St. Burkard ? das erste Kloster in Würzburg
Ein Heiliger gründete das spätere Kollegiatstift und gab ihm seinem Namen ? Burkard. Der englische Adlige wurde auf Initiative des hl. Bonifatius im Jahr 742 zum Bischof der Diözese Würzburg bestimmt. Um 750 entstand auf dem Westufer des Mains am Fuß des Marienbergs das älteste Kloster der Bischofsstadt. Zuerst St. Maria, St. Andreas und St. Magnus geweiht, wurde es als St.-Andreas-Kloster bekannt. Hier hatte bis etwa 788 auch der Domklerus seinen Sitz. Im Lauf des 10. Jahrhunderts wurde St. Andreas, zwischenzeitlich wohl zu einem Stift unregulierter Chorherren umgewandelt, verlassen. Einen Neuanfang machte Bischof Hugo von Würzburg im Jahr 986. Er berief wieder Benediktiner, erhob die Gebeine des hl. Burkard und übertrug sie in die Kirche der Abtei, die nun das Patrozinium St. Burkard annahm.
Das alte Klostergebäude fiel um das Jahr 1000 einem Brand zum Opfer. Erst eine Generation später ließ Abt Willemund die Abteikirche im romanischen Stil neu erbauen. 1042 wurde der Sakralbau im Beisein des Kaisers Heinrich III. durch Bischof Brun geweiht. Das dreischiffige Langhaus mit Stützenwechsel, die beiden Türme und das Nordportal der Salierzeit sind noch teilweise erhalten.
Reformen prägten im Hochmittelalter immer wieder das Leben im Kloster: Um 1057 wirkte das Beispiel der lothringischen Abtei Gorze und im 12. Jahrhundert straffte die Hirsauer Reform wiederum die Disziplin des Konvents. Von der Schaffenskraft der klösterlichen Gemeinschaft künden der Anbau der Vorhalle (1168) und die Erhöhung der beiden Türme (1249). Aus der Zeit um die Mitte des 13. Jahrhunderts stammt die Katharinenglocke, mit ihrer Bienenkorbform ist sie die älteste erhaltene Glocke im Bistum. Eine vierbändige Bibel, wohl aus der Schreibwerkstatt der Abtei St. Burkard, gehört heute zu den Schätzen der Universitätsbibliothek Würzburg (codexM.p.th.f.m. 9/1-4). Ein Kapitell aus der Zeit um 1270/80 mit hervorragenden Reliefdarstellungen, heute zum Opferstock in der Kirche umfunktioniert, bezeugt den Übergang zum Stil der Frühgotik. Der Mode der Zeit folgend, erhielt die Kirche 1495 einen Hochchor im Stil der Spätgotik. Die Zerstörungen im Bauernkrieg von 1525 überlebten freilich nur wenige Stücke der Inneneinrichtung, so eine Madonna von Tilman Riemenschneider aus der Zeit um 1490.
Von jeher galt St. Burkard rechtlich als Eigenkloster der Würzburger Bischöfe und hatte keinen Vogt. Der Konvent der Abtei bestand ausschließlich aus Adligen. Im ausgehenden Mittelalter hatte sich in vielen fränkischen Klöstern, so auch in St. Burkard, ein Lebensstil entwickelt, der mit der Benediktsregel nicht mehr viel gemeinsam hatte. Zahlreiche Konventekehrten im späten 15. Jahrhundert zur Benediktsregel zurück, andere wurden in Kollegiatstifte umgewandelt, so auch - auf Drängen des Konvents - St. Burkard.
Das Jahr 1464 brachte mit dem bischöflichen und dem päpstlichen Einverständnis für die Umwandlung in ein ?Ritterstift? einen tiefen Einschnitt. Der bisherige Abt Johann von Allendorf fungierte nun als Propst. Aus den Mönchen wurden ?ritterliche Kanoniker?.
Neben dem Domstift war nun St. Burkard das zweite rein adlige Stift Würzburgs; das Amt des Propsts fiel fortan ausschließlich an Mitglieder des Würzburger Domkapitels.
Das wirtschaftliche Fundament des Stifts St. Burkard war bis zur Säkularisation stets gesichert, vor allem wegen des umfangreichen Waldbesitzes. Dennoch litt der Konvent immer wieder unter Schulden. Denkschriften aus dem 16. Jahrhundert beklagen den Verfall der Sitten bei manchen der achtzehn Kanoniker, wie Konkubinat, Trunksucht und mangelnde Teilnahme am Gottesdienst. Deshalb stellte Fürstbischof Julius Echter das Ritterstift zeitweilig unter Zwangsverwaltung.
Im Dreißigjährigen Krieg wurde St. Burkard durch schwedische Truppen geplündert und die Stiftskirche schwer beschädigt. Erst ab 1667 verfügte das Stift wieder über eine geweihte Kirche. Im Geist der Gegenreformation und des Barock widmete sich das Stift vermehrt der Seelsorge in seinen siebzehn unterstellten Pfarreien.
Bei seiner Aufhebung durch das Kurfürstentum Bayern im Jahr 1803 bestand der Konvent von St. Burkard aus dem Titular-Stiftspropst, dem Dekan als eigentlichem Leiter des Stifts, acht mit Pfründen dotierten Kanonikern, neun jugendlichen Domizellaren, also Anwärtern auf frei werdende Kanonikerstellen, und zwölf Vikaren für die Seelsorgearbeit. Die Stiftskirche wurde 1803 zur Pfarrkirche umfunktioniert.
St. Burkard überstand den Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945. Zwar fiel der gesamte Dachstuhl dem Feuersturm zum Opfer und das Langhaus brannte völlig aus, doch Chor und Querschiff blieben erhalten. Seit 1950 ist die Kirche des ältesten Würzburger Klosters wiederhergestellt.
( Markus Schütz )