Niederachdorf, Maristenkloster – Wallfahrt und Theologie
Die Redemptoristen, die seit 1849 die Wallfahrt zum Heiligen Blut in Niederachdorf betreut hatten, zogen sich 1922 aus dem Ort zurück, nachdem die Zahl der Pilger seit zwei Jahrzehnten immer mehr abgenommen hatte. Sie wurden abgelöst von den Brüdern des Maristenordens, die ihre neue Niederlassung in Bayern vorwiegend mit Mitgliedern aus Frankreich besetzten. Am 3. Mai 1922 fand die Eröffnung des Hauses und des Studienbetriebs statt, denn von 1922 bis 1931 befand sich hier auch die Hochschule des Ordens. Die Brüder übernahmen das Priesterhaus der Redemptoristen und die Wallfahrtsseelsorge. Ihre festliche Ausschmückung der liturgischen Feiern, zu der auch ein qualitätvoller Männerchor beitrug, sorgte schon bald wieder für einen größeren Zulauf an Gläubigen. Das Wallfahrtsjahr begann am ersten Freitag im März mit einem Hochamt zu Ehren des Kostbaren Blutes. Festlich begangen wurden auch die Hauptfeste der Rosenkranz-, Armenseelenbruderschaft, der Bruderschaft vom Kostbaren Blut, sowie das Titularfest am dritten Sonntag im Oktober. Jährlich besuchten zu jener Zeit rund 30000 Menschen mit Prozessionen aus den Gemeinden der näheren Umgebung (Pondorf, Hofdorf, Salburg, Kirchroth, Pfatter, Aholfing, Wiesent, Tegernheim, Frauenzell, Brennberg, Rettenbach, Wiesenfelde, Stamsried, Roding und Windberg) die Gnadenstätte.
Die Basis für die Selbstversorgung der Brüder bot der Betrieb der eigenen Landwirtschaft. Der aus dem Elsass stammende Pater Josef Nägel wirkte bis 1928 als erster Superior, Wallfahrtsdirektor und Professor für Moraltheologie. Sein Nachfolger, Pater Julius Gnädig, stieg 1931 zum ersten Provinzial auf. Das Scholastikat war damals überfüllt. Daher entschied man sich 1930 zum Kauf des ehemaligen Zisterzienserklosters Fürstenzell und zum Umzug der Bildungsanstalt. Am 28. April 1931 weihte der Passauer Generalvikar in Fürstenzell das Missionsseminar „Regina Apostolorum“ ein. In der Folgezeit entwickelte sich eine enge Zusammenarbeit zwischen den beiden Standorten des Ordens, sowohl in der Lehre als auch in der Wirtschaftsführung. Pater Matthias Claes lehrte von 1925 bis 1931 Kirchengeschichte und Kirchenrecht. Anschließend wirkte der beliebte Beichtvater bis 1936 als Superior in Niederachdorf. Unter Wallfahrtsdirektor Pater Franz Steffek und Erzdekan Anton Keck von Pondorf wurde 1950 das 250-jährige Jubiläum mit einen Festgottesdienst begangen, den Erzbischof Dr. Michael Buchberger zelebrierte. Mit Niederachdorf besonders verbunden war Pater Matthias Marquart. Er leitete das Kloster in den schwierigen Jahren zwischen 1939 und 1947, dann erneut von 1967 bis 1970 und in einer dritten Amtszeit, bis die Niederlassung aufgrund des fehlenden Nachwuchses 1979 aufgelöst werden musste.
(Christine Riedl-Valder)