Im hier gezeigten Ausschnitt spricht Peter Sinclair über die Gründe, die nach 1945 eine Rückkehr seiner emigrierten Eltern nach Deutschland verhinderten. Der Vater hätte seine Bibliothek zurücklassen müssen, die Mutter scheute die Konfrontation mit den Erinnerungen.
Dieser Clip ist Teil des folgenden Interviews:
Lebensgeschichtliches Zeitzeugeninterview mit Peter Sinclair (nur Ton), aufgenommen am 26.03.2010 in London, über die Emigration der Eltern, seine Jugend in Peru, die lange Trennung von den Eltern, die Arbeit seines Vaters als Wiedergutmachungsanwalts, sein beruflicher Werdegang und seine Beziehung zu München.
Biogramm
H. Peter Sinclair wurde 1921 als Hans-Peter Siegel in München geboren. Er war der Sohn des jüdischen Rechtsanwalts Dr. jur. et rer. pol. Michael Siegel, der 1933 bei einem Anhörungstermin für seinen in so genannte Schutzhaft genommenen Mandanten, den Inhaber des Kaufhauses Uhlfelder, im Münchner Polizeipräsidium schwer misshandelt und anschließend mit abgeschnittenen Hosen und einem Schild mit der Aufschrift: „Ich bin Jude und ich werde mich nie mehr bei der Polizei beschweren“ durch die Münchner Innenstadt getrieben wurde. Nach der Reichspogromnacht ging der gerade 18-jährige Peter, der in Ermangelung universitärer Ausbildungsmöglichkeiten eine Brauerlehre in der Brauerei Kaltenberg des befreundeten Fritz Schülein begonnen hatte, mit einem Studienvisum nach London; seine jüngere Schwester Beate folgte ihm kurz darauf mit einem Kindertransport. Den Eltern Mathilde und Michael Siegel gelang noch 1940 die Ausreise über Russland, Japan, Korea, USA nach Peru, wo sie sich eine neue Existenz aufbauten. Peter Siegel trat in die britische Armee ein und nannte sich fortan H. Peter Sinclair. Er war in Indien stationiert. Nach Kriegsende versuchte er beruflich Fuß zu fassen; 1951 trat er in ein Unternehmen der Bergbaubranche ein, welches er ab 1959 als Direktor leitete. 1949 heiratete er die aus einer Nürnberger jüdischen Familie stammende Suse/Susan Oppenheimer. Nach seiner Pensionierung 1985 beschäftigte sich H. Peter Sinclair intensiv mit der jüdischen Geschichte sowie seiner Familiengeschichte und publizierte eine Reihe von Beiträgen zu diesem Thema. An seinem Londoner Wohnort Harrow begründete er eine Branche der Seniorenuniversität von U3A. H. Peter Sinclair starb am 27. April 2010 in London.
Inhalte
+++ Wiedergegeben wird nur Teil 2 des Interviews, Teil 1 ist aufgrund eines technischen Defekts leider verloren gegangen. +++
1940 Ausreise der Eltern nach Peru und Leben in Lima – Tod der Mutter 1970 – Tod des Vaters 1979 – erster Besuch der Mutter in England 1947 nach neun Jahren Trennung – spinale Kinderlähmung – Kontakt der jüdischen Flüchtlinge in Peru lediglich zu anderen deutschen Juden, nicht zu Einheimischen – Kontakt der jüdischen Flüchtlinge in England auch zu Einheimischen – deutsche Sprache – England als „Rettungsland“ – Bruch zwischen Sohn und Eltern durch die lange Trennung – Rückkehr nach Deutschland von Seiten der Mutter ausgeschlossen: Ermordung von deren Schwester, Mutter und Bruder im KZ – Rückkehr von Seiten des Vaters nicht ausgeschlossen – Vater Wiedergutmachungsanwalt: Klienten in Nord- und Südamerika - guter Kontakt zur deutschen Botschaft – Schlossbrauerei Kaltenberg – automatische Wiedergutmachung – 1949 Heirat mit Susan und Wohnung in London – Julius Schloss – 1951 Anstellung bei einem großen Unternehmen im Bereich der Nichtmetall-Gruben und -schmelzen – Londoner Metallbörse – Exporte nach Südamerika: Säcke, Klaviere, Whisky – Dr. Mauricio Hochschild: „Don Mauricio“ – ab 1959 Leitender Direktor – Aufsichtsrat – 1985 Ruhestand – 1976 Herzinfarkt – University of Third Age – Tod der Ehefrau Susan 2006 nach einer Operation – Besuche in München und Walchensee – England als Heimat – Bogenhausen – Beziehungen nach München: Familie Schuster.
Daten
Interview: Evamaria Brockhoff M.A.
Ton: Evamaria Brockhoff M.A.