Zeitzeugen berichten

Zwi Katz KZ-Überlebender

Signatur
zz-1324.01
Copyright
Haus der Bayerischen Geschichte (Georg Schmidbauer M.A.)
Referenzjahr
1945

Im hier gezeigten Ausschnitt berichtet Zwi Katz von einem vergeblichen Fluchtversuch vom Todesmarsch nach Tirol im April 1945.

Dieser Clip ist Teil des folgenden Interviews:

Lebensgeschichtliches Zeitzeugeninterview mit Zwi Katz, aufgenommen am 01.05.2010 in München, über seine Erlebnisse als Internierter des Gettos in Kaunas/Litauen, das Schicksal seiner Familie, seine Deportation in das Außenlager Kaufering des Konzentrationslagers Dachau und den Neubeginn nach dem Zweiten Weltkrieg in Israel.

Biogramm

Zwi Katz wurde 1927 in Kaunas/Litauen geboren und kam dort 1941 ins Getto. 1944 wurde er über das KZ Stutthof ins KZ Kaufering, einem Außenlager des KZ Dachau, deportiert. Als sich im April 1945 die Westfront näherte, wurde er zusammen mit vielen anderen Häftlingen auf den „Todesmarsch“ Richtung Tirol geschickt, bei dem Katz knapp einer Erschießung entging. Am 2. Mai 1945 wurde er von den Amerikanern befreit. Nach einem Aufenthalt im Kloster St. Ottilien, das als Lazarett für jüdische Displaced Persons diente, machte sich Zwi Katz auf den Weg in seine Heimat Litauen. Da ihm auch in Polen Antisemitismus entgegenschlug, brach er seine Reise ab und ging über die Tschechoslowakei zurück nach Bayern. Zusammen mit anderen Holocaust-Überlebenden wanderte er zu Fuß über die Alpen nach Italien und segelte in einem Holzboot in Richtung Palästina. Die Briten stoppten das Boot und internierten die Insassen auf Zypern. Von dort aus gelang ihnen 1948 die Überfahrt nach Israel, wo Zwi Katz über 30 Jahre als Referent im Landwirtschaftsministerium tätig war. Er engagierte sich in der historischen Bildungsarbeit und trat immer wieder an Schulen als Zeitzeuge auf. 1989 nahm er an der Einweihung des ersten Todesmarschdenkmals in Gauting teil. 2002 publizierte er seine Erinnerungen: "Von den Ufern der Memel ins Ungewisse. Eine Jugend im Schatten des Holocaust". 2004 erhielt er das Bundesverdienstkreuz für seine Aufklärungsarbeit. 2024 verstarb Zwi Katz in Holon/Israel.

GND: 128371439

Inhalte

Geboren und aufgewachsen in Litauen – liberale, akademisch gebildete jüdische Familie – Erziehung in der deutschen Kultur: Schwester auf deutscher Realschule, Kindermädchen aus dem ostpreußischen Memelgebiet – Deutsch als erste Sprache –1941 Beginn der staatlich geplanten, systematischen Vernichtung der jüdischen Bevölkerung in Litauen – Vater verschwand zu Beginn des Krieges – Plan der Mutter scheiterte, die Familie durch die Übernahme einer Zahnarztpraxis in Vilkija zu ernähren – Überleben nur durch Glück – 10.07.1941 Einweisung in das Getto von Kaunas – Ermordung von 700 Akademikern, um jegliche Widerstandsführung im Getto zu unterbinden – 28.10.1941 „Säuberung des Gettos von überflüssigen Menschen“: Ermordung aller nicht arbeitstauglichen Juden – 1944 Deportation des Großvaters und der Tante durch ukrainische Söldner – März 1944 Deportation der Familie: Mutter und Schwester nach Stutthof, Zwi Katz nach Kaufering – in Kaufering Zwangsarbeit für den Bau des Bunkers – Einsatz in Lagerküche: Kartoffeln kochen für die Verpflegung der "Organisation Todt" – entging dem Hungertod, da er in der Küche an Lebensmittel kam – 1945 Todesmarsch über Dachau Richtung Tirol – zweimal kurzzeitige Flucht durch Vortäuschung des Erschöpfungstodes, jedoch beide Male Wiedereingliederung in den Zug durch unglücklichen Zufall - Todesmarsch endete mit der Flucht der deutschen Wachen – auch Mutter und Schwester überlebten – Suche nach einer neuen Heimat: Polen, Tschechoslowakei, Bayern, Österreich, Italien – Internierung in Zypern durch die Briten – Befreiung durch israelische Kampfgruppen – Leben in einem Kibbuz in Israel – Heirat – Ablegen der Matura und Studium der Landwirtschaft – 35jährige Tätigkeit als Referent für Hühnerzüchtung beim israelischen Landwirtschaftsministerium – 1987 Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland – Typhus-Epidemie 1944: wochenlange Quarantäne als Möglichkeit, Kraft zu schöpfen – im KZ Kaufering keine medizinische Betreuung – Bericht über drakonische Strafen im KZ Kaufering.

Daten

Art:
Lebensgeschichtliches Interview
Dauer:
2:00 h
Aufnahmedatum:
01.05.2010
Sprache:
deutsch
Aufnahmeteam:

Interview: Georg Schmidbauer M.A.

Kamera: Georg Schmidbauer M.A.