Vom 17. Jahrhundert bis Mitte des 18. Jahrhunderts versammelten sich die Lendershauser Jüdinnen und Juden in einem Betraum, der in einem der privaten jüdischen Häuser des „Judenhofs“ eingerichtet war. Standort und Ausstattung sind nicht bekannt. Mitte des 18. Jahrhunderts errichtete die jüdische Gemeinde eine frei stehende Synagoge am Südostrand des Siedlungskerns, etwas zurückgesetzt von der Hauptstraße, die nach Hofheim führt (heute Synagogenweg 1). Das genaue Datum stand auf einem Messingleuchter, den Theodor Harburger in den 1920er Jahren erfasste. Leider ist die Schrift schwer lesbar und könnte entweder 1748/49 oder 1764/75 lauten. Angesichts der zwölf namentlich genannten Stifter (darunter ein Vorsänger Hirsch) ist letzteres Datum aber wahrscheinlicher. Aus dieser ersten Synagoge stammen Ritualgegenstände und mehrarmige Messingleuchter, die zum Teil in den Nachfolgerbauten von Lendershausen und Hofheim weiterverwendet wurden. Im Jahr 1997 erhielt das Jüdische Museum Franken von Kurt Arnold ein sechsarmiger Kronleuchter aus Messing zum Geschenk (Inv.Nr. 208). Der Leuchter mit ornamentalen Doppeladler stammt aus der Mitte 18. Jahrhunderts, also der Zeit der Erbauung, und wurde nach dem Verkauf der Synagoge 1933 in einem jüdischen Privathaushalt in Nürnberg weitergenutzt.
In den 1830 erwies sich die Lendershauser Synagoge als zunehmend baufällig, zuletzt sogar einsturzgefährdet. Eingefügte Stützpfähle konnten da nur eine notdürftige Übergangslösung sein. Durch eine landesweite Kollekte kam anfangs nicht genug Kapital zusammen, doch eine umfassende Renovierung war angesichts der verfallenen Baumasse gar nicht mehr möglich. So entstand bis 1836 an gleicher Stelle ein kompletter Neubau. Es handelte sich (erneut?) um einen reinen religiösen Versammlungsraum, der nur den Betsaal enthielt. Seine Ausstattung wurde größtenteils aus dem Vorgängerbau übernommen, Sitzbänke nach neuer Synagogenordnung (Subsellien) und die Bima entstanden allerdings für den Neubau. Das längsrechteckige Gebäude war mit der Schmalseite geostet und hatte ein Walmdach. Der architektonisch schlicht gehaltene Betsaal wurde wie vorher auch von einem Tonnengewölbe überspannt. An der Ostwand über dem barocken Toraschrein stand der hebräische Psalm 100,4: „Gehet zu seinen Toren ein mit Danken, zu seinen Vorhöfen mit Loben“. Die exakte Aufteilung der Synagoge ist nicht überliefert, sie wird aber dem üblichen Schema fränkischer Landgemeinden entsprochen haben. Im Herbst 1933 wurde das Gotteshaus an eine Privatperson verkauft, die Ritualien kamen in die neue Synagoge nach Hofheim und zerstreuten sich nach dem Novemberpogrom 1938. Die Synagoge ist heute ein Wohnhaus, aber in seiner Bausubstanz größtenteils erhalten.
(Patrick Charell)
Bilder
Adresse / Wegbeschreibung
Synagogenweg, 97461 Lendershausen/Hofheim
Literatur
- Axel Töllner / Hans-Christof Haas: Lendershausen-Hofheim. In: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken Teilband 2.1. Erarbeitet von Cornelia Berger-Dittscheid, Gerhard Gronauer, Hans-Christof Haas, Hans Schlumberger und Axel Töllner unter Mitarbeit von Hans-Jürgen Beck, Hans-Christoph Dittscheid, Johannes Sander und Elmar Schwinger, mit Beiträgen von Andreas Angerstorfer und Rotraud Ries. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 514-527.
- Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation. 2. Aufl. München 1992 (= Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit A85), S. 93.