Im hier gezeigten Ausschnitt berichtet Thomas Matthalm über die Situation am Unfallort am 07.06.2014 in der Riesending-Schachthöhle und die Erstversorgung des Verletzten Johann Westhauser in den ersten 7 Stunden nach dem Unfall.
Dieser Clip ist Teil des folgenden Interviews:
Lebensgeschichtliches Zeitzeugeninterview mit Thomas Matthalm, aufgenommen am 09.11.2016 in Neukirchen, überdie Faszination der Höhlenforschung, den Verband der deutschen Höhlen- und Karstforscher, die Ziele, Aufgaben und Vorgehensweise der Höhlenforschung, die Bedeutung der Höhlen für die Alpen und den Menschen, die Struktur und Anlage der Riesending-Schachthöhle, den Unfallort und -hergang am 07.06.2014, die Verletzungen des Johann Westhauser, die Rettungsaktion in der Riesending-Schachthöhle, den Teamgeist in der Höhlenforschung und das Medieninteresse an der Rettungsaktion.
Biogramm
Thomas Matthalm wurde 1976 geboren. Nach dem Abitur, das er in Sulzbach-Rosenberg absolvierte, studierte er Politikwissenschaften und Unternehmenskommunikation in München und Zürich und war 12 Jahre bei der Unternehmensberatungsgesellschaft Fleishman Hillard tätig. 2012 machte sich Thomas Matthalm als Unternehmensberater selbstständig. Er ist seit 1996 in der Höhlenforschung im Alpenraum aktiv und nimmt regelmäßig an höhlenkundlichen Expeditionen nach Indien, China, Laos und Indonesien teil. Als Höhlenforscher war Thomas Matthalm am 07.06.2014 zusammen mit seinen Kollegen Ulrich Meyer und Johann Westhauser in der Riesending-Schachthöhle bei Berchtesgaden auf einer Erkundungstour unterwegs. Am 08.06.2014 gegen 01:30 Uhr wurde Westhauser in rund 1000 Metern Tiefe bei einem Steinschlag schwer am Kopf verletzt. Dabei erlitt er ein Schädel-Hirn-Trauma. Thomas Matthalm blieb nach der Erstversorgung und Lagerung des Verletzten in der Höhle bei Johann Westhauser, während Ulrich Meyer aufbrach, um Hilfe zu holen. Im Berg bestand weder Funk- noch Handyempfang. Nach zwölf Stunden Aufstieg (etwa sechs Kilometer Wegstrecke) erreichte der alarmierende Begleiter den Höhleneingang und konnte von dort die Rettungsaktion in Gang setzen. In dieser dramatischen und extrem aufwändigen Rettungsaktion, die über mehrere Tage verlief, wurde Johann Westhauser schließlich am 19.06.2014 aus der Höhle gerettet. Insgesamt waren 728 Helfer im Einsatz, davon waren 202 Retter aus fünf Nationen beteiligt.
Inhalte
Geboren 1976 – Höhlenforschung als Hobby – Schullaufbahn in Sulzbach-Rosenberg – Studium der Politikwissenschaften und Unternehmenskommunikation in München und in Zürich, verschiedene Auslandsaufenthalte – Wohnhaft in der Oberpfalz – Ehefrau örtliche Pfarrerin – Große Leidenschaft: Höhlenforschung – Höhlenforschung „die Raumfahrt des kleinen Mannes“ – Aufgaben und Vorgehensweise als Höhlenforscher – 150 Jahre höhlenkundliche Untersuchung und Beobachtung am Untersberg – Untersuchungsgebiete – Organisation Verband der deutschen Höhlen- und Karstforscher – Ziele der Höhlenforschung und des Verbandes – Höhlen als „Archive der Vergangenheit“ – Gesteinsarten der Alpen – Vorkommen von Höhlensystemen in den Alpen – Beispiele für Höhlensysteme in den Alpen – Bedeutung der Höhlensysteme für die Alpen – Leitfrage am Untersberg: Erreichbarkeit des Trink- und Nutzwassers – Schachthöhlen – Forschungsobjekt Riesending – Entstehung von Höhlen – Vergleich der Sicht des Geologen und des Höhlenforschers auf das Objekt – Stockwerkbau einer Höhle – Wasserverlauf in Höhlen – Abbildung von Eis- und Warmzeiten – Schachtzonen an tektonischen Schwachstellen – Kalkhochalpen-Modell – Vorhersagbarkeit der Gangentwicklung – Aufgabe der Radonisotopie – Verletzlichkeit des Trinkwassers – Auswirkungen von Müll- und Kadaverentsorgung in Gebirgsschächten – Namensherkunft der Riesending-Schachthöhle – Entdeckung der Riesending-Schachthöhle durch Forschungsleiter Ulrich Meyer – Erfassung der Höhle – Ausmaß der Riesending-Schachthöhle – Besonderheiten der Riesending-Schachthöhle – Struktur und Anlage der Riesending-Schachthöhle – Von der Schachthöhle zur Canyonhöhle – Bedeutung der Höhle für die Wasserwegsamkeit des Untersbergs – Schacht namens „Schluss mit lustig“ – Forschungsstand zum Beginn der 2000er Jahre: tiefste Höhle Deutschlands – Interesse an der Höhle als Naturraum – „Da unten steht keiner, der klatscht.“ – Grenzen der Vermessungsmöglichkeiten – Hohlraum im Gebirgskörper – Frage der Höhlenentwicklung durch den Dolomitkörper – „Die magische minus Tausend“ der Höhlenforschung im Vergleich zum Achttausender im Alpinismus – Horizontaler Klettersteig – Beschaffenheit der Höhle an der Unfallstelle – Ort des Unfalls in der Höhle – „Der Kraken-Canyon“ – Forschungsfortschritt 2013 – Aktueller Seespiegel am momentanen Höhlenendpunkt – Ziel der Tour vom 07.06.2014 zusammen mit Ulrich Meyer und Johann Westhauser in der Riesending-Schachthöhle – Wandel von Vorbereitungs- und Aufräumtour zur Neuentdeckungstour – Team von 5 Personen – Aufgabenverteilung im Team – Erfolge der Entdeckungstour – Biwak-Ausstattung: „trautes Heim in der Tiefe“ – Unfallort und -hergang – Erste Reaktion – „Das düsterste Kapitel bisher in meinem Leben.“ – Erster Eindruck den Verletzungen zufolge – Lagerung des Verletzten Johann Westhauser – Erfahrung als Mitglieder der Salzburger Höhlenrettung – Aufbruch Ulrich Meyers zum nächsten besetzten Biwak zur Rettungsalarmierung– Ausstattung und Erfahrung zur Erstversorgung des Verletzten – Wassermangel – Umgang mit der Situation allein mit dem Verletzten – Verarbeitung des Geschehenen bis heute – Lagerung des Verletzten – Folgen des Schockzustands beim Verletzten – Erstversorgung des Verletzten – Die ersten 7 Stunden – Ankunft von Florian Schwarz am Unfallort – Erste Diagnose vor Ort – Aufbruch Florian Schwarz zum Wasserholen – Weitere 3 Stunden allein mit dem Verletzten – Anfallphasen des Verletzten – Reanimation und Versorgung des Verletzten – Zentrale Rolle des Florian Schwarz – Persönliche Gefühlslage während der Rettungsaktion – Rekonstruktion der Unfallursache – Einschätzung der Überlebenschance des Verletzten – Wechsel des Auftrags von „Feuerwehrattitüde“ zur „Sterbebegleitung“ – Umgang mit der Situation – Kein Gefühl der Einsamkeit – Ankunft Stefan Bauhofer von der Bergwacht Berchtesgaden und „Uralthöhlenfreund und Untersberg-Hausmeister“ Georg Zagler vom Salzburger Höhlenverein – Untersuchung des Verletzten – Entwicklung des Zustands des Verletzten – Statur des Johann Westhauser – Lebenszeichen – Eintreffen weiterer Helfer – Gedanken an die Familie – Vereinbarung mit sich selbst zu Beginn des Unfalls – Abschied von der Unfallstelle: „Thomas, jetzt gehen wir heim.“ – Zwischenstation beim Aufstieg im Biwak 3 – „Höhlenfreund“ und „Sicherheitsmentor“ Ivo Weidmann von der Schweizer Höhlenrettung – Erster Hoffnungsschimmer – Informationssystem Cave-Link – Aufstieg zusammen mit Christian Lassacher aus Österreich zum Biwak 1 – Aufstieg im Alleingang – Angstgefühle im Eingangsschacht – Empfang durch Polizisten aus Berchtesgaden – Lob an die Polizisten – „Ein Schokocroissant und einen Kaffee.“ – Resümee zum ‚Anfangsteam‘: Johann Westhauser, Florian Schwarz, Uli Meyer, Rainer Bornschlägel und Thomas Matthalm – Bedeutung der Erfahrung als Höhlenforscher in der Unfallsituation – Rettungskonzept und Risikozonenbewertung 2006/2007 – Einschätzung der Erfolgschancen einer Rettungsaktion – Ausrüstung entscheidend für Rettungserfolg – Teamgeist in der Höhlenforschung – Internationale Vernetzung innerhalb der Szene – Dankbarkeit – Gedankengänge am Unfallort und Verarbeitung des Geschehenen – Ablauf der Rettung des Verletzten Johann Westhaus in der Riesending-Schachthöhle – Rettungsweg – Internationales Rettungsteam – Zustand des Verletzten Johann Westhauser im Verlauf der Rettungsaktion – Einbindung des Patienten – Einsatz des Rettungsteams – Ausnahmeumgebung in der Höhle – Miteinander des internationalen Rettungsteams –Weltweites Medienereignis – Professionelle Medienarbeit der Bergwacht Bayern – Solide Berichterstattung – Einschränkungen der Privatsphäre – Verantwortungsgefühl als Höhlenforscher – Naturraum Höhle – Sensationsgier der Medien – Eigenschaften von Höhlenforschern und Bergsteigern und ihr Verhältnis zum Berg – Artikelflut zum Unfall – Umgang mit den Höhlenforschern seitens der Gemeinden nach dem Unfall – Versicherungen im Bereich Höhlenforschung – Verschluss der Riesending-Schachthöhle – Öffentlichkeitsinteresse an Höhlenforschung nach dem Unfall – Haftungs- und Risikothema bei Forschungsprojekten – Positiver Effekt auf die internationale Zusammenarbeit durch Rettungsaktion – Reaktionen aus der Gesellschaft zur Wiederaufnahme der Forschungstätigkeit – Selbstverständnis: „Neugier ist keine Straftat.“ – Faszination Höhlenforschung – Nutzenargument der Höhlenforschung – Wahrnehmung der Höhlenforschung in der Öffentlichkeit – Bereich außerhalb der öffentlichen Bewertung – Mediale Berichterstattung an der Oberfläche – Reduzierung der Höhlenforschung auf den Unfall – Mediale Aufmerksamkeit auf einer Person – Einzelschicksale in Verbindung mit dem Unfall – Verantwortung der Höhlen- und Bergretter – Fortbestehen der Leidenschaft zur Höhlenforschung nach dem Unfall – Fazit zum Unfall und der Rettungsaktion – Rückhalt der Bevölkerung – Teamspirit der Höhlenforschungsgemeinde – Persönliches Bild von Bayern – Missfallen am Ungleichgewicht zwischen Nord und Süd in Bayern – Bild von Bayern im Ausland – Assoziationen mit Bayern – Meinung zum Umgang mit Flüchtlingen und Asylbewerbern heute – Erfahrungen im Kirchenasyl – Charakter der Bayern.
Daten
Interview: Georg Schmidbauer M.A.
Kamera: Georg Schmidbauer M.A.