Jüdisches Leben
in Bayern

Egloffstein Gemeinde

Die ersten Spuren von jüdischen Familien in Egloffstein gehen auf ein Salbuch des Jahres 1727 zurück, in dem ihre Verpflichtung zur Bezahlung von Stolgebühren an den Ortspfarrer festgehalten wird. Sie standen unter dem Schutz der reichsunmittelbaren Freiherren von Egloffstein. Die jüdische Gemeinde blieb relativ klein, archivalische Spuren sind recht spärlich gesät. Die Matrikellisten der 1820er Jahre weisen sieben Stellen aus, noch 1834 umfasste die Kultusgemeinde nur 30 Personen bei einer Gesamtbevölkerungszahl von 541 Personen. Die Matrikel aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts weisen eine Handelstätigkeit in Egloffstein und Umgebung mit Altkleidern, Schnittwaren, Eisenwaren und Viehhandel nach.


An jüdischen Familien bzw. gewerbetreibenden Einzelpersonen werden 1822 genannt: Loeb Isaak Teufel, (1767 geboren, seit 1793 Schutzstatus, Handel mit Altkleidern, Not- und Schacherhandel), Loeb Salomon Kohnfeld (Schnittwarenhandel), Moses Salomon Kohnfeld (Spezerei- und Schnittwarenhandel), Moses Joseph Mühlhauser (Kram-/Spezereiladen), Lea Rauh (lebte von Handarbeiten, Stricken und Nähen), Abraham Selig Rauh (Handel mit Geißen), Charlotte Steinberger (Handel mit Schnittwaren und alten Kleidern), Moses Abraham Steinberger (Schmusen auf Viehmärkten, Handel mit alten Kleidern und Schnittwaren), Jette Tregner (Handel mit Schnittwaren), Moritz Kohnfelder (Handel mit Landesprodukten), Moses Abraham Steinhard (Vieh- und Schnittwarenhausierhandel). Die Einkommensverhälltnisse dürften allerdings sehr beschränkt gewesen sein. Eine zeitgenössische Quelle gibt an, dass sich vom Handel eine Familie nicht ernähren könne.

Die schlechte finanzielle Situation wirkte sich natürlich auch auf die Gemeinde aus. 1852 war die Zahl schon auf 17 jüdische Gemeindemitglieder gesunken. In einem Privathaus wurde ein Raum sowohl für schulische Zwecke als auch als Betsaal genutzt. Eine Mikwe wird im oberen Teil des Orts im Haus Nr. 44 vermutet. Ihre Toten begruben die Egloffsteiner Juden auf dem Verbundfriedhof in Pretzfeld, später auch in Hagenbach. Spätestens seit 1838 gehörte die Gemeinde zum Distriktrabbinat Hagenbach.

Aufgrund der zurückgehenden Gemeindezahlen kam schon ab 1865 kein Minjan mehr zustande, außerdem gab es keine Schulkinder. Der Vorschlag des Distriktsrabbiners war deshalb, die Gemeinde Egloffstein mit der IKG Wannbach (Ortsteil Pretzfeld) zusammenzulegen. Dies lehnten die Egloffsteiner ab, da die Wegstrecke ihrer Meinung nach einen Gottesdienstbesuch am Schabbat unmöglich machte. Trotzdem kam die Eingliederung 1866 durch einen Regierungsbeschluss zustande. 1890 lebten nur noch zwei Personen jüdischen Glaubens im Ort.

Von den in Egloffstein geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen ist in der NS-Zeit umgekommen: Mathilde Ochs geb. Kohnfelder (geb. 1875 in Egloffstein, später wohnhaft in Eisenach, deportiert über Leipzig am 20. September 1942 in das Ghetto Theresienstadt, dort umgekommen am 5. Mai 1943).   


(Patrick Charell)

Bilder

Bevölkerung 1875

Literatur

  • Klaus Guth: Jüdische Landgemeinden in Oberfranken (1800–1942), ein historisch-topographisches Handbuch. Bamberg 1988 (= Landjudentum in Oberfranken. Geschichte und Volkskultur 1), S. 144-152.
  • Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation. 2. Aufl. München 1992 (= Bayerische Landeszentrale für politische Bildung A85), S. 217.
  • Gesellschaft für Familienforschung in Franken / Staatliche Archive Bayerns (Hg.): Staatsarchiv Bamberg - Die 'Judenmatrikel' 1824-1861 für Oberfranken. Nürnberg 2017. Ggfs. digital (Reihe A: Digitalisierte Quellen, 2 = Staatliche Archive Bayerns, Digitale Medien 4).
  • K. statistisches Bureau: Ergebnisse der Volkszählung im Königreiche Bayern am 1. Dezember 1875 [...]. München 1877 (= Hefte zur Statistik des Königreichs Bayern 36). S. 135.