Wettenhausen


 

GESCHICHTE

Gemeinde Kammeltal, Wettenhausen, Augustinerchorherrenstift SS. Maria und Georg

 

Der Legende nach soll das Stift bereits im Jahr 982 gegründet worden sein. Urkundlich überliefert ist jedoch erst ein Schriftstück aus der Zeit von Bischof Hermann von Augsburg (Amtszeit 1096–1133). Ihm zufolge tätigte eine gewisse Gertrud (von Roggenstein?) zusammen mit ihren beiden Söhnen Wernher und Konrad eine Schenkung an das Augsburger Domkapitel, das als Mutterkirche des Klosters in Wettenhausen auftritt. Trotz der verbrieften freien Vogtwahl fungierten die Inhaber der Herrschaft Burgau als Schutzvögte des Klosters. Unter Propst Egolf, einem Edlen von Knöringen, bedachten Herzog Friedrich von Schwaben und sein Sohn, der spätere Kaiser Friedrich Barbarossa (1122–1190), das Stift großzügig mit Besitzungen. In der Folgezeit trugen weitere Güterüberschreibungen reichlich zum Vermögen der kirchlichen Gemeinschaft bei. Eine Reihe von Rittergeschlechtern besaß in der Stiftskirche ihr Familienbegräbnis: die Albeck, Burtenbach, Ellenbach, Kirchberg, Konzenberg, Hammerstetten, Helfenstein, von Rodt, Stein, Westernach und Westerstetten. Die Markgrafschaft Burgau ging 1301 an Herzog Leopold von Österreich über. Die Landvögte, die sie in der Folgezeit verwalteten, waren auch im Besitz der Schutzrechte über das Stift in Wettenhausen. 1367 wurde dem Stift die Niedere Gerichtsbarkeit verliehen. Unter Propst Ulrich Hieber (Amtszeit 1505–1532) erfolgte der Umbau der romanischen Klostergebäude. Er ließ den Turm der aus dem 12. Jahrhundert stammenden Stiftskirche neu errichten und deren Chor in gotischen Formen bauen. Gleichzeitig schuf er eine neue Verwaltungsgliederung des stiftseigenen Herrschaftsbereichs mit dem Oberamt Wettenhausen und den Vogtämtern Ettenbeuren, Kemnat, Wattenweiler und Unterbleichen. Es umfasste damals rund 60 Quadratkilometer und etwa dreitausend Untertanen. Bis zur Aufhebung im Jahr 1803 sollte sich an diesem Besitzstand nur mehr wenig ändern.

Ständige Schwierigkeiten drohten aus der benachbarten habsburgischen Markgrafschaft Burgau. Durch eine strenge Zollpolitik, sowie Eingriffe in das ökonomische und politische Handeln des Stifts wurde lange versucht, Wettenhausen ganz unter österreichische Herrschaft zu bringen. Selbst die Stärkung der politischen Situation der Chorherren durch die Verleihung der Reichsunmittelbarkeit 1566 brachte kein Ende der Auseinandersetzungen. Unter Propst Hieronymus von Rodt (Amtszeit 1575–1605) erfolgte eine strenge Reform, die zu neuer Blüte führte. Dadurch war das Stift Wettenhausen in der Lage, 1607 Berchtesgaden und 1616 Triefenstein in ihren Erneuerungsbestrebungen zu unterstützen.

Große Verluste in der Bevölkerung und einen völligen Zusammenbruch der Versorgungslage erlitt die Gegend im Dreißigjährigen Krieg (1618–1648). Auch der Konvent wurde damals auf drei Kanoniker dezimiert. Propst Dionysius von Rehlingen (Amtszeit 1658–1592), der aus dem Augsburger Augustinerstift Hl. Kreuz nach Wettenhausen berufen wurde, verhalf dem Stift jedoch wieder zum Aufschwung. Da das Land völlig verödet war, ließ er es durch Kolonisten aus Tirol, Vorarlberg und der Schweiz besiedeln. Er belebte das religiöse Leben nachhaltig, sanierte den Wirtschaftsbetrieb und verlieh dem Kloster durch umfangreiche Baumaßnahmen sein heutiges schlossartiges und landschaftsprägendes Aussehen. Unter anderem wurden unter seiner Leitung ab 1670 das Langhaus der Stiftskirche durch den Vorarlberger Baumeister Michael Thumb neu erbaut und durch führende schwäbische Künstler in barocker Formensprache ausgestattet; ebenso ein Teil der Konventsgebäude. Im 18. Jahrhundert erstreckte sich die Bautätigkeit des Konvents dann auf die Ausschmückung einzelner Räume im Kloster im Dekor des Rokoko und Frühklassizismus. Auch einige Pfarrkirchen in der Umgebung wurden umgestaltet, zumeist unter der Leitung des Stiftsbaumeisters Joseph Dossenberger (1720–1785). Die Chorherren bemühten sich ab den 1740er-Jahren um die Intensivierung ihrer Beziehungen zu Österreich. Propst Augustin Bauhof (Amtszeit 1755–1776) fungierte dann sogar als kaiserlicher Erb-Erz-Hofkaplan und Geheimer Rat. Bis 1764 war der Personalstand des Stifts auf 30 Chorherren angestiegen.

Bei der Aufhebung durch die bayerische Regierung im Jahr 1803 zählte der Konvent noch 25 Kanoniker. Sie wurden mit Pensionszahlungen abgefunden. Einige wechselten als Seelsorger in unbesetzte Pfarreien. Die beweglichen Güter des Stifts wurden versteigert. In den großzügig mit Stuck und Fresken dekorierten Räumen wurden das neu geschaffene Rentamt, das Forst- und Pfarramt untergebracht. Teile der reichhaltigen Konventsbibliothek mit rund 9000 Bänden gelangten 1811/12 in die Königliche Kreis- und Studienbibliothek Dillingen. 1864 erhielten Dominikanerinnen von St. Ursula in Augsburg die Gebäude und richteten dort ihr Kloster und eine Schule ein. Das einst zum Konvent Wettenhausen gehörige Gotteshaus Mariä Himmelfahrt wird als Pfarrkirche der Gemeinde Kammeltal genutzt. Eine Reihe von Grabmonumenten erinnert dort noch heute an bedeutende Persönlichkeiten aus der Geschichte des Chorherrenstifts.

 

Christine Riedl-Valder

 

 



 

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AUS DEM HDBG-MEDIENARCHIV
Gründung des Klosters Wettenhausen im Jahre 982 (Gräfin Gertrud v. Roggenstein und ihre Söhne als Stifter), Ölgemälde/Kopie eines Chorfreskos, 1673, Kammeltal, ehem. August.-CHS Wettenhausen.
Copyright: Haus der Bayerischen Geschichte, Augsburg (Voithenberg, G.)

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