Zeitzeugen berichten

Israel Offmann KZ-Überlebender; 1. Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Straubing

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zz-0313.02
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Haus der Bayerischen Geschichte, Augsburg

Im hier gezeigten Ausschnitt berichtet Israel Offmann über seine Erlebnisse im Außenlager Ganacker des KZ Dachau gegen Ende des Zweiten Weltkriegs.

Dieser Clip ist Teil des folgenden Interviews:

Lebensgeschichtliches Zeitzeugeninterview mit Israel Offmann, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Straubing, vom 09.12.1987.

Biogramm

1925 in Tschenstochau (Częstochowa) geboren, 1942 im jüdischen Getto Tschenstochau von der Gestapo wegen Waffenschmuggels verhaftet, Einlieferung in die Konzentrationslager Blischine, Auschwitz, Sachsenhausen, Oranienburg und Ganacker, dort 1945 von den Amerikanern befreit, Emigration nach Palästina, 1948 Teilnahme am Palästinakrieg (Israelischer Unabhängigkeitskrieg), 1950 Rückkehr nach Deutschland, Aufbau und 1. Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde in Straubing, Mitglied des Direktoriums des Zentralrats der Juden in Deutschland. 2018 verstorben.

GND: 1060153297

Inhalte

1925 in Tschenstochau (Częstochowa) geboren, katholisches Zentrum, Bar Mitzwa, deutscher Einmarsch in Polen 1939, zu Hause Deutsch gesprochen, Unterhaltung mit deutschen Soldaten, polnischer Polizist schoss auf Wehrmachtsangehörigen, "blutiger Montag", Massaker der Wehrmacht, wahllos Kinder, Frauen und Männer getötet; Fabrikantenfamilie, Raffinerie und Essigfabrik, Treuhänder, Demontage der Maschinen, Getto, Judenrat, "jüdische Polizei", viele katholische Freunde bekannten sich nun als "Volksdeutsche", Juden hatten als Menschen nichts mehr gezählt, geprägt durch deutsche Kultur, aus dem Getto ins Kino geschmuggelt, Hitlerjunge erkannte O., rannte weg, Filme: Hans Albers, "Sergeant Berry", "Tanz auf dem Vulkan", unmenschliche Lebensbedingungen im Getto, Hunger, 1942 Selektionen und Deportationen, Hermann-Göring-Werke in Tschenstochau, Transporte nach Treblinka, "Endlösung", kleines Getto der Arbeitskräfte, zionistische Organisationen, Widerstandsbewegung in Warschau, Waffen von polnischen Partisanen ins Getto geschmuggelt, Aufstand geplant, Lagerpolizei wählte die Verschwörer für Transport aus, mit dem älteren Bruder nach Blischine bei Warschau deportiert, Konzentrationslager, Untersturmführer mit Schäferhunden, 1943 Flecktyphusepidemie, Arbeit im Steinbruch, 1944 Näherrücken der russischen Front, Evakuierung nach Auschwitz-Birkenau, Deutschkenntnisse hilfreich, Selektion, Gaskammern, Arbeitskommando, D-Lager, Holz zur Verbrennung der Leichen am Krematorium gestapelt, Ankunft der Transporte aus Ungarn, aus Łódź (Litzmannstadt), Kapazität der Öfen reichte nicht aus, Gruben zur Leichenverbrennung ausgehoben, offene Feuer mit Öl und Benzin, Liquidierung des Zigeunerlagers, tschechische Juden aus Theresienstadt, Ende 1944, Gestapo-Häftlinge auf der Rampe, Mann in Wehrmachtsuniform und Auszeichnungen, von Kapo in Lager C geschickt, Misshandlungen, Zigaretten geschenkt bekommen, Evakuierung von Auschwitz nach Sachsenhausen, Messerschmitt- und Göring-Werke, Suche nach qualifizierten Arbeitern, als Schlosser gemeldet, Zuteilung für Messerschmitt-Werke in Leonberg über Quarantäne in Dachau, Stollen gegraben für ME 262, deutsche Zivilmeister lieferten Infos über Kriegsverlauf und schenkten etwas zu Essen, wegen amerikanischen Vormarschs nach Ganacker bei Straubing verlegt, Verlängerung der Rollbahn des dortigen Flugplatzes, Erdhütten im Winter, schlimme Zustände, Beschuss durch amerikanische Tiefflieger, Spitfire, SS versteckte sich, Häftlinge mussten stehen bleiben, Tote durch amerikanischen Beschuss, Chaos, kaum Verpflegung, Hunger, russische Kriegsgefangene, Kannibalismus, abgemagert, Krankenraum, Geschützfeuer der Amerikaner, SS liquidierte das Lager, Gehfähige marschierten ab, Kranke blieben zurück, Befreiung durch amerikanische Panzereinheit, Polnisch sprechender Lieutenant, Leichenberge, medizinische Versorgung, Kranke nach Straubing gebracht, Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, Peterschule, Pater Gilbert, Tote durch plötzliche Überernährung, Ruhr, bis Juni 1945 im Krankenhaus, Militärregierung, Mr. Cohen, Wohnungsamt, bei Nationalsozialist (Blutordensträger Dr. Siegel) einquartiert, Schlafzimmer, SA-Uniform im Schrank, Uniform angezogen, von Amerikanern verprügelt, verständlich gemacht, wer O. war, in Kleiderkammer neu eingekleidet, Küchenarbeit für die Amerikaner, Bohnenkaffee, Beginn der Emigrationen nach Israel 1947/48, UNRRA, Bruder wieder gefunden, von 7 Geschwistern überlebten 3 den Holocaust, 1948 freiwillig nach Israel zur Armee gemeldet, zweimal verwundet, Depressionen, Psychoanalytiker empfahl O., nach Deutschland zurückzukehren, 1950 Rückkehr nach Straubing - Zeit in der israelischen Armee (Haganah), Waffen aus Wehrmachtsbeständen durch die Amerikaner erhalten, Behauptung gegen die arabischen Staaten, 1950 Rückkehr nach Deutschland, "Wirtschaftswunder", Wiedergutmachung beantragt, Freund aus Łódź: Seidenweber, Webstühle in Krefeld gekauft und nach Straubing gebracht, freundliche Behandlung durch die Deutschen, Vertriebene aus dem Sudetenland beschäftigt, in dieser Zeit kein Antisemitismus, Leute nicht mit den Geschehnissen im Lager konfrontiert, Frau kennengelernt, konvertierte zum Judentum, 4 Kinder, 4 Enkelkinder, Existenz aufgebaut, 1960 erster Urlaub in Italien, Juden aus Belgien und Frankreich getroffen, Hebräisch unterhalten, Leistung der in Deutschland gebliebenen Juden für die Versöhnung, nicht alle Deutschen waren schuld, Bäuerin in Ganacker ließ Kartoffeln und Brot fallen, Tochter in Amerika, Kindern nichts erzählt, erfuhren erst später von den Greueln, Antisemiten und Ewiggestrige, "Bürger für Recht und Ordnung" (BRO) im Stadtrat, Verleumdungen in deren Presseorgan, Volksverhetzung, Rufmord, jüdische Gemeinde in Straubing, Zeitzeugen müssen erzählen.

Daten

Art:
Lebensgeschichtliches Interview
Dauer:
1:00 h
Aufnahmedatum:
09.12.1987
Sprache:
deutsch