Zeitzeugen berichten

Dr. Otto Schedl Politiker (CSU); 1957-1970 Bayerischer Staatsminister für Wirtschaft

Signatur
tobre-042.02
Copyright
Haus der Bayerischen Geschichte (Dr. Heike Bretschneider)
Referenzjahr
1946

Im hier gezeigten Ausschnitt schildert Otto Schedl den anfänglichen Richtungsstreit innerhalb der CSU zwischen Befürworter einer neuen interkonfessionellen und milieuübergreifenden Ausrichtung und denen, die sich auch weiterhin an der alten, rein katholischen Bayerischen Volkspartei von vor 1933 orientieren wollten. Letztere planten, mithilfe der Einführung des Amts eines bayerischen Staatspräsidenten der Monarchie eine Hintertür offenzuhalten. Otto Schedl lehnte dies strikt ab. (Nur Ton; Foto: © Bildarchiv Bayerischer Landtag)

Dieser Clip ist Teil des folgenden Interviews:

Thematisches Interview der Journalistin und Historikerin Dr. Heike Bretschneider mit Dr. Otto Schedl, geführt 1981, über die Gründungsphase der CSU nach Kriegsende 1945 (nur Ton).

Biogramm

Otto Schedl wurde 1912 in Sinzing bei Regensburg geboren und arbeitete nach seinem Studium von 1937 bis 1940 als Journalist beim Regensburger Anzeiger. Nach seinem Kriegsdienst im Zweiten Weltkrieg war er Geschäftsführer und Generalsekretär der CSU, 1948-57 Landrat in Neumarkt/Opf. und wurde 1957 Bayerischer Wirtschaftsminister unter Ministerpräsident Hanns Seidel. Schedl widmete sich v.a. der Energiepolitik (Bau der transalpinen Pipeline sowie der Raffinerie in Ingolstadt). Darüber hinaus widmete er sich besonders der Verkehrspolitik und dem Ausbau des Rhein-Main-Donau-Kanals. 1970 übernahm er das Amt des Finanzministers, von dem er 1972 zurücktrat. 1995 ist Otto Schedl verstorben.

GND: 122324579

Inhalte

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Im Juli 1945 kam Otto Schedl aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft. Kurz darauf suchte er den ehemaligen Bürgermeister Hans Herrmann auf. Dieser war Abgeordneter der Bayerischen Volkspartei (BVP) und seit 1925 zweiter Bürgermeister von Regensburg gewesen und blieb auch im „Dritten Reich“ als Bürgermeister im Amt.

Von 1937 bis 1940 war Otto Schedl am „Regensburger Anzeiger“ tätig , promovierte zum Dr. phil. und wurde anschließend zur Wehrmacht eingezogen. 1943/44, Schedl war inzwischen Oberleutnant der Reserve, nahm er Kontakt zum Sohn des ehemaligen Bayerischen Ministerpräsidenten Heinrich Held (BVP) auf. Jenem hatte der Verlag des „Regensburger- Anzeigers“ gehört. Schedls Ziel war es, dass gleich nach Kriegsende eine Zeitung mit einer konservativ, christlichen, humanistischen Prägung herauskommen sollte. Die amerikanische Besatzungspolitik durchkreuzte seine Pläne.

Schedl spricht kurz die spätere politische Kontroverse innerhalb der CSU zwischen Dr. Josef Müller und Dr. Alois Hundhammer an. 

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Gleich nach seiner Entlassung aus der Gefangenschaft sprach er nicht nur mit Hans Herrmann, sondern auch mit dem damaligen kommissarischen Regierungspräsidenten Worger. Sie beschlossen, den Neustart einer christlich-konservativen Partei, riefen zu einer Versammlung auf und versuchten auch die ehemaligen Bauernbündler dafür zu gewinnen.

Im Juli/August 1945 zog Schedl in ein ehemaliges Redaktionsbüro des Regensburger Anzeigers und begann, die Gründung einer neuen Partei vorzubereiten. Er und seine Parteifreunde aus dem christlich-konservativen und auch liberalen Lager wählten zunächst den Namen „christlich-soziale Einigung“. Nachdem die amerikanische Militärregierung die CSU als Landespartei genehmigt hatte, schloss sich die „christlich-soziale Einigung“ der CSU an.

Schedl gründete vom Schreibtisch aus im Landkreis Regensburg 109 Ortsvereine mit Unterstützung der jeweiligen Dorfpfarrer. Bei den ersten Kommunalwahlen Winter/Frühjahr 1946 gab es in der Oberpfalz in allen Landkreisen und kreisfreien Städten CSU-Ortsverbände. 

Schedl spricht über politische Kontroversen, vor allem bei der Frage eines eigenen bayerischen Staatspräsidenten Ja oder Nein war die Partei gespalten. Schedl lehnte strikt einen Staatspräsidenten ab.

Die ersten Kontakte zu der Partei in München liefen über Josef Müller. 

Schedl berichtet über den Kommunalwahlkampf, und wie er die Auflagen der amerikanischen Militärbehörde in puncto der Zahl der Flugblätter etc. ignorierte.

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Von Regensburg aus wurde Niederbayern längere Zeit organisatorisch betreut. Wegen personeller Querelen trat Schedl für eine kurze Zeit als ehrenamtlicher Geschäftsführer der Partei zurück, bis Dr. Gamperl neuer Bezirksvorsitzender wurde. Die Militärregierung verlangte über jede Versammlung Berichte, die Schedl auf Englisch schrieb und mit Fantasie variierte. Er spricht über die materiellen Schwierigkeiten der Nachkriegszeit, Stromsperren bei Versammlungen, knappes Heizmaterial und ähnliches, oft war Kreativität gefordert.

Eine Parteizeitung war bis 1949 verboten. Schedl, der im Juni 1948 Landrat in Neumarkt/Oberpfalz wurde, benutzte trotz zahlreicher Proteste der Militärregierung das Amtsblatt des Landkreises Neumarkt als Nachrichtenblatt. 1949 konnte das Neumarkter Tagblatt wieder erscheinen.

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Schedl berichtet über ein langes Gespräch im Herbst 1946, das er in München mit Josef Müller geführt hat. 

Bei der Verfassunggebenden Landesversammlung stand auch die Abstimmung über einen Staatspräsidenten bevor. Im Gegensatz zu Alois Hundhammer, lehnte Müller einen Staatspräsidenten vehement ab. Schedl versprach Müller die Unterstützung der Oberpfalz und Niederbayerns und in der Verfassunggebenden Landesversammlung trugen sie den Sieg in dieser Frage davon.

Müller und Schedl hielten es für wichtig, auch die Arbeiterschaft für die CSU zu gewinnen. Otto Schedl betont, als Politiker müsse man „den Menschen eine neue Idee geben .. eine fähige Grundlage jenseits aller materiellen Dinge.“ Der volle Bauch und der schöne Urlaub seien allein keine tragfähige Grundlage.

1947 bat der CSU Landesvorsitzende, Josef Müller, Otto Schedl, das Amt des Landesgeschäftsführers zu übernehmen. Dieses gestaltete dieser völlig um, so dass er zwar nicht nominell, aber de facto die Position eines Generalsekretärs inne hatte. Nach Differenzen über organisatorische Fragen mit dem geschäftsführenden Parteivorstand legte Otto Schedl Anfang Juni 1948 sein Amt nieder und wurde Landrat in Neumarkt.

Daten

Art:
Thematisches Interview (nur Ton)
Dauer:
ca. 2:00 h
Aufnahmedatum:
22.05.2025
Sprache:
deutsch
Aufnahmeteam:

Interview: Dr. Heike Bretschneider

Technik: Dr. Heike Bretschneider