Jüdisches Leben
in Bayern

Kleineibstadt Synagoge

In der Mitte des 18. Jahrhunderts fand der Gottesdienst in der Kleineibstädter "Judenschule" statt. 1766 unterzeichnete Rabbi Löw als Kastenmeister die neuen Statuten des Kleinbardorfer Friedhofsverbands. Vermutlich handelte es sich hier um den Vater des Viehhändlers Mayer Loeb, den Gründer der bekannten Familie Kissinger. Am 27. April 1802 wurde in Kleineibstadt die Reinschrift eines hebräischen Memorbuchs abgeschlossen, das unter anderem die Namen von Wohltätern der Gemeinde und auch ein Martyrologium mit den Orten der mittelalterlichen Judenverfolgungen enthält.

1827 ließ die jüdische Gemeinde eine neue Synagoge errichten, die 1828 eingeweiht wurde. Der massiv ausgeführte, rund zehn Meter lange und rund zehn Meter breite Bau mit Satteldach steht auf einem Quadersteinsockel, um den Anstieg des Geländes nach Westen auszugleichen. In den klar akzentuierten Ecklisenen und den regelmäßig angeordneten Tür- und Fenstergewändern der Synagoge, die aufgrund der einst engen Bebauung nur an der Süd- und Nordseite über je vier hochrechteckige Fenster verfügt, zeigt sich deutlich der Einfluss des Klassizismus. In der Mitte des von einem in der letzten Fassung himmelblau gestrichenen und mit Sternen bemalten Lattengewölbes gedeckten Raums, dessen Fensterlaibungen noch mit Vasen- und Blumenornamenten schabloniert sind, stand ein achteckiger Almemor, den Theodor Harburger wie den aus Stein gearbeiteten Thoraschrein als "einfach" bezeichnete.

Die Synagoge verfügte laut Harburger über einfache Ritualgegenstände, zu denen ein Chanukkaleuchter aus Messing, zinnernes Levitengerät, ein Thoraschild, ein Thorazeiger und Thoravorhänge aus der Biedermeierzeit gehörten. 1840 wurde in der Nähe der Synagoge die Mikwe auf dem Grundstück von Seckel Strauß errichtet, dessen Schlachthaus an das Ritualbad unmittelbar angrenzte. Ob eine 1852 von der jüdischen Gemeinde geplante Renovierung der Mikwe tatsächlich stattfand, ist bisher unklar. Rund 40 Jahre später war die Mikwe 1891 laut dem Burgpreppacher Distriktsrabbiner in einem schlechten Zustand.

Nach der Auflösung der jüdischen Gemeinde Kleineibstadt wurde die nicht mehr benötigte Synagoge im Januar 1938 an die Spar- und Darlehenskasse Kleineibstadt für 715 Mark verkauft. Während die Menora zum Alteisen kam, wurden die acht Thorarollen dem VIBG übergeben und nach München gebracht, wo sie während des Novemberpogroms 1938 zerstört wurden. Während des Novemberpogroms wurde die ehemalige Synagoge, deren Tür später in ein Kleineibstädter Privathaus eingebaut wurde, nicht beschädigt. Nachdem der örtliche Pfarrer gegen die Nutzung des Gebäudes für die Haltung von Zuchtbullen protestiert hatte, wurde es zuerst für die Reinigung von Saatgutund später als Lagerhaus für Kohle und Mineraldünger benutzt. 

Sechs Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zahlte die Spar- und Darlehenskasse im Jahr 1951 an die JRSO 1600 DM als Entschädigung für den unangemessenen Kaufpreis der von ihr erworbenen Synagoge. 25 Jahre später verkaufte die Bank die ehemalige Synagoge 1966 an einen Privatmann, der das Gebäude seitdem als Lagerraum nutzt. Seit den 1980er Jahren erinnert eine Gedenktafel an die ehemalige jüdische Gemeinde und die Synagoge in Kleineibstadt. Die von der Gemeinde Kleineibstadt 2015 befürwortete Translozierung der ehemaligen Synagoge in das Fränkische Freilandmuseum Fladungen wurde nicht realisiert. Seit 2021 erinnern zwei Koffer in Kleineibstadt und Würzburg als Teil der dezentralen Gedenkstätte DenkOrt Deportationen an die Deportationen der jüdischen Bewohner von Kleineibstadt.


(Stefan W. Römmelt)

Bilder

Adresse / Wegbeschreibung

An der Barget 18 / Ecke Hüggekgasse., 97633 Großeibstadt

Literatur

  • Gerhard Gronauer / Hans-Christof Haas: Kleineibstadt. In: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken Teilband 2.1. Erarbeitet von Cornelia Berger-Dittscheid, Gerhard Gronauer, Hans-Christof Haas, Hans Schlumberger und Axel Töllner unter Mitarbeit von Hans-Jürgen Beck, Hans-Christoph Dittscheid, Johannes Sander und Elmar Schwinger, mit Beiträgen von Andreas Angerstorfer und Rotraud Ries. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 740-759.
  • Theodor Harburger: Die Inventarisation jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern, hg. von den Central Archives for the History of the Jewish People, Jerusalem, und dem Jüdischen Museum Franken – Fürth & Schnaittach, Bd. 2. Fürth 1998, S. 326.