Zeitzeugen berichten

Josef Felder Politiker (SPD); Redakteur; Verleger

Signatur
tobre-086.03
Copyright
Haus der Bayerischen Geschichte (Dr. Heike Bretschneider)
Referenzjahr
1923

Im hier gezeigten Ausschnitt blickt Josef Felder auf das Umfeld, in dem die NS-Bewegung in den 1920er-Jahren in Bayern wachsen konnte. Ein Grund liegt für ihn in der fehlenden Bereitschaft der BVP, mit der SPD zu koalieren. (nur Ton)

Dieser Clip ist Teil des folgenden Interviews:

Lebensgeschichtliches Zeitzeugeninterview der Journalistin und Historikerin Dr. Heike Bretschneider mit Josef Felder, geführt am 23.10.1992 in München, über den Widerstand der SPD gegen die Errichtung der NS-Diktatur [nur Ton!].

Biogramm

Josef Felder wurde 1900 in Augsburg geboren. Nach dem Tod der Mutter und nochmaliger Heirat des Vaters zog die Familie nach Mindelheim, wo Felder bereits im Alter von 10 Jahren eine Ausbildung zum Buchdrucker begann. 1915 übersiedelte er nach München. Ab 1920 gehörte er zunächst der USPD in Mindelheim an, bevor er wenig später in die SPD eintrat. Seit 1921 arbeitete er in der väterlichen Textilfabrik und als Redakteur der „Schwäbischen Volkszeitung“ in Augsburg. Nach der Heirat mit Maria Klein 1923 übersiedelte er nach Augsburg, wurde 1929 zum Mitglied des Augsburger Stadtrats und am 29.01.1933 zum SPD-Ortsvorsitzenden in Augsburg gewählt. Ab dem 07.11.1932 gehörte er dem Berliner Reichstag an und stimmte hier am 23.03.1933 als einer von 94 SPD-Reichstagsabgeordneten gegen das Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten. Anfang 1934 flüchtete Felder vorübergehend nach Österreich und in die Tschechoslowakei. Nach seiner Rückkehr nach Augsburg wurde er verhaftet und von 1934 bis 1936 im Konzentrationslager Dachau interniert. Anschließend war er bis 1945 in der Textilfabrik von Willi Bogner „unabkömmlich“ gestellt, die Unterwäsche für die Wehrmacht herstellte. Im August 1946 startete Felder einen Neuanfang als Verleger und Chefredakteur des „Südost Kuriers“ in Bad Reichenhall. 1955 übernahm er die Redaktion des SPD-Parteiorgans „Vorwärts“. Von 1957 bis 1969 gehörte er für die SPD dem Deutschen Bundestag in Bonn an. Die Schwerpunkte seiner Abgeordnetentätigkeit lagen im Innen- und Verteidigungsausschuss. 1983 erhielt Felder den Gustav-Heinemann-Preis, 1987 wurde er Ehrenvorsitzender der bayerischen SPD. 2000 starb Josef Felder in München.

GND: 118532375

Inhalte

tobre 084:

25.01.1933 Sitzung des Parteivorstandes und der SPD-Reichstagsfraktion – dort wurde beschlossen, dass bei Ausrufung eines staatlichen Notstandes, d.h. bei einem Staatsstreich, zum Widerstand aufgerufen würde. Auf etlichen Massenversammlungen vertrat Josef Felder diese Beschlüsse. Am 29.01.1933 wurde er zum Parteivorsitzenden in Augsburg gewählt und fuhr zur Sitzung der SPD-Reichstagsfraktion nach Berlin. Am 30. Januar kam die Hiobsbotschaft: „Hindenburg hat Hitler zum Kanzler ernannt“. Felder schildert den nationalistischen Rausch in Berlin in dieser Nacht.

Am 31.01.1933 beschlossen SPD-Parteivorstand und -Reichstagsfraktion, bei einem Verfassungsbruch würde Widerstand geleistet werden. Die Führung des Deutschen Gewerkschaftsbundes bemühte sich dagegen um ein „Stillhalteabkommen“ mit Hitler.

tobre 085:

Am 05.02.1933 beschlossen der SPD-Parteivorstand, die SPD-Reichstagsfraktion und die Eiserne Front, wenn nach der Reichstagswahl vom 5. März die Verfassung gebrochen würde, sei der Generalstreik auszurufen, sei außerparlamentarischer Widerstand zu leisten.

Den Reichstagswahlkampf konnte Josef Felder nur noch unter dem Schutz des Reichsbanners führen, er sprach in Dessau, in Chemnitz, in Stuttgart.

Die SPD-Parteijugend in Augsburg war bereit zum Widerstand. 

In der Früh des 04.03.1933 Machtübernahme der NSDAP in Augsburg – Felder kam mit Genossen im Gewerkschaftshaus zusammen und erklärte: das Signal aus Berlin werde kommen. Aber es kam kein Signal. Von nun an lebte Felder untergetaucht in der Illegalität.

Noch einmal zur politischen Situation im Dezember 1932: Die erste Fraktionssitzung, an der Felder teilnahm, fand am 2. Dezember statt, dann noch zwei weitere Sitzungen im Dezember; mit den Stimmen von SPD, Zentrum, NSDAP und der Kommunisten wurde das Amnestiegesetz verabschiedet.

tobre 086:

Felder spricht über die Haltung der kommunistischen Führungsspitze Anfang 1933 – er erzählt über die kurze Illusion des Parteivorstandes, Bayern könnte eine Schutzzone gegen die nationalsozialistische Herrschaft werden.

Felder hatte Hitler 1920 als Redner gehört – empfand ihn als äußerst populistisch.

Er spricht über Fehler und Ursachen, die zum Ende der Weimarer Republik geführt haben, u.a. den häufigen Gebrauch des § 48 der Weimarer Reichsverfassung.

tobre 087: 

Felder spricht zur Situation des Rechtsextremismus 1992, u.a. die Übergriffe auf die Asylbewerberheime und betont, es müssten energisch Maßnahmen ergriffen werden, um das offene Zeigen nationalsozialistischer Symbole zu verhindern.

Kurz zum neuen Asylgesetz und die politischen Auseinandersetzungen darum.

Daten

Art:
Lebensgeschichtliches Interview (nur Ton)
Dauer:
ca. 1 h
Aufnahmedatum:
23.10.1992
Sprache:
deutsch
Aufnahmeteam:

Interview: Dr. Heike Bretschneider

Technik: Dr. Heike Bretschneider