Weihenstephan - Nähr- und Lehrberg
Bereits vor der Ankunft des hl. Korbinian in Freising um das Jahr 720 befand sich auf der Kuppe des heute durch die Staatsbrauerei und zahlreiche Forschungsinstitute bekannten "Nähr- und Lehrberges" eine Stephanuskirche. Bei ihr errichtete der Wanderbischof eine Mönchszelle. Noch heute erinnert daran die Hangquelle des Korbinianbrunnen. Die erste monastische Niederlassung in Weihenstephan erlosch wohl noch im Lauf des 8. Jahrhunderts. Um 830 baute Bischof Hitto eine neue reich ausgestattete Stephanskirche und gründete bei ihr zugleich eine Gemeinschaft von Chorherren. Aus dem 9. Jahrhundert stammen für Freising die frühesten Erwähnungen von Hopfengärten, zugleich Indiz für eine Bierbrauerei auch bei den Kanonikern von St. Stephan. Für das bei den Ungarneinfällen von 909 und 955 schwer geschädigte Stift nennt eine Urkunde Kaiser Heinrichs II. vom Jahr 1003 den deutschen Namen "Wihanstephane".
Bischof Egilbert von Freising, ein enger Vertrauter Heinrichs II., veranlasste spätestens 1021 eine Besetzung mit Benediktinern aus dem Reformkloster Seeon. Die bisherigen Kanoniker übersiedelten hingegen in das Stift St. Veit. Es lag auf halber Höhe des Weihenstephaner Berges und bestand ebenfalls schon seit dem 9. Jahrhundert. St. Veit wurde 1802 aufgelöst und 1803 völlig demoliert. An seiner Stelle befindet sich heute die Gaststätte "Lindenkeller".
Die Chorherren hatten auch ihre Güter und alten Stiftungen nach St. Veit transferiert. So war das benediktinische Weihenstephan eine komplette Neugründung als bischöfliches Eigenkloster. Gleichzeitig entstand ein Frauenkonvent unter der Leitung des Abtes, der bis zum Totalbrand des Nonnenklosters 1242 existiert haben dürfte.
Bischof Otto der Große förderte die monastische Unabhängigkeit von Weihenstephan; eine Urkunde Papst Eugens III. von 1145 verschaffte dem Kloster das Recht auf freie Abtwahl. In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts entstand die eigene Klosterpfarrei St. Jakob.
Ab 1080 hatten die Grafen von Scheyern bzw. später die Wittelsbacher die Vogtei über das Kloster. Ab 1255 lag sie bei den Herzögen in Landshut. Sie entzogen die Abtei dem Zugriff des Freisinger Bischofs. Weihenstephan kam somit im 13. Jahrhundert unter bayerische Landeshoheit. Das Kloster war bis 1803 Herr der Hofmark Vötting. Erst 1937 wurde das Dorf Vötting mit Weihenstephan in die Stadt Freising eingemeindet.
Eine erste kulturelle Blüte sah Weihenstephan im ausgehenden 12. Jahrhundert. Wertvolle Handschriften in der Münchner Staatsbibliothek dokumentieren den hohen Stand der damaligen Buchmalerwerkstatt. In der Folge erlebte die Abtei ihren fortschreitenden Niedergang, nicht zuletzt durch mehrere Brandkatastrophen und eine massive Plünderung durch Ludwig den Bayern 1336 nach der Parteinahme der Benediktiner für das Papsttum in Avignon.
Seine zweite Blüte erlebte Weihenstephan im 15. Jahrhundert. Ab 1418 lebte der Konvent nach den Auflagen der Reformbewegung von Kastl. 1430 erhielt die Abtei das Recht der Pontifikalien. Vom reichen Herbst des Mittelalters zeugen erneut die Buchkunst, vor allem aber die berühmten Tafelbilder von Jan Pollack mit der ältesten authentischen Ansicht von Weihenstephan und Freising um 1489 (Alte Pinakothek München) und die Skulpturen des so genannten Meisters der Blutenburger Apostel (Diözesanmuseum Freising). Die Lehren der Reformation blieben für die strengen Weihenstephaner Mönche ohne Einfluss.
Ungeachtet der Schäden des Dreißigjährigen Krieges war die wirtschaftliche Lage des Klosters im späten 17. Jahrhundert glänzend. Mit Ausnahme der Abteikirche wurden die übrigen Klostergebäude zwischen 1674 und 1705 alle neu erbaut. Sie sind infolge der fortdauernden Nutzung auch nach der Säkularisation teilweise bis heute erhalten.
Ganz im Gegensatz zu den meisten anderen süddeutschen Barockabteien unterblieb in Weihenstephan die Errichtung einer Klosterkirche im Stil der Zeit. Erst nach 1750 wurde der noch aus dem 13. Jahrhundert stammende Bau im Inneren modernisiert.
Die Führungsschwäche der letzten Äbte führte im ausgehenden 18. Jahrhundert, vielleicht gerade wegen zu großer Sparsamkeit und fehlenden Investitionen, zur ökonomischen Katastrophe: Das Kloster war 1802 bankrott und rettete sich im Wissen um die ohnehin bevorstehende Aufhebung nur noch über die Runden.
Am 24. März 1803 wurde Weihenstephan säkularisiert. Die Mehrzahl der 24 Mönche übernahm freie Priesterstellen. Die Pfarrkirche St. Jakob auf dem Weihenstephaner Berg wurde schon 1803 abgebrochen, um 1811/12 folgte der Abriss der Klosterkirche St. Stephanus.
Die Klosterbrauerei wurde sofort vom Kurfürsten Max IV. Joseph übernommen. Seit 1921 arbeitet sie bis heute als Bayerische Staatsbrauerei.
Im Herbst 1803 wurde die kurfürstliche Försterschule aus München nach Weihenstephan verlegt, jedoch bereits vier Jahre später wieder aufgelöst. 1804 kam in die weitläufigen Klostergebäude auch eine Musterschule für Landwirte, die aber 1807 wieder geschlossen wurde. Bestehen blieb hingegen die ebenfalls auf das Jahr 1804 zurückgehende spätere Staatliche Lehr- und Forschungsanstalt für Gartenbau. Sie bildete 1971 die Keimzelle der neuen Fachhochschule mit der Versuchsanstalt Weihenstephan.
1852 verlegte König Max II. die Landwirtschaftliche Zentralschule von Oberschleißheim nach Weihenstephan; zu ihr gehörte damals auch schon die Ausbildung im Brauwesen. 1895 wurde die Zentralschule zur Königlichen Akademie für Landwirtschaft und Brauerei erhoben. Sie trug ab 1919 den Namen Hochschule für Landwirtschaft und Brauerei und wurde im Jahr 1930 der damaligen Technischen Hochschule München eingegliedert. 1999 übernahm die Technische Universität gegen den Widerstand der Ludwig-Maximilians-Universität auch deren Fakultät für Forstwirtschaft in Weihenstephan.
Seit 2002 sind die drei staatlichen Landesanstalten in Weihenstephan dem Bayerischen Staatsministeriums für Landwirtschaft und Forsten zugeordnet:
( Christian Lankes )