Straubing, Kapuzinerkloster


 

GESCHICHTE

Straubing, Kapuzinerkloster – Volksnahe Bußprediger und Seelsorger

 

 

Der bayerische Herzog Maximilian (Amtszeit 1598–1651; seit 1623 Kurfürst) war ein besonderer Wohltäter des Kapuzinerordens. Er setzte im Kampf gegen die Protestanten und Kalvinisten sein Vertrauen auf die Bettelorden, die aufgrund ihrer seelsorgerischen Fähigkeiten, ihrer wortgewaltigen Predigten und ihres vorbildlichen und bescheidenen Lebenswandels viel Zuspruch in der Bevölkerung hatten. Nach München und Landshut war die Niederlassung der Kapuziner in Straubing die dritte direkte Stiftung des bayerischen Herzogs. Für die Errichtung eines großen Klosterareals vor den Stadtmauern im Südwesten von Straubing erwarb der Herzog zwischen 1614 und 1616 mehrere Grundstücke. Mit dem Bau wurde der italienische Hofbaumeister Johann Maria Pasquai beauftragt. Da der Meister vorzeitig starb, vollendete dessen Sohn Wolf das Werk. Die Eindeckung übernahm der Hofmaurer Hans Bachmair. Bereits 1615 fand die Einweihung der Klosterkirche statt. Für den Baugrund und die Errichtung der Klostergebäude hatte der bayerische Herzog insgesamt rund 13000 Gulden investiert (ein Gulden hatte damals die Kaufkraft von rund 40 Euro). Der hohe Aufwand hatte aber keinen bleibenden Bestand, denn 1633 wurde die Stiftung bei der Belagerung Straubings durch die Schweden bis auf den Grund zerstört. Die Schweden brachten im Kloster vier schwere Geschütze in Stellung und beschossen von dort aus drei Tage lang die Stadtbefestigung. Straubing wurde erstürmt und vier Monate lang besetzt, bis die kaiserlichen und bayerischen Truppen Anfang April 1634 die Stadt zurückeroberten. Nach Abzug der Streitmächte waren Hungersnot und Pest die Folge. Ein äußerst tapferer und mutiger Mensch, der auch den Schweden furchtlos entgegentrat, war der Kapuzinerguardian P. Petrus von Buchau. Er opferte sich für die Pestkranken auf und starb 1634 selbst an der Seuche. Weltlicher Sachwalter der Kapuziner war der Straubinger Apotheker und spätere Bürgermeister Simon Höller (1601–1675). Wegen seiner Verdienste um die Verteidigung der Stadt im Jahr 1633 wurde er von Kaiser Ferdinand III. in den Reichsadelsstand erhoben. Bereits 1637 konnten – wieder mit großer finanzieller Unterstützung des bayerischen Kurfürsten – die neu errichteten Klostergebäude und die Kirche durch den Regensburger Bischof Albert IV. von Törring (Amtszeit 1613–1649) eingeweiht werden. Diesen Gebäuden sollte jedoch eine noch kürzere Existenz beschieden sein. Da 1644 aufs Neue der Schwedeneinfall drohte, wurden die Häuser vor den Stadtmauern niedergerissen, um dem Feind keine Stützpunkte zu liefern und Platz zum Bau von eigenen Festungswerken zu gewinnen.

Schließlich erfolgte die Planung eines dritten Straubinger Kapuzinerklosters innerhalb der Stadtmauern am Südring zwischen dem Steinernen und dem Oberen Tor. Baumeister war der Tessiner Kapuzinerpater Lukas von Roveredo, der auch das Anfang der 1640er-Jahre erbaute Kapuzinerkloster in Vilshofen errichtete. Er entwarf eine rechteckige Barockanlage einfachster Art, ohne Außengliederung, mit einer vorspringenden Kapelle an der Südseite. Erneut übernahm Kurfürst Maximilian I. mit den Baukosten für die Kirche einen großen Teil der Finanzierung. Für den Klosterbau und die Nebengebäude kamen andere Wohltäter auf. Am 2. August 1650 weihte Kardinal Graf von Wartenberg, Bischof von Regensburg (Amtszeit 1649–1661), die neue Niederlassung der Kapuziner ein. Ihre Klosterkirche erhielt den hl. Joseph zum Patron. Über dem Portal befand sich in einer flachen Nische ein Gemälde mit der Darstellung des Eselswunders des hl. Antonius v. Padua. Das Hochaltargemälde zeigte die Heilige Jungfrau Maria auf einer Wiege sitzend, wie ihr der hl. Joseph das Jesuskind reicht. Die Seitenaltäre wurden zu Ehren des hl. Felix und der Stigmatisation des hl. Franziskus errichtet. Die Kapelle war dem hl. Antonius von Padua geweiht. Als besonderen Reliquienschatz barg sie den Leib des hl. Märtyrers Johannes. Im 18. Jahrhundert fertigte der berühmte Barockmaler Cosmas Damian Asam ein Heiliges Grab für die Klosterkirche.

Die Hauptaufgabe der Patres lag auch in Straubing auf der Predigttätigkeit und dem Bußsakrament. In den ersten Jahren ihres Wirkens standen sie deswegen in Konflikt mit dem Stadtpfarrer, der nach dem Einschreiten Herzog Maximilians seinen Posten verlassen musste. Weitere Tätigkeitsfelder waren der Krankendienst. Auch während der verheerenden Pestseuchen als Folge des Dreißigjährigen Kriegs leisteten die Kapuziner unbeirrt Beistand für die Kranken und Sterbenden und mussten dabei oft selbst ihr Leben lassen. Außerdem hatten sie das Amt des Galgenpaters inne und waren als Aushilfen in den umliegenden Pfarreien tätig. Der Straubinger Konvent besaß von 1633 bis 1680 ein Noviziat für den Ordensnachwuchs, später auch eine Studienanstalt für Philosophie und Theologie. Die Konventgebäude mit 35 Mönchszellen und sechs Gastzimmern bewohnten im Schnitt 37 Geistliche. Ihren bescheidenen Lebensunterhalt bestritten die Straubinger Kapuziner mit Messstipendien, Almosen, Kollekten und Zuwendungen des Kurfürsten an Bier, Salz und Holz. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts lebten einige hervorragende Prediger im Straubinger Kapuzinerkloster. Sehr beliebt war damals Pater Diodorus Egelsdorfer (1708–1758). Er wurde oft nach München an die Pfarrkirche St. Peter zur Predigt berufen. Zusammen mit Pater Eucharius von Dorfen publizierte er 24 Reden unter dem Titel „Leben, Tod, Gericht und Endurtheil des in Lastern lebenden und sterbenden Sünders“ (erschienen in München 1746). Auch Pater Anton gab mehrere Ehrenreden heraus, von denen eine 1724 in Straubing gedruckt wurde. Im Österreichischen Erbfolgekrieg (1740–48) wurde die Gäubodenstadt mehrfach belagert. Dabei konnte die Bürgerschaft das an der Stadtmauer gelegene Kapuzinerkloster als Stützpunkt bei der Beobachtung des Feindes nutzen.

Eine Aufstellung aus dem Jahr 1788 gibt Auskunft, dass damals 33 Kapuziner im Kloster lebten, unter ihnen 22 Patres, 4 Studenten und 5 Laienbrüder. Ihre seelsorgerische Tätigkeit umfasste neben Chorgebet, Messamt und Bußsakrament in der eigenen Klosterkirche auch dieselben Tätigkeiten und Aushilfen in der Pfarr- und Stiftskirche St. Jakob und St. Tiburtius, in St. Veit, in mehreren herrschaftlichen Schlössern und umliegenden Pfarreien sowie Krankenbesuche, Sterbebeistand und die Unterweisung des Ordensnachwuchses in der Hl. Schrift und Kirchengeschichte. Gemäß den Ordensregeln verfügten die Kapuziner über keinerlei Grundbesitz. Ihre Einkünfte bezogen sie aus Messstipendien, Almosen und Kollekten. Außerdem schenkte der bayerische Kurfürst dem Kloster jährlich 35 Gulden Zuschuss für Wachs und Öl, einen Zentner Schmalz, 2 Fuder Salz und 12 Fass Weißbier.

Im Zuge der Säkularisation Anfang des 19. Jahrhunderts wurde das Straubinger Kapuzinerkloster von der Landesdirektion geschlossen. Der letzte Guardian Pater Cyprian Aschenbrenner war ein herausragender Ordensmann. Kurfürst Karl Theodor (Regierungszeit 1777–1799) wählte ihn zu seinem Beichtvater und nahm ihn auch 1796, als die Franzosen bis München vordrangen, auf seiner Flucht mit nach Sachsen. Nach der Rückkehr hätte Pater Cyprian als Geheimrat am Münchner Hof bleiben können; er aber wollte die Kutte nicht ablegen. Nach dem Tod des Kurfürsten kam er als Guardian nach Straubing und wurde zusammen mit seinem Konvent nach der Auflösung des Klosters in das Zentralkloster der Kapuziner nach Altötting umgesiedelt. Gleichzeitig mit ihm trat 1799 Pater Columbanus Ellersdorfer (1763–1804), Magister der Philosophie, Theologie und des kanonischen Rechts, seine Predigerstelle an der Straubinger Pfarr- und Stiftskirche an. Schon bald war der Kapuziner bei den Gläubigen so sehr geschätzt, dass auf Verlangen der Bürgerschaft zwei seiner Predigten im Druck erschienen. Als seine Abschiebung drohte, sandte das Stiftskapitel eine Bittschrift an die bayerische Regierung in München. Pater Columbanus durfte sein Amt behalten unter der Voraussetzung, dass er seinen Habit ablegte. Nach langem Zögern erklärte er sich dazu bereit.

1802 kamen Kloster und Kirche in den Besitz des Weinwirts Karl. Der Portiunkula-Ablass (der am 2. August oder am darauf folgenden Sonntag in Pfarrkirchen oder Kirchen des Franziskanerordens als vollkommener Ablass gewonnen werden kann) wurde in die Stiftskirche St. Jakob und St. Tiburtius übertragen. Neben allem Inventar scheute man sich auch nicht, den heiligen Leib des Märtyrers Johannes zu versteigern. Die wertvolle Reliquie gelangte auf diese Weise in die Pfarrkirche von Feldkirchen. Im 19. Jahrhundert gab es mehrere vergebliche Versuche, das Kloster wiederzubeleben.

1836 versuchte die damalige Besitzerin der Klostergebäude, die Witwe Biagetti, Benediktiner anzusiedeln. In dem Anwesen befanden sich zu dieser Zeit Mietwohnungen. Die Klosterkirche diente einem benachbarten Bierbrauer als Lager für Fässer, Wägen, Heu und Stroh. In den 1860er-Jahren wurde das ehemalige Gotteshaus als Stadel genutzt. Die Konventgebäude verwendete der Stadtmagistrat zur Unterbringung für Waisenkinder, auch als Schullehrer- und Polizeisoldatenwohnung. Später wurden die Gebäude abgerissen.

 

Christine Riedl-Valder



 

SUCHE

LAGE IN BAYERN
Kartenausschnitt in Google Maps anzeigen