Jüdisches Leben
in Bayern

Eggenfelden Gemeinde

In Eggenfelden existierte bis 1338 eine jüdische Gemeinde, die während der von Deggendorf und Straubing ausgehenden Armlederverfolgung vernichtet wurde. Im Jahr 1443 verkaufte ein Bürger sein Anwesen am Mitterweg (außerhalb der Stadt) an "Joseppen den Jud". Auch 1446 und 1450 wurden jüdischer Hausbesitzer aktenkundig. Zu dieser Zeit hat es wohl wieder eine kleine Gemeinde gegeben, angezogen von den Marktrechten der Tuchmacherstadt. Eine Betstube oder andere Einrichtungen sind nicht bekannt. Im Zuge der allgemeinen Ausschaffung aus dem Herzogtum Bayern-Landshut 1450 kamen die Juden kurzzeitig in Haft, danach löste sich die Gemeinde auf. An die Präsenz von Juden im Mittelalter erinnert noch heute die "Judengasse".

Auch nach der Gründung des Königreichs Bayern im Jahr 1806 und der Einführung des Judenedikts mit den Matrikelstellen 1813 kehrte das jüdische Leben nicht mehr nach Eggenfelden zurück. Weil die Matrikel in Orten ohne jüdischen Bevölkerungsanteil auch keine neuen Hausstätten erlaubten, konnten sich bis zu ihrer Abschaffung im Jahr 1861 Juden weiterhin nicht dauerhaft in der Kleinstadt niederlassen. Angesichts der allgemeinen Landflucht blieb Eggenfelden für jüdische Familien auch danach unattraktiv: 1875 wurde nur ein einziger jüdischer Einwohner verzeichnet, bis 1910 stieg die Zahl auf 12 Personen an. Sie bildeten jedoch keinen Minjan, sondern wurden von der IKG Straubing bzw. dem Distriktsrabbinat Regensburg betreut und nutzten (wohl nur zu hohen Fest- und Feiertagen) auch deren Einrichtungen. Eine Wochentags-Synagoge bzw. ein Betzimmer in einem Privathaus ist denkbar, aber nicht belegt. Zu Beginn der NS-Herrschaft lebte wiederum kein Jude mehr in Eggenfelden selbst. Allerdings wurden Hedwig de Groot (1900-1943) aus Arnstorf und Günter Holz aus Jägerndorf, beides zu Eggenfelden gehörig, deportiert und im Konzentrationslager Theresienstadt ermordet.

Nach der Befreiung der Arbeits- und Todeslager richteten die US-Armee und das "Regional-Komitee der befreiten Juden in Niederbayern-Oberpfalz" mit Sitz in Regensburg auch in Eggenfelden eine Sammelstelle für befreite jüdische Displaced Persons (DPs) ein. Für sie wurden private Wohnungen im Stadtgebiet mitsamt der Einrichtung und allem Hausrat beschlagnahmt. Die erste Requirierung traf das Gasthaus Krininger (heute Marienapotheke, Stadtplatz 29), wo die UNRRA eine Dienststelle unter dem US-Amerikaner Capt. Jackson einrichtete. Die UNRRA beanspruchte auch das RAD-Außenlager und die beiden Schulhäuser. 1946 waren fast alle Gasthäuser der kleinen Stadt von den verschiedenen Einrichtungen belegt. Für das jüdische Komitee entstanden zwei Gemeindezentren: Die Verwaltung und das soziale Zentrum mit einer Betstube befand sich im Moser'schen Gasthof-Hotel Bayerischer Hof, einem ehemaligen "NS-Heim" (Stadtplatz 20). Die JRSO legte eine Zweigstelle in das Privathaus Dr. Schmitt (Stadtplatz 10), mit Büros, Wohnräumen und einem weiteren Betraum mit "Klagemauer" (Zitat Josef Haushofer). Mit Unterstützung der UNRRA verwaltete sich die DP-Gemeinde unter dem gewählten Vorständen Chaim Diamant und Noah Friedländer mehr oder weniger selbst. Sie unterhielt eine koschere Küche für die streng orthodoxen Mitglieder, einen Kindergarten, eine Volksschule und eine Berufsschule. In dieser bereiteten sich die DPs auf ein neues Leben in Palästina oder anderen Ländern vor. Als die DP-Gemeinde Eggenfelden im Dezember 1945 gegründet wurde, bestand sie 281 Personen. Ihren Höchststand erreichte sie im September 1947 mit 756 Personen. Nach der Gründung des Staats Israel im Mai 1948 wanderten nach und nach alle DPs aus Eggenfelden ab, wohl im Jahr 1951 wurde die Gemeinde endgültig aufgelöst.

Zum Jubiläumsjahr "1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland" Deutschland widmete sich im Alten Rathaus eine Sonderausstellung zur jüdischen Kultur im Allgemeinen und zur jüdischen Geschichte Eggenfeldens anhand biographischer Porträts.


Persönlicher Dank geht an Hans-Peter Luibl, Ortsheimatpfleger Eggenfelden, für die freundliche Unterstützung.

(Patrick Charell)

Bevölkerung 1910

Literatur

  • Josef Haushofer: Geschichte von Eggenfelden. 3. verb. u. erw. Aufl. Eggenfelden 2002, S. 244f.
  • Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation. 2. Aufl. München 1992 (= Bayerische Landeszentrale für politische Bildung A85), S. 338.
  • K. statistisches Landesamt: Gemeindeverzeichnis für das Königreich Bayern. Nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und dem Gebietsstand von 1911. München 1911 (= Hefte zur Statistik des Königreichs Bayern 84), S. 48.
  • Urkunde (8. März 1451): Sabel [Samuel], Jude in Eggenfelden [siehe VN 14, 317], und seine Hausfrau verkaufen an Heinrich den Cocher und seine Hausfrau 3 Gulden 10 Pf. Ewiggeld [jährlich] zum St. Georgstag, die sie in der Judengasse zu Eggenfelden im Bannmarkt hatten, nämlich 40 Kreuzer in des Rottaler Haus, 40 Kreuzer im Haus neben jenem des Juden Eysack [VN 14, 317], 20 Kreuzer im Haus an der Ringmauer neben jenem des Jörg Mausser. Der Kauf wurde bereits 1450 beschlossen, konnte aber nicht rechtskräftig werden, weil die Juden "in fänchknüß chömen sein". Der Vertrag wurde dann auf Druck des Herzogs vom Rat der Stadt Eggenfelden urkundlich festgelegt. S: Markt Eggenfelden. SBZ: Kaspar Ödhofer, Jörg Amtmann zu Eggenfelden, Konrad Obermair zu Gern. Original, Pergament, Siegel (Stadtarchiv Eggenfelden, VN 14, 319).
  • Urkunde (24. August 1446): Hans Chunrade, Bürger von Eggenfelden, Eysack [Isaak], Jude daselbst, Eysack [Isaak], Jud gesessen zu Landshut, weiland zu Landau und Eggenfelden, bekennen, dass sie jährlich am St. Georgstag 20 Pf. "aus Joseppen des Juden Haus", 40 Pf. aus Eysack des Juden Haus in der Schergengasse, 40 Pf. aus des Rottaler Haus im Bannmarkt Eggenfelden, die sie mit Sambel [Samuel?] dem Juden zu Eggenfelden gerichtlich eingeklagt haben, nun für eine Gegenleistung dem Juden Sambel überlassen haben. S: Ott der Ruestarffer zu Kiriberg. SBZ: Georg Lechner, Peter Virhär (Bürger von Eggenfelden), Martin Päsel, Bürger daselbst. Original, Pergament, Siegel fehlt (Stadtarchiv Eggenfelden, VN 14, 317).
  • Urkunde (12. März 1443): Hans Krömel, Bürger von Eggenfelden, und seine Hausfrau [Ehefrau] Elsbeth verkaufen an den Joseppen [Joseph], Jude in Eggenfelden, Haus und Hof und den Baumgarten daran, zwischen den Häusern des Wenzel Strohagkker und des Ulrich Pinter in der Vi[e]chgassen, vor dem "ponmarkt" Eggenfelden gelegen. S: Hans Rüether zu Taufkirchen. SBZ: Hans Trüebsweter, Peter Virhär (Bürger von Eggenfelden), Thoman [Gölderl?) zu Gern. Original, Pergament, Siegel fehlt (Stadtarchiv Eggenfelden, VN 14, 314).