Zeitzeugen berichten

Dr. Christian Ude Politiker (SPD); 1993-2014 Oberbürgermeister von München

Signatur
zz-2125.01
Copyright
Haus der Bayerischen Geschichte (Dr. Michael Bauer)
Referenzjahr
1966

Im hier gezeigten Ausschnitt schildert Dr. Christian Ude, wie er nach seinem SPD-Beitritt 1966 von seinem bildungsbürgerlichen Umfeld kritisiert, aber von seiner Mutter unterstützt wurde. Zudem beschreibt er, wie ihn die Lebensphilosophie des Münchner Schriftstellers, Journalisten und Schauspielers Ernst Hoferichter (1895-1966) prägt.

Dieser Clip ist Teil des folgenden Interviews:

Journalistisches Zeitzeugeninterview mit Dr. Christian Ude, geführt am 18.03.2023 in München, über seine Kindheit, den Eintritt in die SPD, seine Beziehung zu Peter Gauweiler (CSU), seine Tätigkeit als Journalist und Rechtsanwalt, seine Ziele, Erfolge und Herausforderungen als Oberbürgermeister von München, die Probleme des Wohnungsmarktes in München, verschiedene Einflüsse auf die Stadtentwicklung, die SPD und die CSU auf Landes- und Bundesebene sowie über seine Passionen. 

Biogramm

Christian Ude wurde 1947 in München als zweites Kind des Münchner Kulturredakteurs Karl Ude und seiner Frau Renée geboren. Er besuchte vier Jahre die Grundschule am Bayernplatz in Schwabing und neun Jahre das Oskar-von-Miller-Gymnasium (früheres Altes Real-Gymnasium). Noch als Schüler trat er 1966 in die SPD ein. Von 1967 bis 1969 arbeitete er erst als Volontär und dann als Redaktionsmitglied der Süddeutschen Zeitung, wobei er für Jugendfragen, Schul- und Hochschulpolitik sowie kommunale Berichterstattung zuständig war. Währenddessen studierte er Soziologie und Geschichte. 1969 begann er das Studium der Rechtswissenschaften in München und war daneben in der Erwachsenenbildung tätig. 1970 gründete er die sozialdemokratische Zeitung Münchner Post wieder, in welcher er bis 1990 als ehrenamtlicher Redaktionsleiter tätig war. Von 1972 bis 1978 war Ude ehrenamtlicher Pressesprecher der Münchner SPD. Von 1977 bis 1979 legte er die I. und II. Juristische Staatsprüfung in München mit Prädikatsnote ab und war dazwischen u.a. bei verschiedenen städtischen Dienststellen als Referendar tätig. Von 1979 bis 1990 arbeitete er als selbstständiger Rechtsanwalt. 1983 heiratete Ude die Fotografin und SPD-Stadträtin Edith von Welser, die sechs Kinder in die Ehe einbrachte. Seit 1988 ist Ude Vorsitzender des Kulturforums der Sozialdemokratie in München. Im März 1990 wurde Ude in den Münchner Stadtrat gewählt. Ab 02.05.1990 war er als zweiter Bürgermeister der Landeshauptstadt München für die Stadtwerke, die Sozialausschüsse, die Kulturpolitik, den Sport-, den Personal- und den U-Bahn-Ausschuss, Rechtsangelegenheiten sowie die Bezirksausschüsse zuständig. Am 12.09.1993 wurde Ude im ersten Wahlgang mit 50,8 Prozent zum Münchner Oberbürgermeister gewählt. Von 1996 bis 2011 war er stellvertretender Vorsitzender des Bayerischen Städtetags und von 2005 bis 2009 und von 2011 bis 2013 Präsident des Deutschen Städtetags. Am 09.11.2006 war er an der Einweihung der neuen Synagoge auf dem Münchner Jakobsplatz beteiligt, die mit dem Gemeindebau und dem 2007 eröffneten Jüdischen Museum das neue jüdische Zentrum im Herzen der Stadt bildet. Am 02.03.2008 wurde Ude mit 66,7 Prozent zum Oberbürgermeister Münchens wiedergewählt. Am 21.10.2011 wurde Ude durch die Bayern-SPD mit 99,7 Prozent zum Spitzenkandidaten für die bayerische Landtagswahl 2013 nominiert. Bei der Landtagswahl am 15.09.2013 verzeichnete die SPD als einzige Oppositionspartei einen Stimmenzuwachs (plus 2 Prozent der Gesamtstimmen), in Oberbayern erreichte die SPD-Liste mit dem Spitzenkandidaten Ude auf Platz 1 einen Stimmenzuwachs von 4,4 Prozent, in München 6,8 Prozent.

Inhalte

Geboren 1947 – Kindheit in München und Udes Familie – Bedeutung von Verbündeten für das Durchsetzen von Interessen gegen Autoritäten – Kritik am SPD-Beitritt – Ernst Hoferichter als Vorbild – Sozialer Wandel der SPD von einer Arbeiter- zu einer Akademikerpartei – Einstellung zum Pazifismus – Einfluss der NS-Vergangenheit und des Ukraine-Krieges auf die Einstellung Deutschlands zur militärischen Aufrüstung – Imagewechsel der CSU durch Franz Josef Strauß in den 1970er-Jahren – Streitbeziehung zu Peter Gauweiler – Udes und Gauweilers Unterstützung der Forward Strategy der NATO – Tätigkeit bei der Süddeutschen Zeitung als Volontär und Jugendredakteur Ende der 1960er-Jahre – Beschaffenheit des Münchner Mietervereins und der Münchner Haus- und Grundbesitzer Ende der 1960er-Jahre – Stärke von Verbänden und bewaffneten staatlichen Streitkräften – Kritik am realitätsfernen und unproduktiven Aktionismus und Parallelen zur „Letzten Generation“ – Entscheidung gegen den Posten des Ressortchefs „Bildung“ bei der Süddeutschen Zeitung und für das Jurastudium – Spezialisierung als Anwalt auf Mietrecht und Anwendung seiner Erfahrungen als Mieteranwalt in der Politik – Einstellung zu Firmenansiedlungen in München – Gleichgewicht zwischen Arbeits- und Wohnungsmarkt als Ideal – Appell für sozialen Wohnungsbau – Zunehmende politische Thematisierung der Notwendigkeit einer Mietpreisbremse – Wahrnehmung von Bürgermeistern im Vergleich zu anderen Politikern – Konflikte mit Sigi Zimmerschied und Herbert Achternbusch – Heimatverbundenheit und kulturelle Vielfalt beim Trachten- und Schützenzug – Unterscheidung zwischen Kabarett, Comedy und Cabaret – Entstehung der Passion für Graffiti – Förderung von Graffiti in München – Befürwortung des Denkmalschutzes – Kritische Auseinandersetzung mit dem Denkmalschutz beim Geburtshaus von Karl Valentin in der Münchner Zeppelinstraße – Ziele bei der Wahl zum Oberbürgermeister von München 1993 – Appell für sozial gerechtes und realitätsnahes Mietrecht und Wohnungsbau – Erfolge und Herausforderungen bei Wohnungsbauprojekten als Oberbürgermeister – Vorgehen und Zusammensetzung des bayerischen Städtetags – Hohe Attraktivität Münchens als Grund für hohe Mietpreise – Stolz auf die Errichtung des jüdischen Zentrums am Münchner Jakobsplatz – Positive Bewertung der verlorenen Landtagswahl in Bayern 2013 mit Ude als SPD-Spitzenkandidat – Gründe für den anhaltenden Wahlerfolg der CSU in Bayern – Rückzug der SPD aus bestimmten sozialen Wählergruppen und Politikfeldern – Kritik an der Verkleinerung des Bundestags aufgrund des Streichens der Grundmandatsklausel – Benachteiligung der CSU auf Bundesebene als Polarisierungsgrund und für eine mögliche Stärkung der CSU bei den Landtagswahlen 2023 in Bayern – Faszination für Griechenland – Liebe zu Katzen – Abneigung gegen den FC Bayern München und Förderung des TSV 1860 München – Udes Alltag als Oberbürgermeister – Arbeit der Ausschüsse – Gentrifizierung als Wohnwertverbesserungsprozess verbunden mit Mietervertreibungen und Mieterhöhungen – Einstellung zum Hochhausbau in München – Einfluss von Wärmedämmung und Photovoltaikanlagen auf Dorf- und Stadtbild – Einstellung zum verzögerten und teuren Bau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke in München – Wahlpanne bei Bundestagswahl 2021 in Berlin – Zuwanderung von Armut und Reichtum als Problem für die Stadt München – Hasskultur als Grund für ausbleibende Bürgermeisterkandidaturen auf kommunaler Ebene – Rechtsextremismus als Gefahr für die Demokratie und dynamisches Verständnis von rechter Politik – Vielfältigkeit der Stadtteilkultur als Reiz Münchens – Fehleinschätzung der Corona-Pandemie und Schwächen der erlassenen Maßnahmen.

Daten

Art:
Journalistisches Zeitzeugeninterview
Dauer:
2:10 h
Aufnahmedatum:
18.03.2023
Sprache:
deutsch
Aufnahmeteam:

Interview: Dr. Michael Bauer

Kamera: Thomas Rothneiger