Der jüdische Friedhof Wallerstein liegt etwa einen Kilometer östlich des Ortes inmitten von Wiesen und Feldern. Er hat eine Fläche von über 10000 qm und ist um 1510 angelegt worden. Ursprünglich waren 900 Grabsteine vorhanden.
Lage: Ca. 1 km östlich des Ortes inmitten von Wiesen und Feldern.
Größe: 10690 qm; relativ großes Friedhofsareal, Eisengittertor mit zwei Davidsternen, Einfriedung durch eine Hainbuchenhecke und Maschendrahtzaun. 1972 wurde das Grundstück um eine weitere Fläche von 1530 qm vergrößert.
Alter: um 1510. Nach der von dem jüdischen Lehrer Stein um 1890 verfassten Gesamtdokumentation des Friedhofs stammten die ältesten noch lesbaren Grabsteine vom Ende des 16. und vom Beginn des 17. Jahrhunderts
Einzugsbereich: Nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) zentraler Begräbnisplatz für die Juden aus der Grafschaft Oettingen, so z.B. aus Oettingen und Hainsfarth.
Beerdigungen: Von ursprünglich 900 Grabsteinen sind heute nur noch etwa 300 erhalten. Die letzte Bestattung fand am 4. Juni 1941 statt. Alle Grabsteine blicken nach Westen, wahrscheinlich eine Folge der Schändungen. In der Mitte des östlichen Friedhofsteiles fällt eine Gruppe von fünf großen Gräbern auf (Rabbiner Marx Michael Kohn und David Weiskopf sowie leibliche Familienmitglieder). Gegenüber dem Eingang stehen die großen Grabstätten des Michael Ries (1815-1878) und seiner Mutter Gala (1787-1831).
Im April 1945 wurde ein unbekannter KZ-Häftling, der auf einem Todesmarsch vom KZ Hessental zum KZ Dachau in Wallerstein ermordet worden war, auf dem Friedhof bestattet.
Besonderheiten: Das Tahara-Haus brannte 1848 ab. Für einen Neubau wurde ein Kostenvoranschlag von 371,40 Gulden eingereicht. Es befand sich links des Eingangs und wurde im Herbst 1974 abgebrochen, nachdem das Dach infolge von Vernachlässigung eingestürzt war.
Schändungen: 1926 sowie zwischen 1933 und 1945. Gegen Ende des Krieges räumte man einen großen Teil der Grabsteine ab und zerschlug sie. Nach Kriegsende wurden die noch auffindbaren und erhaltenen Grabsteine zurückgebracht und wahllos und in Westorientierung auf dem Areal aufgestellt.
Dokumentation: In der epigrafischen Datenbank des Steinheim Institut sind 1031 Grabinschriften seit 1558 bis 1945 aufgenommen. Über Alemannia Judaica ist ein Download der von Rolf Hofmann erarbeiteten Grabsteinliste, eine Aufstellung der Familiennamen und ein Friedhofsplan möglich.
Fotodokumentation „Steinerne Zeugnisse“: Israel Schwierz hat uns großzügigerweise die Originalfotografien zu seiner 1988 erschienenen Dokumentation "Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern" überlassen. Dafür gilt ihm unser großer Dank. Diese Fotografien stellen gerade im Hinblick auf die in vielen Fällen in den letzten 25 Jahren sehr rasch fortgeschrittene Verwitterung der Grabsteine eine wertvolle Quelle dar.
Bilder
Adresse / Wegbeschreibung
Seelengraben (Zum Judenfriedhof), 86757 Wallerstein
Vom Rathaus in der Weinstraße 15 kommend links in die Riegelstraße einbiegen und diese dann bis nach der Unterführung folgen. Unmittelbar danach den mittleren Feldweg ca. 750m geradeaus nehmen. Straßenverlauf folgen, bei der zweiten Abzweigung rechts abbiegen, der von Bäumen umpflanzte Friedhof liegt links.
Literatur
- Constanze Werner (Bearb.): KZ-Friedhöfe und Gedenkstätten in Bayern. „Wenn das neue Geschlecht erkennt, was das alte verschuldet …". Regensburg 2011, S. 241-243.
- Michael Schneeberger: Jüdische Landgemeinden in Bayern (10) – Von Krakau bis Gaza. Die Geschichte der Juden von Wallerstein. In: Jüdisches Leben in Bayern. Mitteilungsblatt des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern 20, Nr. 97 (April 2005), S. 30-39.
- Rolf Hofmann: Der jüdische Friedhof von Wallerstein. Historischer Hintergrund und neueste Forschungsergebnisse. In: Rieser Kulturtage, Dokumentation Bd. XII (1998), S. 139-152.
- Theodor Harburger: Die Inventarisation jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern, hg. von den Central Archives for the History of the Jewish People, Jerusalem, und dem Jüdischen Museum Franken – Fürth & Schnaittach, Bd. 3. Fürth 1998, S. 764f.
- Michael Trüger: Jüdische Friedhöfe in Bayern 1 – Wallerstein. In: Der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern 8, Nr. 57 (März 1993), S. 16.
- Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation. 2. Aufl. München 1992 (= Bayerische Landeszentrale für politische Bildung A85), S. 279f.
Weiterführende Links
- http://www.alemannia-judaica.de/images/HarburgProject/Wallerstein%20Cemetery%20Gravelist%20a.doc
- Aufstellung der Familiennamen (Harburg-Projekt)
- Plan mit Grabsteinnummern (Harburg-Projekt)
- Jüdischer Friedhof Wallerstein (Landesverband Israelitischer Kultusgemeinden in Bayern)
- Jüdischer Friedhof Wallerstein (Alemannia Judaica)
- Jüdischer Friedhof Wallerstein (Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland)
- Friedhof Wallerstein (Jüdische Friedhöfe)
- Wallerstein (Netzwerk Historische Synagogenorte in Bayerisch-Schwaben)
- Wallerstein (Jüdisch Historischer Verein Augsburg)
- Jüdischer Friedhof Wallerstein (Bayerischer Denkmal-Atlas)
- Jüdischer Friedhof Wallerstein (Wikipedia)