Die Augustinerchorherren in Rebdorf ? im Schatten von Eichstätt
Um 1063 weihte Bischof Gundekar von Eichstätt in Rebdorf eine Kirche dem hl. Johannes. Etwa hundert Jahre später überließ Kaiser Friedrich Barbarossa das Reichsgut Rebdorf dem Eichstätter Bischof Konrad von Morsbach, der dort um 1156 ein Augustinerchorherrenstift gründete. Im Vollendungsjahr der Stiftskirche ? 1159 ? nahm Friedrich Barbarossa das Stift in kaiserlichen Schutz. Die ersten Kanoniker waren überwiegend adliger Abstammung und kamen wohl aus dem Umkreis des Domstifts Eichstätt. Eine starke Bindung an das Domstift ist auch in der Folgezeit feststellbar. Ein Mutterkloster ist für Rebdorf nicht nachweisbar.
Bis zum Jahr 1305 lag die Vogtei über das Stift bei dem Adelsgeschlecht der Hirschberger, die auch die Vögte des Hochstifts waren, und ging dann an den Fürstbischof von Eichstätt über. Durch die Stiftung eines Grafen von Hirschberg konnte überdies 1296 die Zahl der Kanoniker von zehn auf zwölf erhöht werden. Im Patronat des Stiftes Rebdorf befanden sich die Pfarreien bzw. Kirchen Aha, Stammham, Öning, Dornhausen, Kottingwörth, Heimbach, Treuchtlingen, Pfofeld und Bieswang.
Wie in zahlreichen anderen Stiften und Klöstern Bayerns ließen auch in Rebdorf um die Mitte des 15. Jahrhunderts Disziplin und Ordnung zu wünschen übrig. Im Jahr 1454 gelang es Nikolaus von Cues und Fürstbischof Johann III. von Eyb in Rebdorf die Windesheimer Reform einzuführen und das Stift 1458 endgültig der Kongregation anzuschließen. An die Stelle der Pröpste traten einfache Prioren; der erste Prior wurde aus Kirschgarten bei Worms entsandt.
1470 entstand in unmittelbarer Nähe zu Rebdorf das Augustinerchorfrauenstift Marienstein. Wie später Marienburg, so unterstand auch Marienstein der Leitung durch Rebdorf. Dem Stift Rebdorf inkorporiert wurde 1483 das untergegangene Schottenkloster in Eichstätt. Weniger erfolgreich war die von Rebdorf ausgehende Reform des Stiftes Schamhaupten im Jahr 1491. Rebdorfs vierter Prior Kilian Leib, ein Humanist und entschiedener Vertreter der Gegenreformation, war von 1499 bis 1503 Prior in Schamhaupten und wirkte anschließend in Rebdorf bis 1553. Aus Rebdorf verfasste der Laienbruder Melchior einen Brief an Luther, den Melanchthon beantwortete. Melanchthon schrieb Melchior, er solle zwar eifrig Luthers Schriften lesen, dabei aber weiterhin seinem Beruf als Bäcker nachgehen und nicht versuchen, Priester zu werden. Im Bezug auf die Beichte riet der Reformator dem Laienbruder, Sünden nicht zu beichten, wenn er es nicht wolle. Der Brief wurde von Prior Kilian Leib abgefangen und erst entsprechend kommentiert an den Laienbruder weitergeleitet. Das Kloster Rebdorf verlor nur den Chorherren
Während sich Rebdorf erfolgreich weiterentwickelte, schaffte Schamhaupten den Aufschwung nicht. Dem Rebdorfer Prior Leonhard Kraus (reg. 1594?1632) verlieh der Eichstätter Fürstbischof 1624 die Pontifikalien sowie den Titel eines lateranensischen Abtes. Andere bemühten und stritten sich um derartige Ehren, Leonhard Kraus musste zum Gebrauch beinahe gezwungen werden. Rebdorfs Konvent nannte sich in der Folge ?Canonici Regulares Congregationis Lateranensis, Capituli Windeshemensis?, aus den Prioren wurden wieder Pröpste.
Glimpflich verlief für Rebdorf der Dreißigjährige Krieg, denn das Stift wurde nur einmal geplündert und entging weiteren Verwüstungen oder Brandschatzungen. 1652 ging die durch den Anschluss an die Windesheimer Kongregation erreichte Befreiung (Exemption) von der geistlichen Oberhoheit des Bistums Eichstätt wieder verloren. Erst Propst Erhard Rhäm (reg. 1711?1732) erreichte zu Beginn des 18. Jahrhunderts wieder die völlige Exemption.
Unter Propst Erhards Führung wurde die Stiftskirche vergrößert und die Zahl der Chorherren erhöht. Östlich des alten Klosterkomplexes entstand unter Leitung der Eichstätter Hofarchitekten Gabriel de Gabrieli ein Konventneubau mit schlossartiger Fassade. Doch Propst Johann Baptist Mayr war mit der erreichten Kirchenvergrößerung nicht zufrieden. Er ließ die zweitürmige romanische Kirche von 1732 bis 1742 von Matthias Seybold dem Zeitgeschmack entsprechend umbauen. Seybold flachte das gotische Gewölbe im Hauptschiff am Scheitel ab und unterteilte die Joche durch eingezogene Gurtbögen. Die Seitenschiffe wurden barockisiert, auch Vorhalle und Türme in ihre heutige barocke Form gebracht.
Rebdorf verfügte über eine umfangreiche (ca. 20.000 Titel) Bibliothek mit einem großen Reichtum an mittelalterlichen Handschriften und Wiegendrucken. Sie gilt als einer der bedeutendsten geistlichen Bibliotheken Besonders Prior Kilian Leib hat sich um die Bibliotheksbestände verdient gemacht, war eine gute Bibliothek doch auch und gerade für seine eigenen Studien wichtig. Neben Kilian Leib trat der Chorherr Andreas Strauß als eifriger Nutzer der Bibliothek und Verfasser des ersten Stadtführers von Eichstätt (1791) sowie eines Pantheons der großen Persönlichkeiten Eichstätts (Viri insignes quos Eichstadium vel genuit vel aluit, 1799) hervor. Bereits 1800, also vor der Aufhebung des Stiftes, plünderte die französische Armee die Rebdorfer Bibliothek. Heute sind die Bestände über Europa und die USA verstreut.
1806 wurde das Stift Rebdorf aufgehoben und die Kirche profaniert. Der Rebdorfer Hochaltar gelangte nach Greding, die Kirchenorgel nach Aufkirchen. Ein Rubens zugeschriebenes Altarbild hatte bereits der französische General Dominique Joba sechs Jahre zuvor mitgenommen. Die Stiftsgebäude und Teile des Grundbesitzes erstand der Kaufmann Eustach Mayer aus Eichstätt. Mayers Besitz ging zunächst an Adam Kelin von Zirndorf und 1824 an den Herzog von Leuchtenberg über. Der Herzog versuchte vergeblich, aus Rebdorf eine eigene Pfarrei zu machen.
1857 wurde in Rebdorf eine dem Innenministerium unterstehende gefängnisähnliche Arbeitsanstalt für Nichtsesshafte eingerichtet, die Stiftskirche diente als Hauskapelle. Das Arbeitshaus blieb auch noch während der Weimarer Republik und im NS-Regime bestehen. Nach dem Zweiten Weltkrieg errichtete der Freistaat Bayern im Komplex ab 1951 eine Kaserne für die neu aufgestellte Bereitschaftspolizei. 1956 verließ die Ausbildungshundertschaft als letzte Einheit den Standort Rebdorf.
1958 kauften die Herz-Jesu-Missionare das Staatsgut und die Kirche. Die Gebäude wurden renoviert und 1959 in eine Knabenrealschule mit Internat umgewandelt, die heute noch besteht. Seit 1990 ist die Diözese Eichstätt Träger der Schule.
(Laura Scherr / Christian Lankes)