Roding, Kloster St. Dominikus Strahlfeld – Ausbildung für die Mission
Aus dem Dominikanerinnenkloster St. Ursula in Augsburg waren 1877 die ersten Schwestern zur Missionsarbeit nach Südafrika aufgebrochen, um ein entsprechendes Gesuch des Bischof Ricards von Grahamstown zu erfüllen. Sie gründeten in King William‘s Town eine neue Niederlassung, aus der die Gemeinschaft der „Missionsdominikanerinnen vom heiligsten Herzen Jesu“ hervorging. 1898 entstand in Fort Salisbury (heute die Hauptstadt Harare) in Rhodesien (heute Simbabwe) das Mutterhaus dieser Gemeinschaft. Die Kongregation wurde 1922 von Rom anerkannt. Das Generalat der Kongregation befindet sich in Gossops Green, Crawley (England).
Zwei schwer erkrankte Mitglieder des Ordens, Priorin Ignatia Haslinger (1865?1942) und Schwester Alacoque Moosmann, reisten 1914 zum Genesungsurlaub nach Europa. Doch als sie in England ankamen, war der Erste Weltkrieg ausgebrochen. Nach monatelanger Internierung in London gelang ihnen mit viel Glück die Reise nach Augsburg in das Kloster St. Ursula, wo sie in ihrer ausweglosen Situation den Entschluss fassten, in Deutschland eine Niederlassung zu gründen, um Nachwuchs für ihre Kongregation heranzubilden. Mit Unterstützung von Wohltätern gelang es ihnen, einen Kredit aufzunehmen und das 1265 erstmals urkundlich erwähnte Schloss Strahlfeld mit 90 Tagwerk Grundbesitz zu erwerben. Am Pfingstmontag 1917 kamen die beiden Nonnen zusammen mit drei Kandidatinnen vor Ort an und machten sich trotz widrigster Umstände und großen finanziellen Sorgen daran, das heruntergekommene Anwesen wieder instand zu setzen. Schnell wuchs die Zahl junger Frauen, die an einer Aufnahme in den Orden interessiert waren. Aufgrund der schwierigen Postverbindung nach Rhodesien verzögerte sich jedoch die kanonische Errichtung von Kloster und Noviziat bis zum Jahr 1921. Am 10. Mai desselben Jahres wurden die ersten 15 Postulantinnen eingekleidet, die zwei Jahre später ihre zeitlichen Gelübde ablegten. 1924 reisten die ersten sechs Missionarinnen von Strahlfeld nach Afrika. Innerhalb der nächsten 50 Jahre sollten rund 500 weitere Nonnen folgen. Während ihrer zweijährigen Ausbildungszeit im Kloster erlernten die Novizinnen alle anfallenden Arbeiten in Haus- und Landwirtschaft sowie die Grundlagen des Lehrerinnen- und Krankenschwesternberufs.
Der landwirtschaftliche Betrieb war die Existenzgrundlage für das Kloster. Um eine zweite Verdienstquelle zu haben, eröffneten die Schwestern 1923 eine Haushaltungsschule im Josefshaus, das im renovierten westlichen Teil des Klosters lag. In Sommer- und Winterkursen vermittelten sie jungen Frauen die Kenntnisse für ihre zukünftigen Aufgaben als Hausfrauen und Mütter. Priorin Schwester Ignatia Haslinger gab 1926 ihr Amt an die Mitbegründerin Schwester Alocoque Moosmann ab, die bis zu ihrem Tod am 28. Dezember 1938 in dieser Funktion wirkte. Auf sie folgte Priorin Schwester Asumptia Mayer (Amtszeit 1938?1948).
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten brach auch für Kloster Strahlfeld eine schwere Zeit an. Am 1. Dezember 1939 mussten alle Schulen geschlossen werden, Privatunterricht wurde verboten. Ab diesem Zeitpunkt durfte niemand mehr ausreisen. Erst nach dem Kriegsende 1945 konnten die Nonnen wieder alle Aktivitäten aufnehmen. In den nächsten Jahren wurden die Lehrgänge ausgebaut und fanden regen Zuspruch. Das Schulgebäude wurde Ende der 1970er-Jahre modernisiert. Zwei Schülerinnenwohnheime entstanden, um auswärtigen Mädchen die Ausbildung zu ermöglichen. 1982/83 eröffnete Priorin Schwester Claretta Bolz (Amtszeit 1979?1985) eine dreijährige Berufsfachschule für Hauswirtschaft. Aufgrund der geburtenschwachen Jahrgänge musste der Schulbetrieb jedoch 1992/93 eingestellt werden. Innerhalb der letzten 70 Jahre hatten rund 2500 junge Frauen die Bildungseinrichtungen in Strahlfeld absolviert. Die Gebäude wurden bis 2003 an die Katholische Arbeiterbewegung vermietet, die hier ein Bildungs- und Erholungszentrum betrieben. Danach nahmen die Schwestern den Gästebetrieb selbst in die Hand. In ihrem „Haus der Begegnung“, das mehrere Gebäude umfasst, bieten sie Gästezimmer, Speisesäle, Kurs- und Konferenzräume, Sport-und Freizeiteinrichtungen sowie ein abwechslungsreiches Veranstaltungsprogramm mit Kreativ-, Gesundheits- und Meditationskursen an. Daneben wird der umfangreiche Klostergarten mit Obst-, Gemüse- und Kräuteranbau bewirtschaftet. In dem seit 1993 betriebenen Klosterladen kommen Waren aus fairem Handel und aus der Region zum Verkauf.
Zur Personaleinsparung im landwirtschaftlichen Betrieb wurden moderne Maschinen angeschafft, die nur durch die Auslagerung des Hofes 1968 an den östlichen Dorfrand Platz finden konnten. Aufgrund neuer Bestimmungen der Europäischen Union entschloss man sich 1985, den klösterlichen Wendelinushof aufzugeben und die Ländereien zu verpachten. Während der Ordensnachwuchs in Europa drastisch abnahm, meldeten seit Mitte der 1980er-Jahre immer mehr junge Afrikanerinnen ihr Interesse an einem Klosterleben an. Bis 2007 traten rund 60 sambische und simbabwische Frauen der Kongregation bei. Zu den Missionsdominikanerinnen vom Heiligsten Herzen Jesu gehören derzeit (2017) rund 250 Schwestern, die in Deutschland, Simbabwe, Sambia, Kenia, Kolumbien und England im Einsatz sind. Sie engagieren sich im schulischen, pflegerischen, pastoralen und sozialen Diensten. Allen Nonnen, die krankheits- oder altersbedingt ausfallen, bietet Kloster Stahlfeld, das seit seiner Gründung das Zentrum der Kongregation in Deutschland darstellt, eine Heimat. Bereits 1976 wurde zu diesem Zweck das Alten- und Pflegeheim Haus Maria eingeweiht.
Seit 2013 steht der Umweltgedanke in allen Wirtschaftsbereichen des Klosters an erster Stelle. Im Rahmen der seit 2014 praktizierten Kooperation mit der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden finden jährlich Workshops statt, die ökologisch nachhaltige Projekte realisieren. Unter anderem entwickelten Studenten zusammen mit den Missionsdominikanerinnen die Idee für einen Solarkocher, der die Nahrungszubereitung in Afrika vereinfacht, und nahmen ihn in Simbabwe in Betrieb. Zur Nachfolgerin von Sr. Astrid Hermes, die seit 2004 als Regionalpriorin die Leitung inne hatte, wurde im November 2019 Sr. Flavia Büglmeier gewählt. Sr. Flavia trat 1957 als 18-Jährige den Missionsdominikanerinnen bei, erhielt in London eine Ausbildung zur Pädagogin, bevor sie dreizehn Jahre lang in Simbabwe arbeitete, später in Strahlfeld als Lehrerin und schließlich als Leiterin des Seminarhauses wirkte. Ihre vierjährige Amtszeit begann am 1. Januar 2020.
(Christine Riedl-Valder)
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www.kloster-strahlfeld.de