Rothenburger Terziarinnen ? wohltätiges Wirken für die Bürgerschaft
Schwestern der Minoriten schlossen sich im Mittelalter in Rothenburg ob der Tauber zu einer Gemeinschaft zusammen. Als Terziarinnen waren sie Angehörige des Franziskanerordens, die zwar nach der anerkannten Regel, aber nicht in klösterlicher Gemeinschaft lebten. Ihre Grundlage war die dritte Regel des hl. Franziskus. Die Schwestern besaßen keinerlei Privateigentum und lebten frei von materiellen Interessen. Über ihre Organisation und ihr Wirken haben sich nur wenige Nachrichten erhalten. 1361 soll das Zisterzienserinnenkloster Frauental (Landkreis Mergentheim) sein Haus in der Spießgasse (später Klingengasse) den Schwestern verkauft haben. Papst Bonifaz IX. bestätigte den Terziarinnen im Jahr 1400 alle Privilegien und befreite sie von weltlicher Besteuerung. Ihren Unterhalt bestritten sie aus den Wirtschaftsgütern, die ihnen zur Nutznießung überlassen wurden. Als Gegenleistung verpflichteten sich die ?Armen Schwestern in der Klingengasse?, wie sie sich selbst in einem Revers nannten, zum Fasten und zum Gebet für die Stifter und deren Vorfahren, übernahmen Krankenpflege und Handarbeiten. Ihr bescheidenes Vermögen soll sich auf 11 Gulden, 15 Malter Getreide, 12 Hühner und ein ausgeliehenes Kapital von 673 Gulden belaufen haben. Nach den Urkunden besaßen sie bis zum Jahr 1555 Güter in Rothenburg, Gammesfeld, Ohrenbach und Stettberg. Der Lebenswandel der Terziarinnen war vorbildlich. Deshalb forderte der Rat von Esslingen 1470 einige Schwestern an, um den Konvent in ihrer Stadt zu erneuern.1506 und 1507 nannte sich Katharina Hornerin ?geistliche Mutter des Schwesternhauses der minderen Regel St. Franziskus?. 1510 wurde das Schwesternhaus umgebaut. Laut Inventar lebten darin etwa zehn Frauen. Ihre Seelsorge hatten die Franziskaner übernommen. Der Mainzer Erzbischof schenkte der Gemeinschaft 1518 einen Tragaltar, an dem im reich ausgestatteten Betraum ihres Hauses Messen gelesen wurden.
Schwere Zeiten durchlebten die Schwestern im Bauernkrieg. Man drohte ihnen, ihren Besitz mit Gewalt wegzunehmen. Aufrührerische Weiber wollten das Haus überfallen. Die Terziarinnen baten daher den Stadtrat um Schutz. Dieser gewährte der Mutter und den Schwestern das Bürgerrecht und bot denjenigen Frauen, die sich verheiraten wollten, ein entsprechendes Heiratsgut an. Kurz darauf wurde das Terziarinnenhaus geplündert. Danach lebten höchstens noch fünf Frauen dort. Von den Schrecken des Krieges und den Anfechtungen der sich ausbreitenden Reformation hat sich die Gemeinschaft nicht mehr erholt. Der sich auflösende Konvent wurde 1536 von Lucia Englin geleitet. Die Verwaltung des Hauses übernahm Benedikt Göpel, der auch für das Franziskanerkloster zuständig war. Die Terziarinnen starben 1555 mit dem Tod der letzten Schwester aus. Ihr Gebäude, nahe der Pfarrkirche gelegen, diente zunächst dem evangelischen Prediger von St. Jakob, Georg Kuppelich, später dann dem Superintendenten Johann Hofmann und seinen Nachfolgern als Wohnung. Heute ist es ein privates Wohnhaus.
(Christine Riedl-Valder)