Jüdisches Leben
in Bayern

Leutershausen Synagoge

Erstmals 1663 wird in Gerichtsakten ein jüdisches Gotteshaus („Schuel“) erwähnt. Der Standort ist jedoch unbekannt.

Nachdem ein Jude namens Abraham 1686 einen Teil des am Marktplatz gelegenen Hauses Nr. 70 erworben hatte (Am Markt 29), wurde die Leutershausener Synagoge in das Rückgebäude dieses Anwesens verlegt.

Im Jahr 1711 kauften die Brüder Itzig und Samuel von einem dritten Bruder die Hälfte des Wohnhauses Nr. 36 (Untere Marktgasse 6). Zwei Jahre später ging sie in den Besitz der israelitischen Kultusgemeinde über und wurde 1719 zu einer ewigen Stiftung umgewandelt. Spätestens in den 1730erm befand sich hier die Synagoge, das Gebäude war aber so marode, dass die Obrigkeit mit einer Zwangsversteigerung drohte. Auch jüdische Gemeindemitglieder beschwerten sich am Stadtgericht und forderten vehement einen Neubau. Wahrscheinlich konnten Reparaturen den Abriss vorerst hinauszögern, denn erst ab 1750 belegen die Quellen konkrete Baupläne.  

Mit Bewilligung vom 4. Januar 1751 wurde 1755 ein neues jüdisches Gotteshaus anstelle des Vorgängers auf dem gleichen Baugrund errichtet, direkt neben der Stadtmauer südlich der markgräflichen Zehntscheune. Das dreigeschossige, äußerlich recht unauffällige Gebäude mit Krüppelwalmdach unterschied sich kaum von den umliegenden Bürgerhäusern. Der Betsaal im südöstlichen Gebäudeteil war der berühmten Ansbacher Synagoge des Hofbaumeisters Leopold Retty (1704-1751) nachempfunden, sowohl in seiner Form wie auch in der klassizistischen Ausstattung. Sogar das senkrechte, in das Gewölbe geschnittene Misrachfenster wurde von Ansbach übernommen, obwohl in Leutershausen dafür gar keine bauliche Notwendigkeit bestanden hatte.

Zur Synagoge gehörte nach Angaben von 1833 ein kleiner Garten, ein Hofraum und ein Nebengebäude. Ein Ritualbad lag im Keller des Anwesens. Diese Mikwe war jedoch 1828, als der Staat anlässlich neuer Hygienevorschriften alle Mikwen überprüfen ließ, bereits seit Jahrzehnten außer Gebrauch und verfallen. Die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse waren wohl der Grund, warum in den 1830er Jahren notwendige Reparaturen unterblieben und die Bausubstanz weiter verfiel. Auch die 1833/34 neu eingebaute Warmwassermikwe wies technische Mängel auf, die man nicht ohne weiteres beheben konnte.

Erst als die Behörden 1841 auf die Umsetzung der Mittelfränkischen Synagogenordnung drangen und den Einbau von Sitzbänken anstelle der alten Stehpulte verlangten, geriet die Gemeinde unter Zugzwang. Mit Spenden und Kollekten wurde mühsam das Geld gesammelt, um das Dach neu zu decken, Fensterstöcke zu erneuern, den Fußboden höher zu legen und die Subsellien anzuschaffen. Wann diese Renovierung abgeschlossen war, bleibt jedoch unklar.

Nach der Vertreibung der Kultusgemeinde am 16. Oktober 1938 „kaufte“ die Stadtgemeinde das Synagogengebäude zusammen mit anderen jüdischen Grundstücken am 10. November für insgesamt 500 Reichsmark. 1941/42 wurde aus dem Gebäude einen Pferdestall für einquartierte österreichische Truppen, nach Kriegsende kamen dort „fliegergeschädigte Familien“ unter. Im Jahr 1955 erwarb eine Privatperson das von der JRSO entlassene Gebäude und ließ es renovieren. Heute dürften nur noch die Außenmauern eine originale Bausubstanz aufweisen.


(Patrick Charell)

Bilder

Adresse / Wegbeschreibung

Untere Marktgasse 6, 91578 Leutershausen

Literatur

  • Barbara Eberhardt / Frank Purrmann: Leutershausen. In: Wolfgang Kraus, Berndt Hamm, Meier Schwarz (Hg.): Mehr als Steine... Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. 2: Mittelfranken. Erarbeitet von Barbara Eberhardt, Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Angela Hager unter Mitarbeit von Frank Purrmann und Axel Töllner mit einem Beitrag von Katrin Keßler. Lindenberg im Allgäu 2010, S. 404-415.
  • Theodor Harburger: Die Inventarisation jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern, hg. von den Central Archives for the History of the Jewish People, Jerusalem, und dem Jüdischen Museum Franken – Fürth & Schnaittach, Bd. 2. Fürth 1998, S. 379.