Haus der Bayerischen Geschichte (Georg Schmidbauer M.A.)
Im hier gezeigten Ausschnitt berichtet Dr. Alois Kammermeier über einen „Lausbubenstreich“ gegenüber dem „Nazi-Oberbürgermeister“ während seiner Zeit auf der Oberrealschule in Landshut.
Dieser Clip ist Teil des folgenden Interviews:
Lebensgeschichtliches Zeitzeugeninterview mit Dr. Alois Kammermeier, aufgenommen am 16.04.2016 in Ebersbach-Weichs, über seine Kindheit und Jugend, die Erziehungsmethoden während seiner Schulzeit, seinen Einsatz als Luftwaffenhelfer und beim Reichsarbeitsdienst, die Hitlerjugend, die Wahrnehmung der NS-Ideologie in der Gesellschaft, die Bekanntschaft mit Juden, das Konzentrationslager Dachau, den Besuch auf Hitlers „Berghof“ am Obersalzberg, die Kriegsgefangenen in Deutschland, seinen Kriegseinsatz als Soldat in Belgien, das Kriegsende 1945, die Atmosphäre an der Universität München in den ersten Nachkriegsjahren, die Schwarzmarktgeschäfte, die Wahrnehmung der Kriegsverbrechen-Vorwürfe in der Gesellschaft, die Aufbruchsstimmung der Nachkriegszeit und sein Projekt Bauernhofmuseum.
Alois Kammermeier wurde 1926 in Mallersdorf in Niederbayern geboren. Er besuchte die Volksschule in Kläham, die höhere Landwirtschaftsschule in Pfarrkirchen und die Oberrealschule in Landsberg. Als begeisterter Segelflieger wurde er Mitglied der Flieger-HJ. Als Schüler besuchte er 1937 Hitlers „Berghof“ am Obersalzberg, war als Luftwaffenhelfer in Nürnberg eingesetzt, musste ab 1944 im „Reichsarbeitsdienst“ in Lager Lechfeld bei Augsburg dienen und war gegen Ende des Zweiten Weltkriegs als Soldat in Belgien eingesetzt. Nach dem Krieg begann Alois Kammermeier ein Studium der Medizin in München. Er erlebte die schwierigen Studienbedingungen an der LMU sowie die allgemeine Aufbruchsstimmung in der Nachkriegszeit. Später arbeitete er jahrzehntelang als Frauenarzt. Nach Beendigung seiner beruflichen Tätigkeit baute er ab 1990 in Ebersbach-Weichs ein Bauernhofmuseum mit verschiedenen historischen Häusern auf. 2021 ist Alois Kammermeier verstorben.
Inhalte
Geboren 1926 – Prägung durch Geburtshaus (ehemaliges Klostergut, Bauernhaus) – Berufswahl Frauenarzt – Kindheitserinnerung an das „Kinderfräulein“ – Jugend mit vielen Freiheiten – Volksschule in Kläham – Erziehungsmethoden in der Schule und im Elternhaus („Tatzenstock“ und „Watschen“) – Höhere Landwirtschaftsschule in Pfarrkirchen – Der Direktor im Schülerheim („die Zuchtrute Gottes“) – Strafmaßnahmen des Französischlehrers – Zusammenhalt unter Freunden anstatt „psychiatrischer Beratung“ – Umzug zur Großmutter in Landshut – Tod des Großvaters 1912 (königlich-bayerischer Ökonomierat) – Leistungen der Großmutter über die Kriegsjahre des Ersten Weltkriegs – Die Großmutter zwischen Plüschsessel und „Altöttinger Liebfrauenbote“ (katholische Sonntagszeitung) – Kriegsbeginn Zweiter Weltkrieg: als Schüler der siebten Oberrealschulklasse als Luftwaffenhelfer nach Nürnberg – Tagesablauf als Luftwaffenhelfer in Nürnberg – Umgang mit russischen Gefangenen – Reichsarbeitsdienst ab 1944 in Lager Lechfeld bei Augsburg („Kleinrussland“) – Winter in Holzbaracken – Aufräumarbeiten in Augsburg – Konfrontation mit Bombenkrieg und Tod in der Schule in Lechhausen (mit 17 Jahren) – Mitglied der Flieger-HJ (Sondereinheit der Hitlerjugend) – Wahrnehmung der „Nazi-Ideologie“ in der Gesellschaft – Der Vater und die Partei (NSDAP) – Mitgliedschaft bei der HJ – Geländeübungen in Schützengräben als „Pimpf“ im Jungvolk (bis zum 14. Lebensjahr) – Mitglied der Flieger-HJ (ab 14. Lebensjahr) – Fließender Übergang von Flieger-HJ in Nationalsozialistischen Flieger-Korps (NSFK) – Antrag auf Aufnahme zur NSDAP – Fragebogen zum Studienbeginn an der LMU München nach Kriegsende zur Parteimitgliedschaft – Günter Grass und die unterschlagene „nicht mehr vollzogene Aufnahme“ in die NSDAP – Als Trommler beim Durchzug durch Kläham am 01.05.1936 – Keine Breitenwirkung der NS-Ideologie – Ausgrenzung von Nicht-HJ-Mitgliedern – Hintergrund der Judenfeindschaft auf dem Land – Besuche des Juden Kohn (Weinvertreter) auf elterlichem Hof – „Also die waren deutscher als die Deutschen oft.“ – Bekanntschaft mit jüdischer Familie Bloch („Zigaretten-Bloch“, Zigarrengeschäft in München) – Gespräch mit Frau Bloch nach dem Krieg: Schlüsselerlebnis – Reaktionen der Nachkriegsgesellschaft auf die Vorwürfe des Massenmordes an den Juden – Keine Kenntnis von Gewalttaten in Dachau 1935 – Konzentrationslager (KZ) Dachau als „Vorzeigelager“ – Schießstand in Hebertshausen (Ermordung von russischen Politkommissaren) – „Lausbubenstreich“ gegenüber dem „Nazi-Oberbürgermeister“ – 1937 Besuch auf Hitlers „Berghof“ am Obersalzberg – Empfang beim „Führer“ – Veranstaltung in Braunau mit Reichsjugendführer Baldur von Schirach – „Psychologie der Massen“ – Auswirkungen der Inszenierungen der Partei und der Kirche auf kindliches Gemüt – Bedeutung der Medien für Ideologie-Verbreitung („Volksempfänger“) – Einstellung der Familie zum NS-Regime – Onkel Joseph als konsequenter NS-Gegner – Wahlmanipulation – Äußerungen der Eltern über NS-Regime – Kriegsbeginn 1939 – Euphorie durch Anfangserfolge im Krieg – Französische Kriegsgefangene als Mitarbeiter auf dem elterlichen Hof – Todesstrafe bei Unzucht mit Kriegsgefangenen – Kriegsgefangene als „volle Mitglieder der Gesellschaft“ – Als Soldat in Belgien – „Rekrutenschnellausbildung“ in Belgien – Verluste an der Front am Albertkanal – Behandlung des erlittenen Bauchschusses – Kriegsende im Reservelazarett in Landshut – Ankunft der Amerikaner auf elterlichem Hof („gnädiges Kriegsende“) – Atmosphäre an der LMU München in den ersten Nachkriegsjahren – Überfüllung der Hörsäle – Wohnungsnot – Vorteile als „Bauerssöhne“ – Verkehrsverhältnisse in München – Ranghierarchien unter Studenten (Frontkämpfer und Ritterkreuzträger in der ersten Reihe) – Skelettköpfe auf dem Schwarzmarkt – Sezierung von deutschen Kriegsverbrechern – Mord an Putzfrau durch Studenten in der Anatomie aufgrund von Schwarzhandelsgeschäften – Hilfe durch die Amerikaner (Marshall-Hilfe, United Nations Relief and Rehabilitation Administration (UNRRA), Care-Pakete) – Altersunterschied der Studenten an der LMU in München – Ernährungslage und Schwarzmarktgeschäfte – Verpflichtender Ehrendienst für Studenten – Tauschhandel der Bauersleute – Schwarzbrennerei auf elterlichem Hof – „Zigaretten- und Whiskey- und Gin-Währung“ – Wahrnehmung der Kriegsverbrechen-Vorwürfe als Propaganda und Diffamierung der Deutschen – Schmerzliche Wahrheit – Schuldgefühle – Gründe für den Kirchenaustritt („Regimentspfarrer“) – Aufklärung durch die Siegermächte – Aufbruchsstimmung der Nachkriegszeit – „Trümmerfrauen“ – „How so foolish is the world?“ („Wie verrückt ist die Welt?“) – Wachsender Wohlstand („Nachkriegsgewinner“) – Skiurlaub mit Skibrettern aus Eschenholz – Bewältigung von Kriegserfahrungen (Kommilitone mit „Goldener Nahkampfspange“, Militärauszeichnung) – Urlaubsfahrt nach Jugoslawien mit dem Campingwagen – Fünf Wochen durch Italien nach dem Staatsexamen – Liebschaften und Aufklärung – Zustandekommen des Projekts Bauernhofmuseum – Gründung des Taubenhausarchivs – Kauf der Bauruine in Günzenhausen zum Brennholzwert – Mitteilung zum Autobahnbau durch Grundstück in Allach – Grundstückskauf in Ebersbach mit Unterstützung durch Kreisheimatpfleger Angerpointner – Einzug in Bauernhof 1990 – Erweiterung zum Ensemble aus dem 19. Jahrhundert – Besonderheiten der Bauernhöfe im Bauernhofmuseum – Bedeutung des Lindenbaums und der Bauerngärten – Taubenbehausungen – Wasserquelle – Die „dritte Zerstörung der Dörfer“ – Bewahrung der Vergangenheit – Fehlende personelle und finanzielle Unterstützung – Steuerersparnis durch Denkmalschutzgesetz von 1973 – Kritik an Verteilung der Gelder innerhalb des Denkmalschutzes – Persönliches Bild von Bayern – Dialektverständnis – Kritik an der Globalisierung, der Nivellierung der Eigenheit und dem Mangel an Muße – Drei Wünsche: Abschaffung aller Religionsgemeinschaften, Abschaffung aller künstlichen Nationen, Liquidierung aller Vorgärten mit den entsprechenden Zäunen – Meinung zum Umgang mit Flüchtlingen und Asylbewerbern heute.