Jüdisches Leben
in Bayern

Bamberg Gemeinde

Laut einer Legende gab es in Bamberg bereits kurz nach der Gründung des Bistums im Jahr 1007 eine jüdische Siedlung (um 1033). Während des ersten Kreuzzuges 1096 sollen Bamberger Juden durch Graf Emicho von Leiningen verfolgt und zur Zwangstaufe gezwungen worden sein. Im Reisebericht des Spaniers Benjamin ben Jona aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts ist die Rede von einer großen, hochgebildeten jüdischen Gemeinde am Bamberger Bischofssitz. In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts wirkte Rabbiner Samuel an der hiesigen Talmudschule und verhalf der Lehranstalt zu hohem Ansehen im Reich, da sich eine Reihe seiner Schüler zu bedeutenden Persönlichkeiten entwickelten, etwa der Rothenburger Rabbiner Meïr ben Baruch (um 1220-1293).

Die jüdische Siedlung zentrierte sich rund um das heutige Pfahlplätzchen zwischen der 1363 erstmals erwähnten Judenstraße (lat. "vicus Judaeorum") und der Eisgrube. Eine Badstube (lat. "stupa balnealis judeorum") wird zwischen 1348 und 1361 erwähnt. Eventuell handelte es sich dabei um die Vorläuferin der 1405 urkundlich erwähnten Einrichtung im Haus Sonnenplätzchen 5. Ein einstiges Judentanzhaus wird im heutigen Anwesen Pfahlplätzchen 1 vermutet. Im Anwesen Pfahlplätzchen 4 hat sich ein Ensemble aus zwei im Kern mittelalterlichen jüdischen Wohnhäusern erhalten.

Am 28. Juli 1298 kam es infolge des Rintfleisch-Pogroms zu einem Massaker an mehr als 135 jüdischen Männern, Frauen und Kindern in Bamberg. Darunter waren auch Mitglieder anderer jüdischer Gemeinden, die sich gerade zu Besuch vor Ort aufhielten. Während der Pestjahre 1348/49 verließen viele Juden aus der Angst vor einem weiteren möglichen Pogrom ihre Heimatstadt. Durch ein Abkommen, das 1365 mit Bischof Friedrich II. von Truhendingen getroffen wurde, kamen die Juden unter die Schutzherrschaft der Bamberger Fürstbischöfe. Künftig hatte der Rabbiner der Gemeinde den Vorsitz des unabhängigen Rabbinatsgerichts inne, dessen Zuständigkeitsbereich sich auf das gesamte Hochstift erstreckte.

1397 kauften die Juden beim Michaelsberg ein Grundstück für eine Begräbnisstätte. Sie musste bereits 1407 vergrößert werden. Damals gehörten 35 Haushalte zur Gemeinde. Fürstbischof Albrecht von Wertheim erlaubte ihnen im Jahr 1400 den Betrieb einer Pfandleihe und die Ansiedlung an anderen Orten im Hochstift. Zwischen 1403 und 1415 sind zahlreiche Kreditgeschäfte der Juden mit Schuldnern aus Bamberg und Umgebung überliefert. Daraufhin kam es 1422 zu einer Übereinkunft der Bischöfen von Bamberg und Würzburg und dem Markgrafen von Brandenburg, die Juden aus ihren Territorien zu verbannen. Da der Bamberger Fürstbischof Friedrich III. von Aufseß jedoch deren Schutzgelder dringend benötigte, beschlagnamte er nur den Judenhof, dessen Gebäude verdiente Hofbeamte erhielten, und nötigte die Juden, aus ihrem angestammten Stadtteil in die verrufene Hintere Kesslergasse neben den Lochgefängnissen zu übersiedeln. Sie errichteten dort auf dem ehemaligen Grundstück des Hans Dulpaum ein neues Gemeindezentrum mit mehreren Häusern, die um einen Hof gruppiert waren. Eine mehrjährige Abwesenheit von Fürstbischof Anton von Rotenhan (reg. 1431‒1459) nutzten Bamberger Bürger, um die Juden aus der Stadt zu vertreiben. Erst nach dessen Rückkehr konnten sie zurückkehren. 1451 erging auf einer Diözesansynode der Erlass, dass die Juden des Bistums ein äußeres Kennzeichen tragen müssen: die Männer einen Ring aus gelben Fäden an der Brust; die Frauen zwei blaue Streifen auf der Kopfbedeckung. In der Folgezeit verschlechterte sich die Situation der Juden zusehends; u.a. wurden sie gezwungen, Predigten im Dom anzuhören und zusätzliche Abgaben zu leisten. Seit 1475 wanderten deshalb viele Gemeindemitglieder in die Dörfer und Güter des Reichs- und Landadels in der Region aus. Ab 1487 lebten nachweislich keine Juden mehr in Bamberg.

Seit 1556 lassen sich wieder Juden in Bamberg nachweisen, 1633 umfasste die Gemeinde zehn Familien. Ihre Toten fanden bis Mitte des 17. Jahrhunderts auf dem jüdischen Friedhof in Zeckendorf, anschließend auf dem in Walsdorf ihre letzte Ruhestätte. Fürstbischof Marquard Sebastian Schenk von Stauffenberg (reg. 1683‒1693) beschloss bei seinem Amtsantritt, die Anzahl der Juden im Hochstift zu reduzieren und versuchte sie mit harten Auflagen zu vertreiben. Bereits sein Nachfolger Lothar Franz von Schönborn (reg. 1693‒1729) schuf aber wieder bessere Bedingungen, da er aus wirtschaftlichen Gründen nicht auf die Juden verzichten wollte. Der judenfeindlichen Haltung seiner Untertanen, für die er zum Teil selbst die Schuld trug, versuchte er 1712 mit einem Straferlass für alle Formen der Gewalt gegen Juden zu begegnen. 1731 war die Anzahl der jüdischen Haushalte auf 60 angestiegen. Als Gebäude hat sich in der Hellerstraße 4 das Wohnhaus eines sogenannten "Schutzjuden" erhalten, das im Bayerischen Denkmal-Atlas verzeichnet ist.

Unter dem Bamberger Landesrabbiner Ariel Löb ben Abraham Meir Berlin (1737-1814) kam es zu einem öffentlichen Skandal, weil ihn Gemeindemitglieder wegen angeblicher Veruntreuung anzeigten. Obwohl seine Unschuld heute erwiesen ist, übernahm er 1794 das Landesrabbinat des Herzogtums Hessen-Kassel und verließ Bamberg, wo das Rabbinat mehrere Jahre lang nur kommissarisch geführt wurde. Der jüdische Arzt Adalbert Friedrich Marcus (1753-1816) praktizierte seit 1778 in Bamberg und konvertierte 1781 zum katholischen Christentum. Kein geringerer als Fürstbischof Franz Ludwig von Erthal (reg. 1779-1795) vollzog in der Hofkapelle die Taufe. Anschließend avancierte Dr. Marcus zum bischöflichen Leibarzt und unterstützte seinen Landesherrn bei einer umfassenden Reform des öffentlichen Gesundheitswesens. Er gründete in Bamberg das "Allgemeine Krankenhaus" (1789) und viele weitere Einrichtungen, die zu den modernsten ihrer Art in ganz Europa zählten. Im Jahr 1801 erwarb Dr. Marcus die Ruine der Altenburg und ließ sie wohnlich herrichten. Damit bewahrte er dieses Baudenkmal der Nachwelt. Außerdem förderte er den Schriftsteller E.T.A. Hoffmann, der von 1808 bis 1813 auf der Altenburg wohnte.

Nach der Säkularisation des Hochstifts 1803 mussten die ansässigen jüdischen Familien, obwohl sie nun direkte Untertanen des bayerischen Königs waren, noch bis 1831 Schutzgelder an die Stadt Bamberg entrichten. Von 1805 bis 1821 finanzierten sie trotzdem – mit Unterbrechung zwischen 1809 bis 1812 – eine eigene Israelitische Elementarschule. Danach gab es in Bamberg nur noch eine jüdische Religionsschule; Kinder aller Konfessionen wurden in staatlichen bzw. städtischen Schulen gemeinsam unterrichtet. 1814 lebten in Bamberg 59 jüdische Familienoberhäupter, daher wurde diese Zahl als Status quo in den Bayerischen Judenmatrikeln festgelegt. Vor allem junge jüdische Männer mussten daher zwischen 1814 und 1861 Bamberg verlassen, und wanderten vornehmlich in die USA oder Kanada aus.

Im Jahr 1837 gehörten 340 Personen der jüdischen Gemeinde an; 1890 erreichte sie ihren Höchststand mit rund 1190 Mitgliedern. Die jüdische Begräbnisstätte mit Taharahalle befand sich ab 1851 an der Siechenstraße neben dem städtischen Friedhof. Sie hat sich bis in unsere Tage erhalten und birgt viele Informationen über die Geschichte der jüdischen Gemeinde seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Die prachtvollen Grabsteine aus der Zeit um 1900 tragen nur selten hebräische Inschriften und unterscheiden sich kaum von den gleichzeitigen christlichen Monumenten. Sie zeigen, dass sich zumindest die wohlhabenden jüdischen Bürger damals weitgehend an die Gesellschaft anpassten.

Da der Matrikelparagraf 1861 abgeschafft worden war, zogen in der Folgezeit viele Juden aus der Region nach Bamberg. Um die Jahrhundertwende bildete die jüdische Bevölkerung dann eine feste Größe im Gesellschafts- und Wirtschaftsleben der Stadt. Im Jahr 1887 eröffnete Oscar Tietz eine erste Filiale seiner neuartigen Warenhäuser (Hauptwachstraße 14, später Umzug in das größere Anwesen Grüner Markt 23). Die Mittelschicht der Gemeinde wohnte vor allem in der Friedrich-, Schützen- und Luitpoldstraße, die Unterschicht in der Generals- und Habergasse. Die wohlhabende Oberschicht besaß ansehnliche, historistischen Villen in den besten Lagen an der heuzigen Luitpold-, Willy-Lessing- und Hainstraße. Zu ihnen gehörten die Familien Lessing (Hofbräuhaus Bamberg), Rosenfelder, Dessauer und Kupfer, die maßgeblich zur Industrialisierung der Stadt beitrugen. Dr. Jakob Dessauer (1807-1873) forschte in der Ernährungswissenschaft, wirkte als Armenarzt und war lange Jahre bis zu seinem Tod Vorstand der jüdischen Gemeinde. Das Bankhaus Wassermann, seit 1848 in Bamberg ansässig, zählte zu den führenden deutschen Geldinstituten. Zu Beginn der 1830er Jahre war Bamberg der führende Umschlagplatz für fränkischen Hopfen. Die Einrichtung des Nürnberger Hopfenmarktes 1846 führte allerdings zunächst zu einem Bedeutungsverlust für Bamberg. Schon vor 1900 wurde der Hopfenhandel in Bamberg fast ausschließlich von jüdischen Familien betrieben, die ihre Kenntnisse und Erfahrungen im Handel mit landwirtschaftlichen Produkten nutzten. Aus dem ursprünglich lokalen bzw. regionalen Handel wurde bald ein Exportgeschäft großen Stils. Allein in der Hainstraße wurden 22 Firmen ansässig. Die 1883/84 für den jüdischen Hopfen-Großhändler Carl Emanuel Dessauer erbaute repräsentative Stadtvilla in der Hainstraße 4 beherbergt heute die Stadtgalerie Bamberg.

Um 1900 erhielt die Bamberger Gemeinde weiteren Zuwachs durch den Zuzug von Juden aus Polen, die vor den Pogromen des zaristischen Russland flohen. Die Generalsgasse war Anfang des 20. Jahrhunderts das bevorzugte Wohngebiet dieser "Ostjuden". Im Haus Generalsgasse 3 befand sich ein Betsaal der orthodoxen ostjüdischen Familien.

1912 spaltete sich eine Gruppe besonders traditionsbewusster Mitglieder von der übrigen Bamberger Gemeinde ab, die generell einen liberalen Reformkurs verfolgte. Sie gründeten den Verein "Adas Israel". Diese Juden lehnten einen gemischten Chor im Gottesdienst ab und besuchten nur noch die täglichen Morgen- und Abendandachten. Am Sabbat und an Feiertagen benutzten sie eine kleine Betstube im Haus des Leichendieners Samuel Brief in der Hellerstraße 9, ab 1932 dann die Wochentagssynagoge. Die Gefallenen des Ersten Weltkrieges wurden mit patriotischen Symbolen und Inschriften geehrt; ein Zeichen, dass die damalige jüdische Generation bereit war, dem Vaterland auch auf dem Schlachtfeld zu dienen.

Im Ersten Weltkrieg brach der Hopfenexport aus Bamberg völlig zusammen und konnte nach 1918 nicht mehr an seine alte Größe anknüpfen, zahlreiche jüdische Firmen machten Konkurs.

Zum Bezirksrabbinat Bamberg gehörten Anfang der 1930er Jahre die Gemeinden Adelsdorf, Aufseß, Buttenheim, Coburg, Demmelsdorf, Ermreuth, Forchheim, Hirschaid, Mühlhausen, Trabelsdorf und Zeckendorf.

In den 1920er Jahren war die Bamberger Gemeinde trotz der schwierigen Wirtschaftslage eine der reichsten in Deutschland. Dies lag vor allem an den wohlhabenden Familien Dessauer, Lessing und Wassermann, die sich auch stark im Sozial- und Kulturleben der Stadt engagierten. Sie finanzierten u.a. Hilfsfonds in den Bereichen Unterricht, Gesundheit und Armenwesen. Auf die schon in der Weimarer Republik aufkeimenden antisemitischen Tendenzen antwortete die Bamberger Gemeinde mit aktiver Informationsarbeit. Sie luden die lokalen Schulklassen zur Besichtigung ihrer Synagoge ein und leisteten mit Vorträgen Aufklärungsarbeit über das Judentum.

Bereits im März 1933 wurden drei Mitglieder der jüdischen Gemeinde festgenommen, darunter der junge Justiz-Referendar Wilhelm "Willy" Aron (1907-1933), ein Sozialdemokrat und Gewerkschafter, der zwei Monate später im KZ Dachau verstarb, vermutlich aufgrund von Misshandlungen. Er ist das erste Bamberger Opfer der NS-Gewaltherrschaft.

In der Folgezeit kam es auch in Bamberg zum Boykott jüdischer Geschäfte, zur Enteignung jüdischen Besitzes, zu Verleumdungen und Prozessen wegen "Rassenschande". Das gemeinsame Schulwesen jüdischer und christlicher Kinder endete 1936 mit der Einrichtung einer "jüdischen Sonderklasse", die anfangs 38 Schüler aller Altersstufen besuchten. Aufgrund der zunehmenden Repressalien verließen bis 1938 rund 330 Juden die Stadt; der Großteil wanderte in die USA aus.

Lebten im September 1932 noch rund 850 Juden in Bamberg, so gehörten Anfang 1938 nur noch 685 Mitglieder der Gemeinde an, im Mai des folgenden Jahres nur noch 418. Im selben Zeitraum flüchteten rund 100 Juden aus der Region nach Bamberg, da sie sich hier mehr Sicherheit erhofften. In der Reichspogromnacht zum 10. November 1938 beschmierten erst HJ-Jungen die Synagoge und andere jüdische Gebäude mit unflätigen Parolen, dann brachen SA- und SS-Trupps die Synagoge auf, zerschlugen die gesamte Einrichtung und legten Feuer. Es kam zu schweren Körperverletzungen zahlreicher Mitglieder der jüdischen Gemeinde; 81 von ihnen wurden zusammen mit 26 Juden aus Landgemeinden in das Konzentrationslager Dachau deportiert, jedoch nach einigen Wochen wieder freigelassen. Zwei Bamberger Jüdinnen (Gretchen Bing und Anna Engelmann) begingen Selbstmord. Kommerzienrat Willy Lessing erlag Anfang 1939 seinen Wunden, die ihm die Nazis zugefügt hatten. Daraufhin setzte eine große Auswanderungswelle ein. Die noch verbliebenen Juden wurden im März 1939 gezwungen, ihre Heime aufzugeben und in Sammelunterkünfte zu ziehen.

Anfang November 1941 lebten doch rund 300 Juden in Bamberg. Über 100 von ihnen wurden noch im gleichen Jahr nach Riga in das Lager Junfernhof verschleppt. Im nächsten Jahr erfolgten Deportationen nach Izbica und Krasnystaw im Distrikt Lubin und in das Ghetto Theresienstadt. Auf Befehl der Gestapo mussten Helene Eckstein, die Tochter von Dr. Adolf Eckstein, und Isidor Traub die jüdische Gemeinde auflösen. Beide wurden anschließend ebenfalls im Osten ermordet. Nur zwölf jüdische Bamberger entkamen der Deportation aufgrund ihrer sog. „privilegierten Mischehe“. Die Stadtverwaltung beschlagnahmte den Friedhof. Ein Teil von ihm wurde für einen Fabrikbau verpachtet. Im Taharahaus brachte die Firma Bosch ein Warenlager unter. Die Schutzmauer und eisernen Gitter um die Grabstätten ließ man entfernen.

Vermutlich mit Beginn des Jahres 1946 erhielt die Jüdische Regionalverwaltung in Franken, eine Unterabteilung des Zentralkomitees der befreiten Juden in Bayern, als Verwaltungssitz die geräumige Villa in der Hainstraße 8 zugewiesen. Die Standortwahl hing wohl auch damit zusammen, dass die Bischofsstadt Bamberg zum Hauptquartier des 15. Corps der US-Armee wurde. Das "Regional Committee of liberated Jews in Franken" organisierte das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Leben aller jüdischen DPs in den Lagern, Kibbuzim und Gemeinden.

Bereits kurz nach Kriegsende trafen die ersten ehemaligen KZ-Gefangene in Bamberg ein, zumeist Befreite aus den Todeslagern im Osten. Bereits im Oktober 1945 wurden 600 Personen gezählt. Sie lebten über das ganze Stadtgebiet verteilt in beschlagnahmten Häusern und Wohnungen. Die Lebensbedingungen waren anfangs sehr schlecht, die logistisch überforderten Behörden hatten Probleme mit der Versorgung, Unterkünfte waren oft überbelegt. Ab dem 19. Dezember 1945 diente die Ulanenkaserne an der Nürnberger Straße (ehem. Koppenhof- und Holzhofkaserne im Stadtteil Wunderburg) als Auffanglager für jüdische DPs, außerdem konfiszierte die US-Armee wohl weitere Wohnungen in der Stadt: Zum Jahreswechsel 1946 lebten 1750 DPs in Bamberg, von denen vorerst 750 Personen im DP-Lager untergebracht waren. Um diese Zeit entstand die jüdische Selbstverwaltung des "Komitee Bamberg-Stadt", die ihren Sitz ebenfalls in der Villa Hainstraße 8 nahm. Zusätzlich verfügte sie später über ein Versammlungs- und Kulturhaus in der Promenadenstraße 4. Den Vorsitz hatten Leopold Handzweig und Chaim Frosch.

Auch wann sich das Lagerkomitee in der Kaserne konstituierte, ist nicht genau bekannt, nach Unstimmigkeiten und Neuwahlen wurde jedoch ein neues, neunköpfiges Komitee unter dem Vorsitz von Leopold Kiss und Arie Salzberg am 20. Mai 1946 gegründet. Obwohl die Lagerverwaltung offiziell in den Händen der UNRRA verblieb, arbeiteten die beiden Komitees mehr oder minder selbstständig.

Die Versorgungslage der DP-Gemeinde besserte sich im Frühjahr 1946, auch durch die Öffnung einer DP-Mensa. Im Gegensatz dazu blieb die Lage in der Ulanenkaserne noch länger prekär, zumal die ungenügenden Räumlichkeiten erst umgebaut werden mussten, und ultraorthodoxe Gläubige auf streng koschere Ernährung und die getrennte Unterbringung von Frauen und Männern beharrten. Ende Mai 1946 besuchten 66 Jungen und Mädchen eine neu eingerichtete jüdische Volksschule im Lager. Mit Beginn des Schuljahres 1946/47 nahm auch die Volksschule des Stadtkomitees den Unterricht auf. Später gab es im DP-Lager zusätzlich einen Kindergarten, eine Talmud-Tora-Schule (geleitet von der orthodoxen Gruppe Agudas Israel), eine Jeschiwa, einen Betsaal und die Möglichkeit zu kulturellen und sportlichen Aktivitäten (Makabi Bamberg, Hakoach Bamberg), für die Sicherheit sorgte eine Lagerpolizei.

Obwohl die meisten DPS säkular orientiert waren, blühte zudem ein reiches religiöses Leben. Die seelsorgerische Betreuung übernahm vornehmlich Bezirksrabbiner Jechezkl Halberstamm Lipschütz, unterstützt von US-Militärgeistlichen. Ein eigenes "Religionsamt" betrieb eine koschere Küche, überwachte die Schlachtung, organisierte die religiösen Feste, und baute eine Mikwe.

Der JOINT schickte die benötigten Ritualien. ORT-Berufsschulen bereiteten die DPs mit praxisnahem Unterricht auf die Auswanderung vor. In der Ulanenkaserne gab es eine Ausbildungsstätte für Schneider und Weber.

Im Januar 1948 lebten 815 jüdische DPs in der Stadt und weitere 1.095 in der Kaserne. Ab dann schrumpfte die Zahl: Die meisten emigrierten nach USA, Kanada, und ab Mai 1948 auch nach Israel. Im April 1949 wurde das Lager in der Ulanenkaserne geschlossen. Das Komitee der Stadt-Community ging 1951 in der neu gegründeten IKG Bamberg auf.

Nur rund vierzig Familien bildeten 1951 den Grundstock für die neue IKG Bamberg. 1963 folgte die Einweihung eines Betsaals in der Willy-Lessing-Str. 7. Er bot ausreichend Platz für die rund 50 Gottesdienstbesucher. Die Erben der in Theresienstadt ermordeten Leonie Kupfer hatten das Grundstück, auf dem sich eine Villa mit Nebengebäude befand, der IKG überlassen. Dort standen auch Schul- und Veranstaltungsräume zur Verfügung. Auf dem jüdischen Friedhof erinnert ein Mahnmal an die Bamberger Opfer der Jahre 1933-1945.

Bereits im Jahr 1965 kam es wieder zu antisemitischen Vorfällen. Ein an der Ecke Urbanstraße/Herzog-Max-Straße errichteter Gedenkstein, das AOK-Gebäude auf dem ehemaligen Synagogenplatz sowie zahlreiche jüdische Grabsteine wurden mit Hakenkreuzen und antisemitischen Parolen beschmiert und sorgten weltweit für Empörung.

Eine neue Initiative sorgte 1986 für die Aufstellung einer Gedenktafel für die während der NS-Diktatur ermordeten Juden an der Unteren Brücke beim Alten Rathaus. Im selben Jahr erhielt auch die Trauerhalle auf dem jüdischen Friedhof sechs Gedenktafeln, auf denen die Namen von 281 jüdischen NS-Opfern aus Bamberg verzeichnet sind. 1995 wurde nach einem Entwurf des Aachener Kunstprofessors Joachim Bandau ein neues, mehrteiliges Denkmal am ehem. Synagogenstandort errichtet.

2008 wurde am Lehrstuhl für Didaktik für Deutsche Sprache und Literatur an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg ein Gedenkbuch der jüdischen Bürger Bambergs. Opfer des nationalsozialistischen Terrors 1933-1945 erarbeitet.

Nachdem die Gemeinde 1989 bereits auf 35 Personen geschrumpft war, bewirkte Anfang der 1990er Jahre der Zuzug von zahlreichen Juden aus der Sowjetunion einen steilen Anstieg der Mitgliederzahl. Aufgrund dieses Zuwachses wurden neue Gemeinderäume erforderlich, die bis 2005 hinter der Willy-Lessing-Straße 7 im Gebäude einer ehem. Nähseidenfabrik entstanden.

Schlichte Gräber im rückwärtigen Teil des jüdischen Friedhofs künden von den Leiden der hier in der NS-Zeit Beigesetzten. Ein abgegrenzter Bereich ist den Grabstätten der sog. Displaced Persons aus der Nachkriegszeit vorbehalten. Im neuen Teil des Friedhofs stehen auch blumengeschmückte Gräber; hier finden die Beerdigungen der heutigen Mitglieder der Bamberger Gemeinde statt.

Anlässlich des 70. Todestages von Wilhelm Aron gründete sich 2003 die Willy-Aron-Gesellschaft Bamberg e.V., die sich für den Einbau von Stolpersteinen und die Errichtung eines Mahnmals zur Erinnerung des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus in Bamberg einsetzte. Im Jahr 2014 (dem 70. Todesjahr von Claus Schenk Graf von Stauffenberg und Hans Wölfel) zeigten die Museen der Stadt Bamberg in der Villa Dessauer die Sonderausstellung "Jüdisches Bamberg". Im gleichen Jahr wurde das geplante Mahnmal des Vereins genehmigt und am 25. Juni 2016 im Harmoniegarten, zwischen Schönleinsplatz und Bamberger Theater, feierlich eingeweiht. 2023 öffnet noch einmal im Historischen Museum die Ausstellung Jüdisches in Bamberg (April bis November) mit Begleitprogramm und Publikationen. Bislang wurden in Bamberg 30 Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig (*1947) zum gedenken an die Opfer der Shoah vor ihren ehemaligen Wohnstätten verlegt.


(Christine Riedl-Valder / Patrick Charell)


Bevölkerung 1910

Literatur

  • Gesellschaft für Familienforschung in Franken / Staatliche Archive Bayerns (Hg.): Staatsarchiv Bamberg - Die 'Judenmatrikel' 1824-1861 für Oberfranken. Nürnberg 2017. Ggfs. digital (Reihe A: Digitalisierte Quellen, 2 = Staatliche Archive Bayerns, Digitale Medien 4).
  • Lilian Harlander / Bernhard Purin: "Wegen der israelitischen Feiertage geschah gestern und heute im Hopfengeschäft nichts...". Über jüdische Hopfenhändler in Bayern. In: Lilian Harlander / Bernhard Purin / Jüdisches Museum München (Hg.), AK Bier ist der Wein dieses Landes. Jüdische Braugeschichten, München 2016, S. 53-70.
  • Regina Hanemann (Hg.): Jüdisches in Bamberg. Petersberg 2013 (= Schriften der Museen der Stadt Bamberg 51).
  • Aubrey Pomerance: Die Memorbücher der jüdischen Gemeinden in Franken, in: Michael Brenner / Daniela F. Eisenstein (Hg.): Die Juden in Franken. München 2012, S. 95-113.
  • Antje Yael Deusel und Ortwin Beisbart (Hg.): Gedenkbuch der jüdischen Bürger Bambergs. Opfer des nationalsozialistischen Terrors 1933-1945, Bamberg 2008.
  • Angela Hager / Hans-Christof Haas: Bamberg. In: Wolfgang Kraus, Berndt Hamm, Meier Schwarz (Hg.): Mehr als Steine... Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. 1: Oberfranken, Oberpfalz, Niederbayern, Oberbayern, Schwaben. Erarbeitet von Barbara Eberhardt und Angela Hager unter Mitarbeit von Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Frank Purrmann. Lindenberg im Allgäu 2007, S. 72-91.
  • Christian M. Kestel / Weyermann Malz (Hg.): 125 Jahre Weyermann Malz. Die Geschichte des Bamberger Unternehmens 1879 – 2004. Bamberg 2005, S. 15.
  • Jim G. Tobias: Vorübergehende Heimat im Land der Täter. Jüdische DP-Camps in Franken 1945-1949. Nürnberg 2002, S. 31-76.
  • Theodor Harburger: Die Inventarisation jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern, hg. von den Central Archives for the History of the Jewish People, Jerusalem, und dem Jüdischen Museum Franken – Fürth & Schnaittach, Bd. 2.
    Fürth 1998, S. 67-90.
  • K. statistisches Landesamt: Gemeindeverzeichnis für das Königreich Bayern. Nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und dem Gebietsstand von 1911. München 1911 (= Hefte zur Statistik des Königreichs Bayern 84), S. 137.
  • Adolf Abraham Eckstein: Festschrift zur Einweihung der neuen Synagoge in Bamberg. Bamberg 1910. 2. unver. Nachdruck Bamberg 1989.