Zeitzeugen berichten

Dr. Reinhard Wetter Rechtsanwalt; in den 1960er-Jahren an Protestaktionen der Studentenbewegung beteiligt

Signatur
zz-1644.03
Copyright
Haus der Bayerischen Geschichte (Georg Schmidbauer M.A.)
Referenzjahr
1968

Im hier gezeigten Ausschnitt berichtet Dr. Reinhard Wetter über den gegen ihn geführten Gerichtsprozess vor dem Amtsgericht München und der Jugendkammer des Landgerichts München sowie die folgende Verurteilung zu einer Jugendstrafe von 8 Monaten ohne Bewährung im Jahre 1968.

Dieser Clip ist Teil des folgenden Interviews:

Thematisches Zeitzeugeninterview mit Dr. Reinhard Wetter, aufgenommen am 06.10.2015 in München, über die gesellschaftlichen Konflikte in den 1960er-Jahren, die Hintergründe der Studentenbewegung, die Protestaktionen in München (u.a. Erscheinen in Polizeiuniform in Vorlesungen), seine Anklage, Verurteilung und die Haft in den JVA München-Stadelheim und Ebrach, die Veränderungen der Bewegung im Jahr 1969 und die langfristigen Auswirkungen der Studentenbewegung auf die Bundesrepublik.

Biogramm

Reinhard Wetter wurde 1947 in Wiesbaden geboren und verbrachte dort seine Kinderjahre sowie die Schulzeit. Mitte der 1960er-Jahre entschloss er sich zu einem Studium der Philosophie und Kunstgeschichte, zuerst in Wien und später in München. Er war Mitglied im Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) und nahm an den damaligen Protestaktionen u.a. gegen den Schah-Besuch 1967 teil. Nach einer Protestaktion gegen die Besetzung der LMU München durch Polizeikräfte und anderen Aktionen wurde Reinhard Wetter im Oktober 1968 zu einer Jugendstrafe von acht Monaten verurteilt, die er in der Jugendvollzugsanstalt Ebrach verbrachte. Während dieser Zeit protestierten Mitglieder der APO vor der Strafanstalt für seine Freilassung. Nach der Entlassung publizierte Reinhard Wetter seine Erfahrungen, die er im Gefängnis gemacht hatte, und absolvierte später ein Jura-Studium. Seit 1982 arbeitet er als selbstständiger Rechtsanwalt in München.

Inhalte

Geboren 1947 in Wiesbaden – Stimmung der 1960er-Jahre in Wiesbaden – Beschäftigung mit gesellschaftskritischen Texten ab dem 16. Lebensjahr – Neue Kulturerscheinungen in den 1960er-Jahren – Diskussion um Kriegsdienstverweigerung – Wahl des Studienorts Wien – Studium der Philosophie, Kunstgeschichte und Psychologie in Wien – Kulturbewegung in Wien – politisch links orientierte Kommilitonen – Gruppe des SDS (Sozialistischer Deutscher Studentenbund) in München – Wohngemeinschaft (Kommune) in München – Wechsel an die Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), Studienfächer: Philosophie, Kunstgeschichte und Soziologie – Stimmung an der LMU im Fächerschwerpunkt – Anwerbung zur Mitgliedschaft beim SDS durch Mitbewohner – Zusammensetzung des SDS aus verschiedensten Fraktionen – Rede zur Kandidatur als Vorstand des SDS – Erste Aktionen: jährliche Ostermärsche, Protest gegen Fahrpreiserhöhung, Diskussionen an der Universität – Schah-Besuch in Deutschland 1967 – Auseinandersetzungen bei Demonstrationen zwischen Schlägern des SAVAK (iranischer Geheimdienst) und Zivilbeamten – teach-in an der Universität über Ausweisung eines iranischen Studenten – Hintergründe der Studentenbewegung: Imperialismus, Vietnamkrieg, Bedeutung der USA für die Studentenbewegung in München, Diktatur in Griechenland, Aufarbeitung des Nationalsozialismus, Auseinandersetzung mit Theorien, Hochschulpolitik – Verschiedene Studentenorganisationen – Erste Proteste unter dem Motto: „Unter den Talaren steckt der Muff von tausend Jahren“ 1967 – Konflikte mit dem Vater aufgrund unterschiedlicher politischer Einstellungen, der fehlenden Aufarbeitung der NS-Zeit etc. – Verärgerung unter der Studentenschaft über Überwachung der AStA-Veranstaltungen an der LMU durch Zivilbeamte – Neue Aktionsform der SDS-Gruppe: mit Polizeiuniform vom Kostümverleih bekleidet in Vorlesungen erschienen – Auswahl der Vorlesungen im Rahmen der ‚Polizeiuniform-Aktion‘ – Studierende gegen die SDS-Gruppe – Folgen der ‚Polizeiuniform-Aktion‘: Anzeige wegen Amtsanmaßung, Hausfriedensbruchs, unbeschränktes Hausverbot an der Universität – Aktion im Münchner Amerikahaus gegen Vietnamkrieg, Folge: Anzeige wegen Hausfriedensbruchs – Verteilung von Flugblättern in Münchner Trambahnen gegen Fahrpreiserhöhung, Folge: Anzeige wegen Beförderungserschleichung – Demonstration vor dem griechischen Konsulat gegen Militärjunta in Griechenland, Steinwurf gegen das Gebäude, Folge: Anzeige wegen schweren Landfriedensbruchs – Verurteilung zu einem Jahr Gefängnis ohne Bewährung nach Erwachsenenstrafrecht durch Amtsgericht München im Sommer 1968 – Berufung gegen Gerichtsurteil – Medienwirksame Verhandlung vor der Jugendkammer beim Landgericht München im Oktober 1968 – Verurteilung nach Jugendstrafrecht zu acht Monaten Gefängnis ohne Bewährung – Erklärung des Richters zum Strafmaß – Hintergründe der einmonatigen Inhaftierung in München-Stadelheim – Inhaftierung in der Jugendstrafanstalt Ebrach – Erfahrungen mit Mitgefangenen und Personal – Teilnahme an Veranstaltungen im Gefängnis – Aktionen der APO (Außerparlamentarische Opposition) für eigene Haftentlassung – Erkenntnisse aus Gefängnisaufenthalt – Einstieg in Rechtshilfearbeit aufgrund weiterer vorliegender Anklageschrift – Schriftstellerische, journalistische und sozialwissenschaftliche Tätigkeit – Veränderungen der Studentenbewegung im Jahr 1969 – Studentische Organisationen 1969 – Untergrundorganisationen – Persönliche Prägung durch Studentenbewegung – Erlebnisse der Freiheit – 68er-Bewegung als Aufstand gegen die Väter und intensive theoretische und politische Auseinandersetzung – Neue Demonstrationsformen zur Erlangung der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit – Auswirkungen der Studentenbewegung auf die Bundesrepublik – Beitrag zur Liberalisierung und Demokratisierung – Meinung zum Umgang mit Flüchtlingen und Asylbewerbern heute.

Daten

Art:
Thematisches Zeitzeugeninterview
Dauer:
0:45 h
Aufnahmedatum:
06.10.2015
Sprache:
deutsch
Aufnahmeteam:

Interview: Georg Schmidbauer M.A.

Kamera: Georg Schmidbauer M.A.