St. Gertrud - das Stift im Dom
1071 weihte Bischof Embriko eine kleine Kirche zu Ehren der hl. Gertrud (auch: Gertraud) von Nivelles nächst dem Dom. Sie übernahm wohl das auf königlich fränkischen Einfluss hinweisende Patrozinium einer weitaus älteren Kapelle vor der Stadt, die man wegen zunehmender Versumpfung ihres Orts aufgegeben hatte.
Gleichzeitig errichtete der Augsburger Bischof 1071 beim neuen Sakralbau St. Gertrud ein kleines Kollegiatstift. Es bestand zunächst nur aus drei, später fünf Kanonikerstellen. Diese mit Einkünften aus eigenem Grundbesitz dotierten Plätze wurden in Personalunion stets von Angehörigen des Domkapitels und der Augsburger Kollegiatstifte St. Moritz und St. Peter am Perlach eingenommen. Sie waren verpflichtet, bei St. Gertrud täglich einen gemeinsamen Gottesdienst zu halten. Somit benötigte St. Gertrud auch kein Stiftsgebäude. Eigentlich bestand es nur aus seinem Altar.
Die Gertrudenkirche stand freilich der Erweiterung der romanischen Kathedrale ab der Mitte des 14. Jahrhunderts im Weg. So wurde sie um 1356 beim Bau des neuen gotischen Ostchores abgebrochen. Als Ersatz erhielten die Kanoniker die Scheitelkapelle im 1431 fertig gestellten Hochchor. Sie bewahrt bis heute im Dom das Patrozinium der hl. Gertrud.
Mit der Säkularisation im November 1802 fiel das Stift an die Reichsstadt Augsburg bzw. mit dem Übergang von 1806 an das Königreich Bayern.
( Christian Lankes/ Sylvia Stegmüller )