Im hier gezeigten Ausschnitt spricht Dieter Hildebrandt über die ungewollte Vorwegnahme der Notstandsgesetze von 1968 in Kabarettprogrammen und die Spannungen in der Bevölkerung zwischen Gegnern und Befürwortern der Wiederaufrüstung.
Dieser Clip ist Teil des folgenden Interviews:
Lebensgeschichtliches Zeitzeugeninterview mit Dieter Hildebrandt, aufgenommen am 16.09.2010 in München über seine Kindheit in Schlesien, Kriegserlebnisse als Flakhelfer in Berlin, die amerikanische und britische Kriegsgefangenschaft, Schwarzmarktgeschäfte in der Nachkriegszeit, das Studium in München, seine Erfolge als Kabarettist und Schauspieler, die Gründung der "Münchner Lach- und Schießgesellschaft" und die Kabarettsendung "Scheibenwischer".
Biogramm
Dieter Hildebrandt wurde 1927 in Bunzlau, Niederschlesien geboren. Im Zweiten Weltkrieg war er Flakhelfer und Mitglied eines Reserveoffizierslehrgangs. Bei Kriegsende geriet er in amerikanische Gefangenschaft. 1945 traf er seine aus Schlesien vertriebenen Eltern in Windischeschenbach in der Oberpfalz wieder und begann in München Theaterwissenschaft zu studieren. Bereits während seines Studiums bekam er Kontakt zum Kabarett und war 1956 Mitbegründer der „Münchner Lach- und Schießgesellschaft“. Hildebrandt wurde vor allem durch seine Fernsehsendungen „Notizen aus der Provinz“ und „Scheibenwischer“ zu einem der einflussreichsten Kabarettisten in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Darüber hinaus war Hildebrandt als Bühnenkabarettist, als Schauspieler und Autor tätig. Dieter Hildebrandt starb 2013 in München.
Inhalte
1927 geboren in Bunzlau in Schlesien – aufgewachsen in Bunzlau und Tillendorf – 1950 Umzug nach Bayern – Grundschule – Vater Direktor und Lehrer an der Landwirtschaftsschule – mit acht Jahren Umzug nach Tillendorf auf einen Bauernhof – Oberschule – Dr. Blass – Uniformen – Pimpfenuniform – Hitlerjugend (HJ) – Wehrdienst – Einberufung zum Luftwaffenhelfer in Berlin: Heimatflak – Bombardierung Berlins durch die amerikanische und britische Luftwaffe – Versetzung auf den Flughafen Udetfeld in Tarnowitz – unwissentliche Mitgliedschaft in der NSDAP – Adolf Hitler – Martin Bormann – Reichsarbeitsdienst in Liegnitz – Beförderung zur Gaustabswache – Einberufung in die Wehrmacht – Reserveoffizierslehrgang – Einmarsch der Russen – Flüchtlingszug der Bunzlauer Bürger – Armee Wenck: Neubildung einer Einheit zur Entsetzung Hitlers aus Berlin – Beschuss durch Amerikaner, Polen und Russen – SS – Fieber: Entlassung aus der Kompanie – amerikanische Kriegsgefangenschaft – Gefangenenlagerkabarett – Überführung in britische Kriegsgefangenschaft – 1945 Freilassung aller Gefangenen mit Nachweis einer Adresse in Niedersachsen: falsche Angabe des Wohnortes Neustadt am Rübenberge – Wohngemeinschaft mit drei Kriegerwitwen und drei ehemaligen Gefangenen – Suche nach den Eltern – Flüchtlingskartei – Eltern in Windischeschenbach getroffen – Abitur – Max Reinhardt – Anstellung bei der amerikanischen Armee in einem PX-Store – Schwarzmarktgeschäfte mit Zigaretten und Schokolade – Währungsreform 1948: Entwertung des ersparten Geldes für das Studium auf ein Zehntel: Finanzierung des Studiums mithilfe von Arbeitslosenunterstützung – Studium der Literatur und Theaterwissenschaften – Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU): keine Wiedervereinigung, sondern Republik in Gemeinschaft mit Frankreich – allmähliches Interesse am politischen Geschehen – politisches Kabarett im Rahmen eines universitären Seminarfestes – Nebenbeschäftigung beim Kabarett „Münchner Freiheit“ – Erich Kästner – Martin Morlock – „Komödchen“ – Studentenkabarett mit dem Ensemble „Die Namenlosen“ – „Mutti Bräu“ – neues Ensemble: Ursula Herking, Klaus Havenstein, Hans-Jürgen Dietrich – 12.12.1956: erstes Programm der „Münchner Lach- und Schießgesellschaft" – 1957 großer Erfolg des neuen Programms „Bette sich, wer kann“ – Tourneen – Live-Sendung im Fernsehen – geringer Verdienst trotz Erfolgs – 1972 Ende des Ensembles – Jochen Busse – Henning Venske – Renate Küster – Reiner Basedow – Till Hoffmann – Zusammentreffen mit Erich Kästner – August Everding: Regieassistent und Intendant bei den Münchner Kammerspielen – Peter Hacks – Maximilian Schell – Edgar Reitz – Oliver Hassenkamp – „Kleine Freiheit“ – Sammy Drechsel – Roman über Helmut Rahn: Aufbringen der Mietkaution durch den Verkauf – Willi Brandt (SPD) – Notstandsgesetze – Kabarett gegen die Wiederbewaffnung – Wiederwahl Heinrich Lübkes wegen des Einsatzes für die Große Koalition zwischen CDU und SPD – Herbert Wehner (SPD) – Sender Freies Berlin (SFB) – Lübke als Gegenstand eines kabarettistischen Soloauftritts – Probleme mit Fred Kassen: Pacht der Lach- und Schießgesellschaft – Programm „Warten auf Niveau“ – 1972 Auflösung des Ensembles – Tournee durch Israel – Tätigkeiten nach der Auflösung: Hans-Jürgen Dietrich als Staatsschauspieler beim Münchner Residenztheater, Sammy Drechsel als Reporter, Klaus Havenstein beim Fernsehen, Ursula Noack als Hausfrau, Horst Jüssen bei Pfleghar-Klimbim, Dieter Hildebrandt beim Theater – ZDF-Sendung „Notizen aus der Provinz“ – Manfred Stolte – Franz Josef Strauß (CSU) – „Scheibenwischer“ – Verwechslung mit dem „ZDF-Magazin“ – „Scheibenwischer“ mit Live-Publikum – Lothar Löwe – Boykott der Ausstrahlung eines „Scheibenwischer“-Beitrags zur Kernkraft durch den BR-Fernsehdirektor Helmut Oeller – die CSU und der Bayerische Rundfunk – Ende des „Scheibenwischers“ – Hans-Jochen Vogel – Olympische Spiele 1972 in München – Herbert Wehner – Thomas Dehler (FDP) – Kurt Georg Kiesinger (CDU) – Buch über Helmut Kohl (CDU) „Nie wieder achtzig“ – Meinung zu Helmut Kohl – Edmund Stoiber (CSU) als „Mini-Strauß für kleine Räume“ – Horst Seehofer (CSU) – Angela Merkel (CDU) – Vergleich von Politikern und Kabarettisten – Wunsch nach polarisierenden Politikern wie Franz Josef Strauß – kein Vorsatz der Objektivität – SPD – Fernsehkarriere: Hauptrolle in Heinrich Bölls „Dr. Murkes gesammeltes Schweigen“, Nebenrolle in „Kir Royal“ – Erich Mende – Biografie „Ich muss immer lachen“ – Tod John F. Kennedys: Ausfall des Programms – die Aufgabe des Kabarettisten – Werner Schneyder – 1985 Auftritte in Leipzig in der DDR – SED – Vorspielen vor dem Politbüro als Kontrolle.
Daten
Interview: Georg Schmidbauer M.A.
Kamera: Georg Schmidbauer M.A.