Zeitzeugen berichten

Prof. Dr. Dr. Theodor Schober 1955-1963 Rektor der Diakonissenanstalt Neuendettelsau

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Haus der Bayerischen Geschichte (Georg Schmidbauer M.A.)

Im hier gezeigten Ausschnitt spricht Theodor Schober über den Strukturwandel und die Zukunft der Diakoniewerke.

Dieser Clip ist Teil des folgenden Interviews:

Lebensgeschichtliches Zeitzeugen-Interview mit Prof. Dr. Dr. Theodor Schober, geführt am 07.08.2003 im Rahmen des Projekts Geschichte der Diakonie über seinen Werdegang, seine Tätigkeit als Rektor der Diakonissenanstalt Neuendettelsau und den Umgang mit Behinderten während der Zeit der NS-Diktatur.

Biogramm

Theodor Schober wurde 1918 in Zirndorf geboren. Die Jugendjahre verbrachte er in Rothenburg, wo sein Vater Pfarrer und Dekan war. Während des Zweiten Weltkrieges studierte er Theologie an der Universität Erlangen. Nach Kriegsende und Entlassung aus dem Heer setzte er in Erlangen sein Studium bis zur Promotion 1948 fort. 1948 übernahm er eine Stelle in der Ostvorstadt in Erlangen, zuvor war er Stadtvikar Erlangens gewesen. Ab 1953 war er als Pfarrer in Erlangen-Neustadt tätig. Am 03.07.1955 wurde Dr. Schober Rektor der Diakonissenanstalt Neuendettelsau. 1963-1984 war er Präsident des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland. 1975 war er Kandidat für die Wahl zum Landesbischof der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern. Von 1984 bis 1991 war Schober Beauftragter des Rates der EKD für die Seelsorge an den deutschen Kriegsverurteilten in ausländischem Gewahrsam, 1979 bis 1988 Präsident des Internationalen Verbandes für Innere Mission und Diakonie. 2010 ist Theodor Schober verstorben.

GND: 118609858

Inhalte

1918 in Zirndorf bei Nürnberg geboren, Vater war Pfarrer, nach 3 Jahren wurde er Dekan in Rothenburg ob der Tauber, St.-Jakobs-Kirche, Dettwang, ältere Schwester machte Ausbildung als Religionslehrerin und Kantorin, Volksschule, Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933, Tag von Potsdam, Bischof Dibelius, Plan Adolf Hitlers eine evangelische Reichskirche zu gründen, Neuwahl der Kirchenvorstände angeordnet, "Glaubensbewegung Deutsche Christen", SA in Uniform in der Kirche, Wahlausgang war klar, nur in Bayern und Württemberg Kirchlichkeit so stark verankert, dass die Wahl nicht verzerrt ausfiel, Gegenbewegung zu den Deutschen Christen, Pastor Niemöller, Aufforderung des Vaters durch Deutsche Christen sein Amt abzugeben, Vater erlitt am 01.05.1937 einen Zusammenbruch auf der Kanzel, starb nach missglückter Kur, Großveranstaltung der Deutschen Christen im Berliner Sportpalast, Forderung nach Abschaffung des Alten Testaments, Juden aus der Kirchengeschichte zu entfernen, Reformation im Sinne Hitlers, Progymnasium in Rothenburg, dann humanistisches Gymnasium in Würzburg, vor Antritt des Wehrdienstes entschlossen Pfarrer zu werden, Anwärterliste, Bischof Weiser, Abitur 1937, Arbeitsdienst, Militärdienst, Kriegsdienst, Gefangenschaft, im Sommer 1945 Studium in Erlangen begonnen, mit Promotion abgeschlossen, Pfarrstelle in Erlangen, Umsiedlung von Siemens nach Erlangen, Ostvorstadt, riesiges Baugelände, neue Wohnungen, Gemeinde mit 7.000 Menschen, Religionsunterricht an Oberstufe eines Gymnasiums, Bibelschule in Stein, dort Dozent für Dogmatik, Arbeitsgemeinschaften gegründet, Säle angemietet, Kirchenbau, Markuskirche - Promotion 1948 bei Prof. Werner Elert, über "Die alttestamentliche Lehre vom Gesetz", 1948 geheiratet, Pfarrfrau, Diakonie, Worte der Bibel in Taten der Hände übersetzt, 1955 Berufung zum Rektor der Diakonissenanstalt Neuendettelsau, Vorgänger Herrmann Dietzfelbinger wurde Landesbischof, Wilhelm Löhe, Angebot an ehelose Frauen, Ausbildungsstätte, Probleme im Umgang mit behinderten Kindern und Jugendlichen und Versagen der Gemeinden führten zur Gründung der Pflegeanstalt, Zuwendung zum Menschen, Gebet als Atemholen der Seele, Verbindung zwischen Diakonie und Kirche gestärkt, "Diakonie geht vom Altar aus", Beziehung zwischen Diakonie und Gemeinde, Einladung junger Pfarrer ins Mutterhaus, damit diese die Diakonie kennenlernen, Sendfahrten junger Diakonissen in die Gemeinden, Stärkung des Kontakts zu den Gemeinden, damals über 2.000 Mitarbeiter im Dienst der Anstalt, Krankenpflege, Kindergarten, Schulwesen, Hermann Beezel, Lehrerseminar, Heimerzieher, Diakonisse Marie Meinzold, Struktur des Mutterhauses, Rektor und Oberin bildeten das Direktorium, später Erweiterung durch Finanzdirektor, Muttergesellschaft als eine Art Verwaltungsrat unter Vorsitz des Rektors, Leitungskonzept zwischenzeitlich reformiert, stückweise Umgestaltung, neue Mitarbeiter mit anderer Ausbildung, alte Mitarbeiter nicht vor den Kopf stoßen, Umbenennung des Patienten zum Kunden, Umwandlung der Gemeinschaft zu einem Konzern, kleine Änderungen, Trachtänderung, andere Form der Vergütung, Zustrom der Diakonissen nicht gestärkt worden, auslaufendes Mutterhausprinzip, Zukunft der Diakonie mit Menschen die in bürgerlichen Formen leben, dennoch Bejahung der geistigen Gemeinschaft vor dem Altar, Ernstnahme der Bibel, viele verschiedene Berufe werden heute von Diakonissen wahrgenommen, fachliche Prüfung, neue Projekte, von Neuendettelsau mit Diakonissen in Rumänien und Polen, offen sein für Neues, zuschauende und zupackende Menschen, Überzeugung von der Sache, Vertrauen und Enttäuschungen, Diakonissenspruch Wilhelm Löhes, Festigkeit im Glauben, Berufung, Durchhaltewille, Berufung zur Diakonisse, kirchliches Amt, lebenslange Versorgung durch das Mutterhaus, Frömmigkeit, Gottvertrauen, schrumpfende Mutterhäuser, Aufgabenfelder und Einrichtungen sind geblieben, Mitarbeit nicht mehr in Form der Diakonisse, bunte Mischung von Mitarbeitern, Abschaffung der Haube, Überalterung der Diakonissen, oft noch in hohem Alter tätig, Kleidung von Sterbenden, Diakone, Rummelsberg, männliche Diakone oft in leitenden Berufen, oft in der Verwaltung, Betreuung von Schwerbehinderten, Vorrang der freien Träger vor den öffentlichen Trägern, Beratungsdienste im sozialen Feld, 20 Jahre lang Vorsitzender der Bahnhofsmission in Deutschland, Frauenordination seit 1976 - Eugenik, Pfarrer Reiser, Umgang mit Schwerbehinderten, "Jeder Mensch ist ein Geschöpf Gottes", Pfarrer Sommerer, Gegner der Euthanasie, Pfarrer Ratz, Mediziner befürwortete begrenzte Euthanasie, Ermordung von Behinderten im „Dritten Reich“, Rektor Lauerer, Anstalt Stetten, Bischof Wurm, Ängste der damals Verantwortlichen in den Anstalten sich zu widersetzen, Pfarrer Fuchs, bei Widerstand gegen die Ermordung Einzelner Angst vor der Ermordung der ganzen Anstalt, Bischof Meiser, Vergasung von Schwerbehinderten, Aussagen Rektor Lauers zur Sterilisation, Prof. Althauser in Erlangen, Papier der Theologin Müller zum Thema, Problemkreis Eugenik, Belastung Lauerers, Aussagen des Ortsgruppenleiters der NSDAP zu Lauerer, zwei Seiten der Geschichte, Zugeständnisse, Anerkennung der Obrigkeit in der lutherischen Theologie, Martin Niemöller, Pfarrernotbund, Widerstand war nicht möglich, Übergabe der Anstalten an die Hitlerjugend (HJ), Sterilisationsgesetz Hitlers 1934, Schritt hin zur Euthanasie, Anstieg der Pflegeanstalten durch die Gemeinden in der Zeit des „Dritten Reichs“, Gegenaktion gegen die Politik der Vernichtung, Sterilisierung in öffentlichen Kliniken, eigene schwerbehinderte Tochter, Oberin Selma Haffner, Angehörige angeschrieben ihre Kinder zu holen, nur wenige haben die Kinder geholt, Pfarrer Harleß in Bruckberg, Rektor Lauerer wegen eines solchen Briefs abgemahnt, Haltung der Diakonissen, Behinderte als eigene Kinder gesehen, Pfarrer Sommerer, Leiter im Bereich der männlichen Behindertenpflege, musste wegen Nähe zum NS-Regime aus Neuendettelsau weggehen, wurde zum Bischof eingesetzt durch die Reichskirche 1933, Dr. Boeckh befürwortete begrenzte Selektion, Meldebögen, Boeckh und Lauerer verweigerten die Abgabe, staatliche Ärztekommission erstellte die Meldebögen am 02.-07.09.1940, am 14.09.1940 wurden 5 jüdische Pfleglinge abgeholt, 10.12.1940 Deportation von 38 Behinderten nach Günzburg, Bodelschwingh in Bethel, Sinneswandel zum NS-Staat, Bischof Meiser, General Franz Ritter von Epp, Verschleierung der Morde, Pfarrer Fuchs schrieb Berichte, Wissen und Haltung der Diakonissen, anfängliche Begeisterung, militärische Erfolge, Verhalten gegenüber dem Regime, Kirchenglocken am NSDAP-Reichsparteitag 1938, Behinderte versteckt während der Anwesenheit der Kommission, 800 Tote von 1.700 Pfleglingen, am Ende des Zweiten Weltkriegs eigenes Überleben im Vordergrund, Erfahrung der freien Wohlfahrtspflege, 1963 Präsident des Werkes "Innere Mission und Hilfswerk der Evangelischen Kirche in Deutschland", Verbindung von Innerer Mission und evangelischem Hilfswerk, Wichern, Gerstenmaier wurde als Mitverschwörer des 20. Juli 1944 verurteilt, Zuchthaus Bayreuth, Idee zur Gründung eines Hilfswerks für Heimkehrer, Kriegsgefangene und Flüchtlinge, Zentrale in Stuttgart, Innere Mission in Berlin, Aufgabe der Vereinigung beider Organisationen, Bahnhofsmission, große gemeinsame Aktion zusammen mit der katholischen Kirche, Beratungsdienste, Fusionen der diakonischen Werke, Wilhelm Löhe, Diakonissen, Gottesdienst, Agende, liturgische Erneuerung, Vorrang der freien Träger vor den öffentlichen, Rolle der öffentlichen Hand, Verfassungsgerichtsentscheid 1964, Gesetzgebungsvorrang, Gewährleistungsvorrang, Verhältnis zu Ministerien, Grundsatz "Wer zahlt, schafft an!", Abschaffung des Bayerischen Senats, Möglichkeit der Einbringung des Sachverstands der freien Träger, "Brot für die Welt".

Daten

Art:
Lebensgeschichtliches Interview
Dauer:
2:00 h
Aufnahmedatum:
07.08.2003
Sprache:
deutsch
Aufnahmeteam:

Interview: Georg Schmidbauer M.A.

Kamera: Georg Schmidbauer M.A.