Jüdisches Leben
in Bayern

Wittelshofen Synagoge

Eine Synagoge, die vermutlich zu Beginn des 18. Jahrhunderts erbaut wurde, stand bei der ersten statistischen Erhebung im Jahr 1811 auf dem Anwesen Nr. 88 (heute Postweg 2 und 6). Vor dem Abbruch im 19. Jahrhundert wurde von Baumeister Göbel eine Bauaufnahme erstellt, die Rückschlüsse auf die Architektur ermöglicht. Das Gotteshaus ähnelte eher einem einfachen Wohngebäude, hatte aber ein außergewöhnlich hohes Satteldach. Lediglich an der Ostseite wies eine auskragende Toranische und die etwas höher gezogenen Fensterjoche im Betsaal wiesen von außen auf seine sakrale Funktion hin. Direkt vor dem Toraschrein stand eine achteckige Bima. Im Norden, der Hauptfassade des Gebäudes, lagen die separaten Eingänge für Männer und Frauen – der Männereingang war durch ein Okulus über dem Türrahmen etwas hervorgehoben. Die Frauenempore schloss sich im Erdgeschoss westlich an, abgetrennt durch ein Holzgitter. Ein halbrundes Tonnengewölbe schloss den Betsaal nach oben hin ab. Laut einer Notiz in der „Allgemeinen Zeitung des Judentums“ von 1842 befand sich in der Synagoge bereits seit der ersten Hälfte des 18. Jahrhundert ein Stand aus dem ehemaligen jüdischen Gotteshaus von Monheim. Ein Flüchtling aus der 1741 aufgelösten Gemeinde soll ihn als einziges Andenken mit nach Wittelshofen gebracht haben. 

Die Bausubstanz der barocken Synagoge wurde 1839 von den Behörden als marode und gefährlich eingestuft. Nach einigem hin und her ordnete das Landgericht Dinkelsbühl einen Neubau an, dem jedoch von Anfang an sehr enge finanzielle Grenzen gesetzt waren: Nur jeder zehnte der 40 Hausväter konnte etwas zum Vorhaben beisteuern. Daher erlaubten die Behörden den Wittelshofener Juden eine Kollekte, außerdem wurde ein Kredit von 1.600 Gulden aufgenommen. Bis 1842 zogen sich die Planungen hin, dann wurde am 19. August nach einem Entwurf des Zimmermeisters A. Danner aus Dorfkemathen bei Langfurth mit dem Bau begonnen.

Der Neubau wurde auf dem Standort der alten Synagoge ausgeführt. Ursprünglich wollte man drei der Grundmauern des Vorgängers übernehmen, diese erwiesen sich jedoch als zu Schwach. Die neue Synagoge bot Platz für 60 Männerplätze und 48 Sitzen für die Frauen im Obergeschoss. Entsprechend der neuen mittelfränkischen Synagogenordnung wurden feste Sitzbänke (Subsellien) installiert. Die Männer betraten den Betsaal durch eine schmale Vorhalle im Westen, wo sich auch ein kleiner Reinigungsbrunnen befand, die Frauen hatten an der westlichen Schmalseite einen separaten Eingang, der direkt zum Treppenhaus führte. Direkt unter der Frauenabteilung waren Wohnräume vorgesehen. Durch hufeisenförmige Backstein-Bögen hatte das Gotteshaus ein betont orientalisches Gepräge, was den Vorgaben des königlichen Baukunstausschusses in München entsprach. Auch der prächtig gestaltete Toraschrein war orientalisch im Stil und wurde von zwei gemalten Löwen mit den mosaischen Gesetzestafeln bekrönt.

Nach teils nervenaufreibenden Bauarbeiten wurde die neue Synagoge Wittelshofen am 8. Juli 1844 eingeweiht. 1939 befahl der NS-Bürgermeister Friedrich Tremel den Abriss der Synagoge, die bis zuletzt im Besitz des VBIG geblieben war. Die Steine fanden beim Straßenbau Verwendung, das Holz wurde versteigert. Auf dem Grundstück befinden sich heute eine Scheune und eine Garage.


(Patrick Charell)

Literatur

  • Eberhardt, Barbara / Berger-Dittscheid, Cornelia: Wittelshofen, in: Wolfgang Kraus, Berndt Hamm, Meier Schwarz (Hrsg.): Mehr als Steine... Synagogen-Gedenkband Bayern, Band 2: Mittelfranken. Erarbeitet von Barbara Eberhardt, Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Angela Hager unter Mitarbeit von Frank Purrmann und Axel Töllner mit einem Beitrag von Katrin Keßler, Lindenberg i. Allgäu 2010, S. 757-770
  • Harburger, Theodor: Die Inventarisation jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern, hg. von den Central Archives for the History of the Jewish People, Jerusalem, und dem Jüdischen Museum Franken – Fürth & Schnaittach., 3 Bde., Fürth 1998, Bd. 3, S. 786