Jüdisches Leben
in Bayern

Pottenstein Gemeinde

Anders als im heutigen Ortsteil Tüchersfeld gab es in Pottenstein nie eine jüdische Gemeinschaft, die sich archivalisch nachweisen ließe. Allerdings existierte im Ort vom 12. Oktober 1942 bis zum 16. April 1945 ein Außenlager des Konzentrationslagers Flossenbürg, in dem 746 Häftlinge einquartiert wurden. Der größte Teil von ihnen stammte aus Polen und der Sowjetunion, es gab aber auch deutsche und tschechische Gefangene, darunter einige Juden. Sie mussten für die 1942 formierte SS-Karstwehr verrichten, die speziell für Regionen mit Höhlen und Schluchten ausgebildet wurde. Ihr Bataillionslager für 600 Rekruten lag auf der nahen Bernitz-Hochebene. Die Häftlinge wurden im Straßenbau eingesetzt, mussten einen Stausee als Wasserübungsstrecke anlegen – den heutigen Schöngrundsee – und erschlossen die nahe gelegene Teufelshöhle. Auch der Parkplatz vor der Höhle wurde von Häftlingen aufgeschüttet und planiert. Zunächst quartierte man sie in einer Jugendherberge in Mariental ein, ab Frühjahr 1943 in der Scheune des Brauereibesitzers Mager („Mager-Scheune“) in Pottenstein. Am 16. April 1945 befreiten das 48. US-Panzerbatallion Pottenstein.

Bereits im April 1945 wurden sieben befreite jüdische DPs aus Polen von der US-Armee nach der Befreiung des KZ-Außenlagers in Pottenstein untergebracht. Im Juni waren es bereits 25 Überlebende der Shoah. Sie schlossen sich unter der Leitung von Viktor Klein, Fiszl Redlic und David Minkowski das erste jüdische Komitee im Landkreis mit Sitz in Pottenstein. Im August wurde in Bayreuth ein Informationsbüro gegründet, aus dem sich eine zentrale Anlaufstelle für die aus dem Osten ankommenden jüdischen DPs entwickelte. Weil der verfügbare Wohnraum nicht ausreichte, musste die jüdische Selbstverwaltung im Herbst weitere Neuankömmlinge andernorts unterbringen, unter anderem in Pottenstein, und als auch dort der Platz nicht mehr ausreichte, sie nach Pegnitz weiterzuleiten. Die bis März 1946 noch zusammengelegte "DP-Community Pegnitz-Pottenstein" wuchs schnell an und erreichte für Pottenstein im Juli 1946 mit 110 Personen ihre Höchstzahl - damit hatte die DP-Gemeinde Pottenstein aber auch das Maximum der möglichen Kapazitäten erreicht.

Nachdem die Pottensteiner DPs ihr Komitee aufgebaut und Hilfestellung bei der Gründung weiterer jüdischer Gemeinschaften im Landkreis gegeben hatten, entwickelte sich rasch ein abwechslungsreiches jüdisches Leben in der ehemaligen KZ-Stadt. Unter der Führung des örtlichen US-Gouverneurs versammelten sich am 16. April 1946 Juden aus dem gesamten damaligen Landkreis Pegnitz und zogen in einem Trauerzug vor das ehemalige KZ-Außenlager in der Magerscheune. Neben Trainings-Kibbuzim in der Umgebung gab es dort eine kleine Krankenstation, die Pottenstein und Pegnitz mitversorgte. Das Komitee Pottenstein gründete am 11. August den zionistischen Verein "Achida" und den Fußballclub (Macabi Pottenstein), der in der Rayon Liga Franken spielte. Bis Anfang 1948 lässt sich das Jüdische Komitee Pottenstein nachweisen. Die meisten der Lagerinsassen wanderten nach der Gründung des Staates Israel im Mai 1948 in das Heilige Land aus, andere in die USA. Daher konnte sich die DP-Außengemeinde Pottenstein bis 1950 auflösen. Die letzten Juden verließen im Sommer 1950 die Kleinstadt, wobei Gründungsmitglied David Minkowski in Franken blieb. Er Kaufmann führte nach dem Krieg ein Ladengeschäft in der Gemeinde und wohnte einige Jahre in Pottenstein, bis er in das benachbarte Pegnitz zog.

Die Stadt Pottenstein tat sich viele Jahre lang schwer, mit der Aufarbeitung ihrer braunen Vergangenheit. Bis 1987 fanden Reservistentreffen der SS-Einheit in dem Ort statt. Dem SS-Standartenführer Hans Brand wurde sein Engagement für die Stadt durch eine Bronzetafel am Eingang der Teufelshöhle und der Benennung einer Straße nach ihm gedankt. Bis heute ist die Tropfsteinhöhle eine beworbene Touristenattraktion. Nach großem öffentlichen und medialen Druck ließ die Gemeindeverwaltung 1995 auf dem Pottensteiner Friedhof eine Gedenktafel für die Häftlinge des KZ-Außenlagers anbringen. Der Dr.-Hans-Brand-Ring wurde 2001 umbenannt und die Tafel am Höhleneingang gestohlen. 2013 fand in Pottenstein eine große Gedenkveranstaltung vom "Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen" statt. Seit längerem gibt es Pläne zur Einrichtung einer Erinnerungs- und Informationsstätte in der Magerscheune.

Literatur

  • Peter Engelbrecht, Touristenidylle und KZ-Grauen. Vergangenheitsbewältigung in Pottenstein, Wiesbaden 1997.
  • Jim G. Tobias: Vorübergehende Heimat im Land der Täter. Jüdische DP-Camps in Franken 1945-1949. Nürnberg 2002, S. 155, 158-160.