Gemünden, Kreuzschwestern


 

GESCHICHTE

Gemünden, Kreuzschwestern – individuelle Förderung für Mädchen

 Die ersten vertriebenen Frauen aus dem Orden der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Kreuz kamen 1947 aus Böhmen nach Bayern und gründeten hier eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Nachdem 1950 das Provinzhaus in Eger von der kommunistischen Regierung der Tschechoslowakei beschlagnahmt worden war und in der Folgezeit auch die Arbeitsstellen der Ordensmitglieder durch weltliche Kräfte ersetzt wurden, siedelten 800 Schwestern nach Bayern und in die Schweiz aus. Die Provinzleitung im Freistaat musste mehrmals verlegt werden: von Schloss Tunzenberg (Niederbayern) nach Regensburg/St. Klara, dann nach Regenstauf/Schloss Spindlhof und nach Schloss Werneck (Unterfranken), wo die erste eigene Schule betrieben wurde. In Gemünden konnten die Schwestern dann endgültig sesshaft werden. Auf einer Anhöhe über dem Maintal entstanden nach Plänen von Regierungsbaumeister Hans Beckers in fünfjähriger Bauzeit das neue Provinzhaus, der Ovalbau der Ordenskirche Hl. Kreuz sowie Schul- und Internatsgebäude, die der Erziehung und dem Unterricht junger Mädchen dienen sollten. Im Frühjahr 1958 zogen die ersten Schwestern ein; im Herbst 1960 nahm die Bildungsanstalt den Betrieb auf; im September 1961 bezogen 200 Heimschülerinnen das Internat. Das „Mädchenbildungswerk der Schwestern vom hl. Kreuz“ umfasste von Anfang an Realgymnasium, Mittelschule und ein Seminar für Erzieherinnen mit angeschlossenem Kindergarten und Hort. Man wollte damit eine optimale Lernumgebung für die weibliche Jugend schaffen, die eine freie Entfaltung der Persönlichkeit und die Vermittlung grundlegender christlicher Werte ermöglichte. Die meisten Kinder kamen aus der näheren Umgebung in Unterfranken. Der gute Ruf der Bildungsstätte sorgte jedoch bald dafür, dass Schülerinnen aus ganz Bayern und den angrenzenden Bundesländern, aus der Schweiz und Frankreich, aus Südamerika, USA und Kanada nach Gemünden kamen. Schwester Illuminata Hart, die wesentlich zur Gründung beigetragen hatte, lenkte bis 1990 als Direktorin die Entwicklung der Einrichtung. 1968 wandelte sich das Seminar in eine Fachschule, 1973 in eine Fachakademie für Sozialpädagogik. Ein Tagesheim für 80 Schülerinnen kam 1984 hinzu. Das Ganztagsangebot wurde 1999 durch eine heilpädagogische Tagesstätte erweitert, die individuelle Hilfestellungen für verhaltensauffällige Kinder bietet. 2003 besuchten über 700 Mädchen die Ausbildungsstätten der Kreuzschwestern. Im Herbst 2016 eröffnete das Kloster in Gemünden die Theodosius-Florentini-Schule. Sie ist nach dem Ordensgründer benannt und bietet das bewährte Schulkonzept nun auch für die männliche Jugend an.

Zum Konvent gehörten anfangs 90 Schwestern. Durch viele Neueintritte konnte die Gemeinschaft in den 1960er-Jahren einen großen Aufschwung verzeichnen. Bis 1962 bestand das Lehrerkollegium ausschließlich aus Kreuzschwestern. 25 Jahre später waren jedoch unter den 50 Pädagogen nur mehr 17 Ordensangehörige. Neben den pädagogischen Instituten unterhielt die Gemeinschaft auch eine Paramentenstickerei, engagierte sich für soziale Projekte und entwickelte ein vielfältiges Bildungsangebot für Frauen. Aufgrund des Nachwuchsmangels mussten die Aktivitäten des Klosters im Lauf der Jahre allerdings eingeschränkt werden. Während dem Konvent 2003 noch 67 Schwestern angehörten, belief sich die Zahl seiner Mitglieder im Jahr 2016 auf 35. Die Schwestern arbeiten weiterhin in der Seelsorge, in der Flüchtlingsbetreuung und anderen freiwilligen Diensten. Aufgrund einer Neuordnung der Ordensprovinzen ist das Gemündener Kloster seit 2007 nicht mehr Sitz der Regionalverwaltung. Nach einer Sanierung der Anlage vermietet der Konvent seit 2016 auch Seniorenwohnungen. Die 160 Mitarbeiterinnen in den verschiedenen Betrieben des Klosters arbeiten in den Bereichen Bildung, Soziales und Gesundheit. Der Orden war in Bayern im Jahr 2016 noch an fünf Standorten (neben Gemünden in Mengkofen, Würzburg, Offenstetten, Neukirchen St. Christoph) mit 95 Schwestern vertreten.

  

(Christine Riedl-Valder)

Link:
 http://www.kreuzschwestern.de/



 

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