des jüdischen Friedhofs verfasst. Seit 1994 steht auf dem Schulplatz eine Gedenksäule, die an die jüdischen Mitbürger und das schreckliche Verbrechen ihres Massenmordes erinnert. Neben der restaurierten Synagoge, die heute ein kulturelles Zentrum der Gemeinde ist, erinnert ein Gedenkstein am Eingang des jüdischen Friedhofs und ein Relief am Binswanger Dorfbrunnen an die einstigen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger von Binswangen.
Anlässlich der Ausstellung "Geschichte und Kultur der Juden in Bayern" 1988/1989 hat das Haus der Bayerischen Geschichte eine Exkursion in Mittelschwaben angelegt. Die Route beginnt in Augsburg und erschließt neun jüdische Landgemeinden (Fischach-Thannhausen-Krumbach-Fellheim-Illereichen-Altenstadt-Ichenhausen-Binswangen-Buttenwiesen). Ein ehemals Buttenwieser Toraschild aus dem Jüdischen Museum Augsburg Schwaben wurde 2023 in der HdBG-Landesausstellung "Barock! Bayern und Böhmen" - Abteilung "Barock für alle" gezeigt. Die ehemalige Gemeinde ist auch Teil der digitalen Bavarikon-Sammlung Das jüdische Erbe Bayerisch-Schwabens. Kultur und Alltag des Landjudentums von 1560-1945, die 2025 mit einem Festakt in der Augsburger Synagoge online gegangen ist.
(Christine Riedl-Valder)
Unter dem Titel "Lernort Buttenwiesen" befasst sich die Gemeinde Buttenwiesen intensiv mit der jüdischen Geschichte des Orts. So wurden unter anderem anlässlich des Gedenkjahrs 2021 die folgenden Filme produziert:
Dokumentarfilm: „370 Jahre jüdisches Leben in Buttenwiesen“
Dokumentarfilm: „Eine Pforte des Himmels – mitten im Ort“
Dokumentarfilm: „Religion leben“
Dokumentarfilm: „Ein begehbares Denkmal – die Mikwe“
Bilder
Bevölkerung 1910
Literatur
- Angela Hager / Hans-Christof Haas: Buttenwiesen. In: Wolfgang Kraus, Berndt Hamm, Meier Schwarz (Hg.): Mehr als Steine... Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. 1: Oberfranken, Oberpfalz, Niederbayern, Oberbayern, Schwaben. Erarbeitet von Barbara Eberhardt und Angela Hager unter Mitarbeit von Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Frank Purrmann. Lindenberg im Allgäu 2007, S. 423-430.
- Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation. 2. Aufl. München 1992 (= Bayerische Landeszentrale für politische Bildung A85), S. 278.
- Louis Lamm: Das Memorbuch in Buttenwiesen. Berlin 1902.
- K. statistisches Landesamt: Gemeindeverzeichnis für das Königreich Bayern. Nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und dem Gebietsstand von 1911. München 1911 (= Hefte zur Statistik des Königreichs Bayern 84), S. 278.
Weiterführende Links
- Das jüdische Erbe Bayerisch-Schwabens: Buttenwiesen (Bavarikon)
- Exkursion: Jüdische Landgemeinden in Mittelschwaben (Haus der Bayerischen Geschichte)
- Gemeinde Buttenwiesen (Alemannia Judaica)
- Gemeinde Buttenwiesen (Alicke - Jüdische Gemeinden)
- Jüdisches Buttenwiesen (Lernort Buttenwiesen)
- Archivalien zur Geschichte der Synagogen und Gemeinden in Bayerisch Schwaben (Jüdisches Museum Augsburg Schwaben)
- Ehemalige Mikwe (Bayerischer Denkmal-Atlas)
- Louis Lamm (1871-1943) (Wikipedia)
