Zeitzeugen berichten

Peter Strelzyk Mechaniker, DDR-Flüchtling

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zz-1440.02
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Haus der Bayerischen Geschichte (Georg Schmidbauer M.A.)

Im hier gezeigten Ausschnitt berichtet Peter Strelzyk von der Verfolgung durch die Stasi im Westen, die vor allem durch einen vermeintlichen Freund der Familie ermöglicht wurde, der die Strelzyks ausspionierte.

Dieser Clip ist Teil des folgenden Interviews:

Lebensgeschichtliches Zeitzeugeninterview mit Peter Strelzyk, aufgenommen am 23.07.2011 in Pößneck, über das Leben in der DDR, die Idee zur Flucht in den Westen, die Vorbereitung und die Durchführung der Flucht.

Biogramm

Peter Strelzyk wurde 1942 in Oppeln/Oberschlesien geboren und flüchtete mit seinen Eltern bei Kriegsende in die sowjetische Besatzungszone (spätere DDR). Nach seinem Schulbesuch ging er als Freiweilliger zur NVA. Da er nicht Pilot werden konnte, wechselte er als Mechaniker in einen volkseigenen Betrieb in Pößneck. 1966 heiratete Peter Strelzyk und baute sich ein bürgerliches Leben in der DDR auf. Die Verhaftung und Verurteilung des Bruders seiner Frau Doris war der Anlass, über Fluchtmöglichkeiten nachzudenken. 1973 lernten sie das Ehepaar Günter und Petra Wetzel kennen, das ebenfalls in Pößneck wohnte. Die eingeschränkte Meinungsfreiheit sowie die fehlenden Reisemöglichkeiten ließ bei beiden Ehepaaren die Idee entstehen, aus der DDR zu flüchten. Durch Zufall stießen sie in einer westlichen Zeitschrift auf die Möglichkeit, einen Heißluftballon zu konstruieren. Nach mehreren Versuchen probierte die Familie Strelzyk im Juli 1979 alleine mit einem Ballon zu flüchten, dieser Versuch scheiterte aber kurz vor der Grenze auf DDR-Seite. Schließlich gelang es beiden Familien, die Konstruktion des Ballons technisch so weiter zu entwickeln, dass sie am 16.09.1979 gemeinsam über die innerdeutsche Grenze fliehen konnten und der Ballon in der Nähe von Naila landete. Die Flucht wurde journalistisch weltweit ausgewertet, eine amerikanische Produktionsfirma produzierte den Film „Night Crossing“ („Mit dem Wind nach Westen“), der auf der Berlinale 1980 gezeigt wurde. 2017 verstarb Peter Strelzyk nach langer Krankheit in einem Jenaer Krankenhaus.

Inhalte

Geboren 1942 in Oberschlesien – Flucht vor den anrückenden russischen Truppen – erster Schulunterricht an einer Dorfschule in Neuenbeuthen, dann an einer höheren Schule – Berufsausbildung zum Maschinenschlosser – nach der Schule als Freiwilliger zur NVA – Ausbildung zum Pilot nicht erlaubt – stattdessen Ausbildung zum Flugzeugmechaniker – Arbeit in einer Füllfederhalterfabrik in Pößneck – wenig Interesse und Berührung mit dem sozialistischen System – Westfernsehen als Fenster zur Freiheit – schlechte Versorgung der Bevölkerung in der DDR – hohe Gefängnisstrafen für kritische Meinungsäußerungen am DDR-System – Verhaftung des minderjährigen Schwagers, Misshandlung im Gefängnis – Bekanntschaft mit Familie Wetzel – Idee zur Flucht mit Heißluftballon – Schwierigkeiten beim technischen Bau des Ballons – erste Ballonfahrt am 03.07.1979 scheiterte 200 Meter vor der Grenze – ungünstiges Wetter und Konstruktionsschwächen führten zum Scheitern – Fluchtversuch wurde zwar entdeckt, die Identität der Familie jedoch nicht – Bau eines zweiten Ballons gemeinsam mit Familie Wetzel – schwierige Stoffbeschaffung – Aufgabenteilung, Bau der Gondel und des Brenners, Nähen der Ballonhülle – Herstellung komplett im Keller – Leben neben dem Ballonbau – Stasi-Offizier als Nachbar – Berufstätigkeit aufrechterhalten, um keine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken – Flucht am 16.09.1979 bei sehr gutem Wetter – Fahrt zum Abflugpunkt – Polizeikontrolle und Autopanne – Aufbau des Ballons – Start glückte trotz leichten Brandes – nachdem das Gas verbraucht war, Landung im Westen bei Naila – Frauen und Kinder versteckten sich – Männer trafen auf Polizisten – Transport nach Naila – große Aufregung, Bürgermeister wurde geweckt – Nacht im Rotkreuzheim – am nächsten Morgen kamen die ersten Journalisten – Exklusivvertrag mit „Stern“ – Ausarbeitung einer Serie innerhalb von sechs Monaten – Einladung zum Bayerischen Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß – Inhaftierung der in der DDR lebenden Verwandten – Protestaktionen für deren Freilassung – Berufliches Leben im Westen, erst bei seinen ehemaligen Arbeitgebern, die die DDR verlassen hatten, dann Übernahme eines eigenen Geschäfts – Einschleusung eines guten Freundes als Spitzel durch die Stasi – Stasi-Spitzel ließ sich beschäftigen, um Geschäft zu ruinieren – Spionage auch nach Umzug in die Schweiz – Mordpläne – nach 1989/90 Kampf um das eigene Haus in Pößneck – durch Einsicht in die Stasiakten wurde das Ausmaß der Überwachung sichtbar – Erleben der Wiedervereinigung 1990 – Bewertung der DDR – Abwanderung aus Pößneck – „Blühende Landschaften“ und Aufschwung – Bild von Bayern geprägt durchs Fernsehen – Hollywood-Verfilmung der Flucht und Konflikt über Aufführung bei der Berlinale – andere Fluchtversuche mit Heißluftballons – Überwachung der Briefe mit Verwandten in der DDR durch die Stasi – Klischees über Bayern – Fazit zur Flucht.

Daten

Art:
Lebensgeschichtliches Zeitzeugen-Interview
Dauer:
2:00 h
Aufnahmedatum:
23.07.2011
Sprache:
deutsch
Aufnahmeteam:

Interview: Georg Schmidbauer M.A.

Kamera: Georg Schmidbauer M.A.