Jüdisches Leben
in Bayern

Ebelsbach Gemeinde

Jüdische Präsenz in Ebelsbach ist erstmals 1595 belegt, als der Schutzjude Joseph als Mieter eines Hauses nachgewiesen ist, welches den Rittern Fuchs von Bimbach gehörte.1655 wird ein Schutzjude namens Schlamb erwähnt, der mit Leinen und gelegentlich auch mit Vieh handelte. Nach der Gemeindebildung, die wohl in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erfolgte, wuchs die Zahl der Juden erheblich. Ein eigener jüdischer Lehrer im Ort gab es seit 1733. 15 Jahre später waren bereits 25 jüdische Haushalte ansässig, von denen 15 der Familie Rotenhan und je fünf den Fuchs von Bimbach und dem Hochstift Würzburg unterstanden. Während das Gemeindehaus dem Schloss gegenüber lag, waren im nördlich angrenzenden Anwesen eine Lehrerwohnung und die Schule untergebracht.

1817 schrieben sich in die bayerische Judenmatrikel 26 jüdische Ebelsbacher Haushalte ein, zu denen 121 Personen gehörten, die zumeist von Vieh- und Kleinhandel mit verschiedenen Alltagsgütern wie dem Verkauf von Textilien lebten. Zwischen 1822 und 1825 ließen sich auch zwei jüdische Metzger und ein jüdischer Gold- und Silberschmied in Ebelsbach nieder. 1847 bestand der "Judenhof" aus einer U-förmigen Anlage, die der Ebelsbach im Osten begrenzte. Zur Baugruppe gehörten in dieser Zeit außerdem ein kleinerer Satteldachbau, wo auch das Vieh geschächtet wurde, ein Ökonomiegebäude, ein zweigeschossiger Mansardendachbau und mehrere eingeschossige Satteldachhäuser.

1851 konstatierte das Landgericht, dass im Vergleich mit 1813 die Zahl der Juden, die ordentlichem Handel, einem Gewerbe und einem Handwerk gingen, erheblich zugenommen habe. Zu diesem Zeitpunkt lebten 162 Juden in 32 Familien in Ebelsbach. Die Gemeinde gehörte zum Distriktsrabbinat Schweinfurt, die Toten wurden im jüdischen Friedhof in Limbach beigesetzt.  Ab 1835 hielt Gumpert Fried, der die hierfür notwendige staatliche Prüfung absolviert hatte, den jüdischen Unterricht in Ebelsbach, wo er mindestens bis 1857 auch als Kantor wirkte. 1859 trat Felix Goldschmidt Frieds Nachfolge als Religionslehrer und Kantor in Ebelsbach an, wo er bis zu seinem Tod 1872 wirkte. Auf ihn folgte Levi Wolfromm, der über vier Jahrzehnte, von 1872 bis mindestens 1915, als Religionslehrer und Kantor tätig war.

Nach der Aufhebung des bayerischen Judenedikts 1861 verließen zahlreiche Mitglieder der jüdischen Gemeinde Ebelsbach und ließen sich in Städten nieder, da sie sich dort bessere private und berufliche Chancen erhofften. Vor Ort engagierte sich Wolf Nathan Hellmann, der zwischen 1865 und 1875 mehrmals in den Gemeinderat gewählt worden war. Dies spricht für ein harmonisches Verhältnis zwischen Juden und Christen im Ort. 

Im Ersten Weltkrieg kämpften Salomon Gerstner, Sigmund Rosenbacher und Siegfried Silbermann auf der deutschen Seite. Die Ebelsbacher Juden engagierten sich vor Ort auch bürgerschaftlich. Beispielsweise bekleidet Nathan Fleischmann temporär das Amt des Zweiten Bürgermeisters der Gemeinde, und Sigmund Rosenbacher war Mitglied des Gemeinderats. Bereits am 1. April 1933 blockierten SA-Männer das von Leo Fleischmann und seinem Bruder Nathan betriebene Viehhandelsgeschäft. Auch der Ebelsbacher Gemeinderat positionierte sich antisemitisch und erließ zahlreiche antijüdische Verfügungen. So entzog er am 9. Mai 1937 den jüdischen Haushalten die Holzrechte und versuchte im selben Jahr auch die Geschäftsbeziehungen zwischen Juden und Nichtjuden zu unterbinden, da Handwerker und Lieferanten, die auch weiterhin mit Juden Geschäfte machten, keine Aufträge von der Kommune mehr erhielten.

Aufgrund der zunehmenden Bedrohung entschieden sich zahlreiche jüdische Ebelsbacher für die Auswanderung, so dass am 1. Dezember 1938 nur noch zwei Juden im Dorf lebten. Zu den Emigranten gehörte Nathan Fleischmann. Der vormalige Zweite Bürgermeister wurde mit seiner Familie schließlich 1942 aus dem niederländischen Exil über das Sammellager Westerbork nach Bergen-Belsen und dann noch Theresienstadt deportiert, wo er am 26. Mai 1944 starb. Auch Fleischmanns Frau Ida und sein Sohn Siegfried fielen der Schoa wie die in Ebelsbach geborene und 1942 aus Bamberg über Nürnberg und Izbica nach Sobibor verschleppte und dort ermordete Getti Löwentritt zum Opfer. Am 16. April 1944 lebten in Ebelsbach keine Juden mehr.  

Wie die Synagoge wurde auch das ehemalige Gemeindehaus abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Seit 1996 erinnert am "Judenhof" ein Gedenkstein an die ehemalige jüdische Gemeinde, ihre Institutionen und die Auswanderung der Juden während der NS-Zeit. Mit einem Koffer beteiligt sich auch Ebelsbach an der dezentralen Gedenkstätte DenkOrt Deportationen in Würzburg.


(Stefan W. Römmelt)

Bilder

Bevölkerung 1910

Literatur

  • Axel Töllner / Hans-Christof Haas: Ebelsbach. In: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken Teilband 2.1. Erarbeitet von Cornelia Berger-Dittscheid, Gerhard Gronauer, Hans-Christof Haas, Hans Schlumberger und Axel Töllner unter Mitarbeit von Hans-Jürgen Beck, Hans-Christoph Dittscheid, Johannes Sander und Elmar Schwinger, mit Beiträgen von Andreas Angerstorfer und Rotraud Ries. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 461-470.
  • Theodor Harburger: Die Inventarisation jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern, hg. von den Central Archives for the History of the Jewish People, Jerusalem, und dem Jüdischen Museum Franken – Fürth & Schnaittach, Bd. 2. Fürth 1998, S. 167-170.
  • K. statistisches Landesamt: Gemeindeverzeichnis für das Königreich Bayern. Nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und dem Gebietsstand von 1911. München 1911 (= Hefte zur Statistik des Königreichs Bayern 84), S. 220.