Weißenohe – adlige Benediktiner in der Fränkischen Schweiz
Die Wurzeln des Klosters Weißenohe reichen zurück in das 11. Jahrhundert. Nach seinen Traditionen gilt 1053 als Gründungsjahr. Als erste gesicherte Nachricht bestätigte Papst Paschalis II. im Jahr 1109 die Stiftung des Pfalzgrafen Aribo IV. ( gest. 1102), aus dem Geschlecht der Luitpoldinger, zu Ehren des hl. Bonifatius. Zugleich erhielt damals das Kloster, das nicht dem Bischof von Bamberg, sondern unmittelbar dem päpstlichen Stuhl unterstand, das Recht der freien Abtwahl.
Die ersten Mönche für Weißenohe kamen wohl aus dem benediktinischen Reformkloster Michelsberg bei Bamberg. Zahlreiche Besitzungen, weit verstreut auf dem bayerischen Nordgau, schufen eine sichere wirtschaftliche Grundlage. Der Konvent, der sich zumeist aus Angehörigen von Adelsfamilien der Umgebung, so der Herren von Gräfenberg, Hiltpoltstein und Egloffstein, zusammensetzte, nutzte auch Urkunden, die sich in der neueren Forschung als Fälschung erwiesen haben, zur Sicherung und Festigung seiner Ansprüche.
Die Anfangsjahre von Weißenohe fielen in die Zeit des Investiturstreits. Aufgrund seiner Treue zu Rom erlangte der Konvent auch nach dem Wormser Konkordat von 1122 päpstliche Vollmachten. Mit dem 1151 erteilten Recht, über jeden, der dem Kloster Schaden zufügt, die Exkommunikation aussprechen zu dürfen, stärkte Papst Eugen III. die Autorität der Gemeinschaft ganz wesentlich. Die Bestätigung des Güterbesitzes durch Papst Cölestin III. im Jahr 1195 bildete eine wichtige Voraussetzung für die klösterliche Grundherrschaft.
1205 bestätigte König Philipp von Schwaben dem Kloster das Recht der freien Vogtwahl, allerdings gebunden an die jeweilige Zustimmung des Königs. 1335 übertrug Kaiser Ludwig der Bayer die Vogtei über das Benediktinerkloster der Reichsstadt Nürnberg. 1389 fiel die Schutz- und Gerichtsherrschaft an die Wittelsbacher Landesherrn.
Weißenohe war eine kleine Klostergemeinschaft. So bestand der Konvent 1327 aus dem Abt und drei Patres und bei der Abtwahl von 1430 nur aus zwei Priestermönchen. Es fand deshalb nur eine so begrenzte Zahl von Religiosen Aufnahme, um die Pfründe nicht schmälern. Im 15. Jahrhundert litt Weißenohe schwer unter Erschütterungen der klösterlichen Disziplin. Der Bamberger Bischof ordnete 1438 eine Visitation an, die der Abt von Michelfeld durchführte. Mit der Durchsetzung der Kastler Reform vermochte dieser den Verfall noch für kurze Zeit aufzuhalten. Sinkende Wirtschaftskraft, religiöse und juristische Auseinandersetzungen führten zu Beginn des 16. Jahrhunderts zum Niedergang. Bei der Resignation des Abtes Heinrich III. von Egloffstein im Jahr 1501 war das Kloster bereits tief verschuldet. Während des Landshuter Erbfolgekriegs wurde Weißenohe 1504 besetzt und Abt Eucharius Gozmann musste der Stadt Nürnberg huldigen. Als sich die Mönchsgemeinschaft 1507 unter den Schutz des Bamberger Bischofs stellte, suchte Nürnberg seine Ansprüche militärisch durchzusetzen. Reichsstädtische Truppen fielen plündernd und brandschatzend ein. Über Jahre dauerten die Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Hochstift Bamberg und der Reichsstadt Nürnberg an, begleitet von päpstlichen und königlichen Mandaten, die der je eigenen Sache dienen sollten. Das Kloster selbst erstrebte die Reichsunmittelbarkeit, die ihm freilich versagt blieb. Erst ein Vertrag zwischen Nürnberg und der Kurpfalz brachte 1523 klare Verhältnisse. Die Reichsstadt behauptete zwar die hohe Gerichtsbarkeit, doch alle übrigen Rechte gingen an die pfälzischen Kurfürsten. 1526 leistete Abt Heinrich IV. Swab der kurpfälzischen Regierung in Amberg die Huldigung.
Die Einführung der Reformation durch Kurfürst Ottheinrich brachte 1556 die Aufhebung des Klosters. Der letzte Abt, Achatius von Hirschheid, war bereits zwei Jahre zuvor gestorben. Von den beiden letzten Mönchen bekannte sich Johann Modschidler zur lutherischen Lehre und übernahm als Administrator das Klosteramt.
Nach der Rekatholisierung der Oberpfalz durch das Kurfürstentum Bayern konnte das aufgehobene Kloster mit energischer Förderung durch den Kurfürsten Ferdinand Maria wieder besetzt werden. Bereits 1661 zogen zwei Benediktiner aus Prüfening bei Regensburg in die alten Klostergebäude. Am 26. Juli 1669 kam es zur endgültigen Erneuerung des Konvents. Bis zur Wiedererhebung als eigenständige Abtei im Jahr 1695 blieb Weißenohe unter der Administration seines Mutterklosters. Erster Abt wurde der Prüfeninger Konventuale Johann Gualbertus Forster (reg. 1695-1727), ernannt vom Präses der bayerischen Benediktinerkongregation.
Von der Blütezeit des Klosters im 18. Jahrhundert zeugt seine barocke Kunstpflege. Schon 1690 legte man den Grundstein für einen neuen Konventbau. Von 1692 bis 1707 entstand nach Plänen des Wolfgang Dientzenhofer aus der berühmten Baumeisterfamilie eine prachtvolle Wandpfeilerkirche. Dientzenhofer war ab 1697 auch Oberbauleiter in Weißenohe. Die Ausgestaltung der Kirche besorgten renommierte Künstler, unter anderem der Maler Johann Gebhard aus Prüfening, als Schüler der Gebrüder Asam, und der Bildhauer Johann Michael Doser, der Altäre, Kanzel und Orgelprospekt lieferte. 1725 bis 1727 entstand, vielleicht nach einem Entwurf von Johann Dientzenhofer, der heute noch erhaltene Prälatenflügel, Mitte des 18. Jahrhunderts ergänzt um ein großzügiges Treppenhaus. Die Vierflügelanlage bot repräsentative Räume, die das erneuerte Selbstverständnis des Prälatenklosters widerspiegelten.
Der geistige Anspruch der klösterlichen Gemeinschaft kam nicht zuletzt in ihrer reichen Festkultur zum Ausdruck, etwa in Singspielen und Kantaten, mit denen man die Jubelfeiern der Äbte umrahmte. Eine reichhaltige Bibliothek und ein Naturalienkabinett bezeugten wissenschaftliches Interesse. 1785 wurde eine eigene Druckerei im Kloster eingerichtet. Dem Konvent gehörten im 18. Jahrhundert hervorragende Gelehrte an: Pater Marian Dobmayr lehrte als Professor für Dogmatik am kurfürstlichen Lyzeum in Amberg sowie an der bayerischen Landesuniversität Ingolstadt. Pater Willibald Schrettinger war als Verfasser von Lehr- und Handbüchern ein Begründer der Bibliothekswissenschaft und später Kustos an der Hof- und Staatsbibliothek in München.
Pater Schrettinger war es auch, der die Aufhebung seines Klosters wesentlich beförderte; mit sieben Mitbrüdern richtete er ein Auflösungsgesuch an die Regierung in München. Nachdem Weißenohe bereits im Februar 1802 unter kurfürstliche Administration gestellt worden war, erging 1803 der endgültige Aufhebungsbescheid. Die Klostergebäude und -güter, darunter 32 Bauernhöfe und 129 weitere Häuser in insgesamt zwölf Dörfern, gingen in Staatsbesitz über und wurden größtenteils 1804 versteigert. Ein kleiner Teil der klösterlichen Büchersammlung gelangte zwischen 1805 und 1807 in die Provinzialbibliothek nach Amberg. Die Abteikirche diente fortan als Pfarrkirche, das Klosterrichterhaus wurde als Pfarrhof genutzt. Der ehemalige Subprior Pater Johannes Lingl blieb als Seelsorger in Weißenohe. Mitte des 19. Jahrhunderts fielen der östliche und südliche Flügel der früheren Klosteranlage, wo vorwiegend Wohnungen untergebracht waren, einem Brand zum Opfer.
( Manfred Knedlik )