Bereits 1490 ist in Theilheim ein Jude namens Löw mit seiner Familie nachgewiesen, den ein Mitglied des Würzburger Domkapitels als Schutzjude aufgenommen hatte. Anlässlich einer neuen Dorfordnung zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurde von der Bevölkerung der Wunsch geäußert, die Schutzjuden aus Theilheim auszuweisen. Im 17. Jahrhundert lebten die wenigen Theilheimer Juden vom Handel, den sie vor allem mit der Reichsstadt Schweinfurt trieben (wo Juden die Niederlassung verboten war). Lazarus aus Theilheim wurde am 14. Februar 1631 mit einer Geldstrafe belegt, weil er beim Betreten der Stadt das "Judenzeichen [den Gelben Ring] nicht recht gebraucht" hatte. 1655 handelte der Theilheimer Jude Samuel 1655 in Schweinfurt mit Pferden.
1644 wies die in diesem Jahr verabschiedete Theilheimer Dorfordnung darauf hin, dass die christlichen Theilheimer auch auf den von den Juden begangenen Sabbat Rücksicht nehmen und deswegen am Samstag keinen Mist oder andere Düngemittel auf dem Feld ausbringen sollten. Im Gegenzug durften der christliche Schabbes-Goi und die christliche Schabbes-Magd an einem christlichen Feiertag nicht für die Theilheimer Juden arbeiten. Das Arbeitsverbot für Schabbes-Mägde an christlichen Feiertagen wurde in einer am 31. August 1768 vom Dorfherrn erlassenen Verordnung erneuert. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wuchs die Anzahl der in Theilheim ansässigen jüdischen Familien von 15 (1731) auf 28 (1763), an deren Spitze der "Vorgänger" (Barnos) Moyses stand.
1783 wurde in Theilheim Mendel Rosenbaum geboren, der 1868 in Zell am Main starb und schon zu seinen Lebzeiten überregionale Bekanntheit besaß. Mendels Vater war der Vorsänger Izig Löb, der aus Höchberg in das Dorf gekommen war und 1810 in Theilheim verstarb. In seiner Theilheimer Zeit verdiente Rosenbaum den Lebensunterhalt als Hausierer und beschäftigte sich nachts mit dem Studium der Tora und des Talmud. Nachdem er im Jahr 1819 zusammen mit Joel Rosenthal das Theilheimer Schloss der früheren Erbobleiherren gekauft hatte, könnte Rosenbaums Wohlstand den Hass von Antisemiten provoziert haben. Die Situation eskalierte, als am 13. April 1822 eine erhängte Ziege in Rosenbaums Stall aufgefunden und Rosenbaum selbst am nächsten Tag von Unbekannten bedroht wurde. Im selben Jahr verließ Rosenbaum Theilheim und ließ sich im unweit von Würzburg gelegenen Zell a.Main nieder. Dort betrieb er im säkularisierten Kloster Unterzell eine Nagelschmiede und wirkte als angesehener Ortsrabbiner. Rosenbaum wurde in ganz Franken als Vertreter einer strengen Orthodoxie wahrgenommen und nahm auch Einfluss auf die Besetzung mehrerer Bezirksrabbinate. Im Zeller „Judenhof“ gründete er mit seinen zwei Söhnen Elia Raphael und Jona(s) in den 1840er Jahren eine Talmudschule, in der auch junge Männer aus seinem Heimatdorf Theilheim unterrichtet wurden. 1853 reiste Rosenbaum nach München, wo er sich in einer Audienz bei dem bayerischen König Maximilian II. für eine bessere rechtliche Stellung der Juden einsetzte. Nach Mendel Rosenbaums Tod wurden er und seine Söhne als "Makkabäerfamilie mit dem greisen Vater an der Spitze gewürdigt", welche die "Fahne des angestammten unverfälschten Glaubens hoch hielt und durch ihr energisches Eingreifen in die jüdischen Verhältnisse Bayerns, namentlich Unterfranken(s), die Wahrheit auf lange Zeit vor den gefährlichen und böswilligen Angriffen schützte". Im Jahr 1785 besaßen laut der von dem neuen Erbobleiherrn Friedrich Karl Zobel von Giebelstadt erlassenen Dorfordnung die jüdischen Theilheimer 20 von insgesamt 73 Häusern im Dorf. Allerdings war es den Juden verboten, Häuser in unmittelbarer Nachbarschaft der Kirche zu bewohnen oder zu kaufen. Außerdem waren Juden insofern beim Kauf von Häusern benachteiligt, als die kommunale Verwaltung den Verkauf eines Hauses an einen Juden bis drei Jahre nach der Veräußerung gegen Vorlegen der Kaufsumme rückgängig machen konnte. Ausdrücklich vorgeschrieben war auch die Rücksichtnahme auf christliche Sonn- und Feiertage, an denen in der Öffentlichkeit die Arbeit zu ruhen hatte.
Das Phänomen der von Ort zu Ort ziehenden Betteljuden machte sich 1804 auch in Theilheim bemerkbar: Bei einem Kartenspiel stritten sich wohnsitzlose Juden heftig, die eine Theilheimer Familie bei sich aufgenommen hatte. Als deren Kinder daraufhin auf der Straße "Feuer" brüllten, kam es im Dorf zu einem Fehlalarm. Die Strafe ließ nicht auf sich warten: Die erwachsenen Betteljuden wurden zu zwölf Stockschlägen und einer Geldbuße verurteilt und mussten Theilheim sofort verlassen.
1806 wurde in Theilheim Jakob Baumblatt geboren, der sein Heimatdorf als 14-Jähriger verließ, um in Fürth eine Talmudschule zu besuchen und das Handelswesen zu erlernen. Dort wurde er wegen seines Interesses für die französische Sprache laut eigener Aussage von seinen Lehrer vor der Klasse öffentlich gedemütigt. Unter dem Einfluss eines katholischen Pfarrers konvertierte Baumblatt schließlich 1840 in der damals bayerischen Pfalz zum Katholizismus und nahm den Vornamen des späteren Prinzregenten Luitpold von Bayern an. Der Theilheimer machte insofern Karriere, als er Rektor der Landwirtschafts- und Gewerbeschule in Kaiserslautern wurde. Bekannt wurde der Konvertit auch als Schriftsteller mit historischen, meist in der Pfalz spielenden Novellen. In seiner Heimat spielte die sehr früh entstandene Novelle "Die fränkische Rose" zu deren Figuren unter anderem ein "Herr von Thalheim" gehört.
1813 lebten in Theilheim 185 Juden. Sie stellten damit rund 41 Prozent der Dorfbevölkerung. Als das Dorf ein Jahr später nach dem Ende des Großherzogtums Würzburg an das Königreich Bayern fiel, wohnten dort 1814 40 jüdische Familien mit 202 Personen. Wiederum drei Jahre später erfasste die bayerische Judenmatrikel 1817 in Theilheim 38 jüdische Haushalte, von denen die meisten sich vom Vieh- und Warenhandel ernährten.
Widerstand leisteten die Theilheimer Juden im selben Jahr, als das Landgericht Werneck gemäß den Bestimmungen des 1813 erlassenen „Edikts über die Verhältnisse der jüdischen Hausgenossen in Bayern“ den Hausier-, Not- und Schacherhandel generell verbot. Dennoch betrieb die Mehrzahl der Juden weiterhin Nothandel. Die IKG Theilheim gehörte dem Distriktsrabbinat Niederwerrn bzw. später Schweinfurt an und begrub seine Verstorbenen auf dem Friedhof bei Schwanfeld.
Verantwortlich für den Religionsunterricht der jüdischen Kinder, die ansonsten die katholische Elementarschule besuchten, dort auf von den christlichen Mitschülern getrennten Plätzen saßen, war von 1826 bis 1856 der Religionslehrer Kallmann Wahler. Kontinuität garantierte auch Abraham Oppenheimer, der von 1862 bis 1883 als Religionslehrer in Theilheim tätig war. Ihm folgte Jakob Sonn nach, der von 1883 bis 1905 im Dorf auch als Vorsänger wirkte. Da er an einem Augenleiden litt, unterstützten ihn Assistenten bei seiner Lehrtätigkeit. Die Größe der jüdischen Gemeinde und die hohe Zahl der Matrikelplätze stießen auf den Widerstand der christlichen Theilheimer, die wohl eine "Überfremdung" fürchteten und 1819 darauf verwiesen, dass die einstigen Dorfherren Schutzjuden aufgenommen hätten, "ohne darüber sich berichten zu lassen oder darum zu bekümmern, ob ein solcher [Matrikelplatz, SWR] erledigt sey oder nicht".
Begünstigt durch die Politik der bayerischen Regierung, die den Wechsel der Juden vom Hausierhandel zur Landwirtschaft unterstützte, erwarben auch Theilheimer Juden verstärkt Äcker. Das empfanden die christlichen Bauern als Verdrängungsprozess, an deren Ende ihrer Meinung nach die Verarmung drohte. Im Jahr 1831 kam es wie schon zwölf Jahre zuvor erneut zum Konflikt, in dem die jüdische Gemeinde daran erinnerte, dass "zwischen den israelitischen und christlichen Einwohnern zu Theilheim seit unvordenklichen Zeiten die größte Ruhe und Eintracht geherrscht hat". Auch 1833 beschwerte sich die Theilheimer Dorfgemeinde über die "unangemessene Vermehrung der Juden und Verdrängung aus allem Besitz und Erwerb". Umgekehrt monierten auch die Theilheimer Juden im Frühjahr 1849 die aus ihrer Sicht diskriminierenden Abgaben. Beispielsweise hatte jede jüdische Familie jährlich 50 Gulden Neujahrsgeld an den christlichen Lehrer zu entrichten. Nach der 1861 erfolgten Abschaffung des Matrikelparagraphen nahm die Zahl der Juden in Theilheim allmählich ab. Zugleich verbesserte sich in Theilheim das Verhältnis zwischen jüdischer und christlicher Dorfbevölkerung deutlich. Beispielsweise waren mit Abraham Freudenthal und Samuel Baumblatt zwei Juden am 15. April 1873 als Kommandanten an der Gründung der freiwilligen Feuerwehr beteiligt.
Im Ersten Weltkrieg fielen die drei gebürtige Theilheimer Felix Finke, Hugo Freudenthal und Otto Baumblatt, die das Dorf allerdings vor Kriegsbeginn verlassen hatten. In der Zeit der Weimarer Republik gestalteten die Theilheimer Juden das Dorfleben aktiv mit: 1927 gehörten die Brüder Felix und Lothar Fleischmann, die Söhne des letzten Vorstehers der jüdischen Kultusgemeinde Theilheim, zu den Gründungsmitgliedern des Turn- und Sportvereins.
Bereits in der Nacht vom 18. auf den 19. Mai 1935 kam es in Theilheim zu einem antisemitisch motivierten Übergriff, als Samuel Baumblatt von Theilheimer SA-Männern wegen angeblicher Rassenschande misshandelt wurde. Gerettet wurde Baumblatt nur dank des Eingreifens des örtlichen Gendarms. Am Morgen des 19. Mai 1935 hing Baumblatt mit aufgeschnittenen Pulsadern tot an einem Fensterkreuz im Stall seines Anwesens. Wegen der zunehmenden Einschränkung ihrer Rechte wanderten zahlreiche Theilheimer Juden aus. Zu ihnen gehörten Leo und Malchen Freudenthal mit ihrer Tochter Paula, die 1936 in die USA emigrierten. Am Nachmittag des 10. November 1938 kam es zu massiven Übergriffen auf fast alle jüdischen Haushalte in Theilheim, die von einem Schlägertrupp von etwa 20 bis 40 Schweinfurter SA-Leuten heimgesucht wurden. Zu den Opfern nationalsozialistischer Gewalt gehörten beispielsweise Justin und Fanny Fleischmann, deren landwirtschaftliche Maschinen zerstört wurden. Obwohl die Vorgänge den christlichen Dorfbewohnern nicht verborgen blieben, leisteten sie keinen Widerstand. In der Nacht vom 10. auf den 11. November 1938 versuchten einzelne Theilheimer, sich am Eigentum der jüdischen Dorfbewohner zu bereichern, das schließlich öffentlich versteigert wurde. Öffentlichkeitswirksame Kritik am Synagogenbrand übte in einer Predigt nur der katholische Ortspfarrer, der deswegen kurz nach dem Pogrom denunziert und inhaftiert wurde.
1939 lebten noch 47 Juden in Theilheim. Das Konzentrationslager Buchenwald überlebte der jüdische Theilheimer Erich Oberdorfer, der am 25. Juni 1939 wegen angeblicher "Rassenschande" vom Dorfschullehrer denunziert worden war. Am 25. April 1942 wurden 31 jüdische Theilheimer von Würzburg aus deportiert und nach der Ankunft im Zwischenghetto Krasniczyn wohl in den Vernichtungslagern der Region getötet. Vier weitere Theilheimer wurden am 10. September 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Am 1. November 1942 lebte noch ein Jude im Ort, 1943 war die Tradition jüdischen Lebens im Dorf beendet.
1995 und 1997 war der US-amerikanische Soziologe Joseph W. Eaton, der sich mit der Geschichte der Juden in Bayern beschäftigte, in Theilheim auf den Spuren seines Ururgroßvaters Mendel Rosenbaum unterwegs. Laut Eaton stammten angeblich zahlreiche fränkische Juden wie auch die Vorfahren Mendel Rosenbaums aus der Ukraine und seien von dort nach einem Pogrom im 17. Jahrhundert in das heutige Bayern geflüchtet. Seit 1997 erinnert im Theilheimer Neubaugebiet der "Mendel-Rosenbaum-Weg" an den wohl berühmtesten Theilheimer.
(Stefan W. Römmelt)
Bilder
Bevölkerung 1910
Literatur
- Gerhard Gronauer / Hans-Christof Haas: Theilheim. In: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken Teilband 2.2. Erarbeitet von Cornelia Berger-Dittscheid, Gerhard Gronauer, Hans-Christof Haas, Hans Schlumberger und Axel Töllner unter Mitarbeit von Hans-Jürgen Beck, Hans-Christoph Dittscheid, Johannes Sander und Elmar Schwinger, mit Beiträgen von Andreas Angerstorfer und Rotraud Ries. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1612-1628.
- Magnus Weinberg: Die Memorbücher der jüdischen Gemeinden in Bayern, 2 Bde., Frankfurt/Main 1937 u. 1938, S. 93-98.
- K. statistisches Landesamt: Gemeindeverzeichnis für das Königreich Bayern. Nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und dem Gebietsstand von 1911. München 1911 (= Hefte zur Statistik des Königreichs Bayern 84), S. 242.