Stichwörter: Adel, adelig
Wenn eine funktional (Krieger, Amtsträger) und/oder ökonomisch (Reichtum) gebildete Oberschicht imstande ist, ihre Vorrangstellung mit Hilfe einer Ideologie, die meist auf eine besondere Abstammung hinweist, vererbbar zu machen, entsteht der Sozialtyp Ade
Aus: Glossar Bayern und Österreich im Mittelalter
Erblich bevorrechtete Gesellschaftsschicht; nach der Lex Baiuvariorum nur fünf Adelsgeschlechter im bayerischen Stammesherzogtum; seit 8. dem Jahrhundert breitere Adelsschicht in Bayern.
Quelle: Aus: Hefte zur Bayerischen Geschichte und Kultur 9/89
Aus: Politische Geschichte Bayerns
(Von ahdt. adal, edeli; Adj. adelig): Erblich bevorrechtete Gesellschaftsschicht, die in Familienverbänden (Dynastien syn. Geschlecht) organisiert ist. Ursprünglich gründete sich der Adel auf kriegerische Tüchtigkeit und dem Gedanken der Blutheiligkeit (Geblütsadel) sowie dem Anspruch auf göttlichen Erwählung. Nach der Lex Baiuvariorum gab es im frühen Mittelalter nur fünf uradelige Adelsgeschlechter im bayerischen Stammesherzogtum; seit dem 8. Jahrhundert entwickelte sich eine breitere Adelsschicht in Bayern, der sich zunehmend auf Grundbesitz stützte. In der fränkischen Zeit entwickelte sich aus ursprünglich unfreien Gefolgsleuten der Dienstadel (Ministerialen), der seinen Besitz als Lehen, eben "verliehen" bekam - zunächst nur auf Lebenszeit, schon bald jedoch als Erbanspruch über die männliche Linie im Familienverband. Im 12. Jahrhundert entsteht das Wappenwesen mit der Heraldik als höfischer Wissenschaft, die bis heute zum Alltag in Europa gehört. Im Hochmittelalter vereinigte das Ideal des Rittertums die Fürsten, Hochadel, einfache Ritter (abgeleitet von "Reiter") und die Ministerialen in einem gemeinsamen Wertekanon.
Mit dem Ende der Naturalwirtschaft, dem Aufstieg des städtischen Bürgertums und des Frühkapitalismus beginnt eine Krise und Umschichtung des Adels. Im Spätmittelalter zerfallen Ritterstand und ritterliche Ideale, auch durch moderne Kriegstechniken (Infanterie, Feuerwaffen). Hochadel und Niederadel beginnen sich ständisch zu organisieren und abzuschotten. Größere Fürsten (Markgrafen, Herzöge, Kurfürsten, Fürstbischöfe) bauen ihre Territorien zu Territorialstaaten innerhalb des Heiligen Römischen Reiches aus. Der "Raubritter" ist ein degeneriertes Abbild dieser Zeit des Umbruchs: Die freien Reichsritter (Immediat) pochen auf alte mittelalterliche Rechte, um sich mit Waffengewalt persönlich zu bereichern. Der Gang der Reformation und katholischen Gegenreformation im 16/17. Jahrhundert wurde von Adelscliquen bestimmt, die gegen den Landesherrn aufbegehren.
Der Adel stellte noch immer das militärische Führungspersonal, musste für seinen Unterhalt jedoch zunehmend administrative oder diplomatische Aufgaben im Dienst der Territorialfürsten übernehmen. Im Absolutismus setzten sich zentral organisierte Territorialstaaten größtenteils gegen das veraltete Adelssystem durch und brachen seine Macht. Unterschieden wird nun zwischen dem alteingesessenen Adel (Schwertadel) und dem neuen Verdienstadel, der seine Titel aufgrund seiner Arbeit und Treue für den Landesherrn erhielt (Briefadel). Durch die Französische Revolution (1789), der Säkularisation und Mediatisierung im Heiligen Römischen Reich (1803 bis 1806) wurde der Adel politisch weiter zurückgedrängt. In Bayern jedoch verlor er erst 1848 seine letzten Vorrechte. Mit der Revolution von 1918 wurde das monarchische Prinzip mitsamt dem Adel abgeschafft. Adelstitel sind heute nurmehr Bestandteil des Familiennamens, ohne tatsächlichen Machtanspruch. Je nach den Besitzverhältnissen oder der lokalen Verwurzelung üben einige Familienverbände noch immer gesellschaftlichen Einfluss aus; größtenteils ist die Funktion der "Elite" jedoch auf andere Kräfte übergegangen. Die vom Adel geprägten Leitbilder (Heros, Rittertum, Treue, die Idee des Gentleman) sind weitgehend verblasst.
Quelle: Konrad Fuchs / Heribert Raab (Hg.): Wörterbuch der Geschichte, Bd. 1. 5. durchgesh. Aufl. München 1983, S. 48f.
Aus: Jüdisches Leben in Bayern
(hdbg.eu/juedisches_leben)