Zeitzeugen berichten

Christian G. Dierig Unternehmer (Textilfabrikant)

Signatur
zz-0874.02
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Haus der Bayerischen Geschichte (Georg Schmidbauer M.A.)

Christian Dierig beschreibt im hier gezeigten Ausschnitt die Rohstoff- und Produktionsschwierigkeiten nach dem Ersten Weltkrieg.

Dieser Clip ist Teil des folgenden Interviews:

Lebensgeschichtliches Zeitzeugeninterview mit Christian Dierig, aufgenommen am 10.12.2003 in Augsburg, im Rahmen des Projekts Textilindustrie, über die Firmengeschichte des Dierig Konzerns, sein Leben und die Entwicklung der deutschen Textilindustrie.

Biogramm

1923 in Schlesien geboren, erlebte ab den 1930er Jahren die wechselvolle Geschichte des Textil-Unternehmens Dierig AG, das 1805 von Christian Gottlob Dierig in Langenbielau und Peterswaldau gegründet worden war, Abiturient mit Fronterfahrung, Vertreibung aus Schlesien, Wiederaufbau des Unternehmens in Augsburg, acht Lehrjahre am Technikum in Reutlingen, Vertreter im Einzelhandel, technischer Assistent im Rechnungswesen, seit 1953 im Vorstand des Unternehmens, 1965 Vertriebsleiter. Christian Gottfried Dierig starb am 12.06.2016 in Augsburg.

GND: 1060142139

Inhalte

Die Geschichte der Firma Dierig bis zum Ersten Weltkrieg 1914, Entwicklung der Dampfmaschine 1764, Spinnmaschinen, Selfaktor, Anfänge der Textilindustrie, Ururgroßvater seit 1805 mit Verlagsgeschäft, 1830 erste 34 Jacquard-Webstühle, Haus heute Rathaus von Langenbielau, Schlesien, Expansion, Ausstellung in Berlin 1840, Großvater klagte gegen Gerhart Hauptmanns Stück "Die Weber", Weberaufstand, 1847/48 Zahlungsprobleme, 1886 Friedrich Dierig übernahm Firma, in 1860er Jahren hohe Baumwollpreise, 1900 größter Buntweber in Deutschland, 1911/12 Spinnerei gebaut, 1902 GmbH, ab 1914 im Ersten Weltkrieg kriegswichtige Produktion, Flugzeugbespannungen, Gasschutzstoffe, Zwiebackbeutel, Papier verwoben, Vater 1918 nach Verwundung in die Firmenleitung eingetreten, Dierig-Feldmühle, Papierherstellung - Erster Kontakt mit Augsburg, 1918 mechanische Weberei, 771 Jacquardwebstühle, Probleme Rohstoffe zu bekommen, Nahrungsmittelknappheit - Ausbau zum Konzern bis in die 1930er Jahre, nur an Großhandel verkauft, Berlin, Versuch an Gewebegarne zu kommen, Hammersen aus Osnabrück, Interessengemeinschaft, Prozesse, 1930 Hammersen gekauft, Tarnunternehmen Debag in Bremen, 1935 endgültig übernommen, Stadtbachspinnerei in Augsburg gekauft, Werke in Chemnitz, Zwickau, Leipzig, Handelsfirma, größtes Baumwollunternehmen auf dem Kontinent 1935 - Das Unternehmen im "Dritten Reich", aus Rohstoffmangel Zellwollfabriken gebaut, Vater Gottfried Dierig 1934-1939 Leiter der Reichsgruppe Industrie, Streit mit Hermann Göring und Schwerindustrie wegen Salzgitter, Alternative: Eintritt in die NSDAP oder KZ, kriegswichtige Stoffe produziert, beschichtetes Gewebe Kaliko, Bosch in den Werkshallen einquartiert, keine Fliegerangriffe, durch den Krieg acht Betriebsstätten verloren - Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg, west- und süddeutsche Werke stark zerstört, am 9. Juni 1945 aus der Kriegsgefangenschaft gekommen, alte Maschinen aufgestellt, Schutt geräumt, Güterzug aus Schlesien in den Westen gebracht, Chemie und Druckwalzen, Entschuttung mit Ochsen, Zusammenarbeit mit den Amerikanern, Militärregierung OMGUS, Abfall für die eigene Produktion genutzt, am Wochenende Steine geklopft, vom Vorstand abwärts zum Wiederaufbau - Die Entwicklung des Unternehmens in den 1950er Jahren, 1950/51 250 alte amerikanische Trepper-Webstühle gekauft, hohe Nachfrage nach Textil, viele stiegen in Textil ein, Geschäfte Ende der 1950er schlechter, Importe, Kapital für Wiederaufbau der Schwerindustrie, erste Konkurse von Druckern - Die Arbeit im Vorstand, ab 1953 im Vorstand, Abiturient mit Fronterfahrung, 19. Juni 1945 in der Stadtbachspinnerei als Hilfsschlosser, Technikum in Reutlingen, Einzelhandelsvertreter für Bräuninger in Stuttgart, Technischer Assistent bei Hammersen in England, Rechnungswesen, 1953 nach Augsburg in den Vorstand, bis 1965 hauptsächlich Technik, 1965 Vertrieb übernommen und ab 1969 zusätzlich Verwaltung, Firmenpolitik: zunächst Schuldenabbau, Geschäftsführer: Julius Graf  - Erster Rückschlag 1966, Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen, bügelfreie Hemden, Cottonova, Diolen-Star, Import von Rohware - Personalkosten und Frauen-Nachtarbeit, ab 1970 Kosten gestiegen, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, längere Urlaube, kürzere Arbeitszeiten, ab den 1960ern Anwerbung von Gastarbeitern, zu kurze Maschinenlaufzeiten, Probleme mit Importen, auch aus der Ostzone, politisch gefördert, Produktionsrückgang, keine politische Unterstützung, Problem einer fehlenden einheitlichen Lobby, Subventionen in anderen europäischen Ländern, Wirtschaftsminister Karl Schiller, Werksschließungen: Reith, Rohweberei in Haunstetten, Riedinger, Überlegungen Produktion ins Ausland zu verlagern - Das Verhältnis zu den Gewerkschaften, betriebliche Mitbestimmung, Aufsichtsratschef Prof. Zahn, Umstrukturierung der Konzernfirmen, Verbundenheit alter Mitarbeiter, soziale Einrichtungen nach dem Krieg - Die Struktur der Textilindustrie, Firmensterben der 1990er Jahre, Produktion still gelegt 1991-1997, nur noch Handel, Export nach Amerika, Probleme des deutschen Konsums, Nähereien für Bettwäsche, seit 1998 Immobiliengeschäft - Umsatzentwicklung der Textilbranche, Veränderung der Verbrauchergewohnheiten, Wegwerfgesellschaft - Die Stellung der Textilindustrie im Gesamtverband, Verbände, Gesamttextil - Die Zukunft der Textilindustrie, wohl keine Produktion mehr in Deutschland, technische Gewebe - Heimat: Langenbielau in Schlesien.

Daten

Art:
Lebensgeschichtliches Interview
Dauer:
2:00 h
Aufnahmedatum:
10.12.2003
Sprache:
deutsch
Aufnahmeteam:

Interview: Georg Schmidbauer M.A.

Kamera: Georg Schmidbauer M.A.