Reichenhall, St. Zeno


 

GESCHICHTE

St. Zeno in Bad Reichenhall - Die größte romanische Basilika in Oberbayern

Die Chronistik des 17. Jahrhunderts berichtet über die Gründung einer Mönchszelle um das Jahr 803 durch den Salzburger Erzbischof Arn (Arno). Wegen der umliegenden Salzstollen soll sie St. Zeno, dem Schutzheiligen gegen Wassergefahr, geweiht worden sein. Die Zelle schien sich jedoch nicht lange gehalten zu haben. 
Im Zuge der monastischen Reformbewegung im Erzbistum Salzburg gründete Erzbischof Konrad I. im Jahr 1136 St. Zeno neu als Stift für Augustinerchorherren. Er stattete es mit Gütern und einem Anteil am Salzzehnten aus. Der erste Propst wurde Lanzo, der seit 1121 als Pfarrer an der Kirche bei St. Zeno tätig gewesen war. 1144 erhielt die Gründung ihre päpstliche Bestätigung. 
Die sehr frühe Blüte des Stifts zeigte sich insbesondere im Kirchenbau. Bereits die ersten Chorherren ließen die alte Kirche abtragen und begannen, gestützt auf Sonderabgaben der Reichenhaller Bürger, im Jahr 1147 mit dem Bau eines neuen Gotteshauses. Um 1208 war die Kapelle St. Maria vollendet, 1228 wurde die neue Kirche St. Zeno geweiht. Die dreischiffige Basilika war zur Zeit der Romanik mit 90 Metern Länge, 30 Metern Breite und 16 Metern Höhe der größte Sakralbau in Oberbayern und nur etwas kleiner als der damalige Salzburger Dom. Stilistisch orientierte sich die Architektur von St. Zeno mit zwölf Jochen, den Stützenwechseln (Pfeiler - Säule) und den ungebrochenen Flächen an Vorbildern aus Oberitalien und der Lombardei. 
Das romanische Westportal beeindruckt heute noch durch seine ungewöhnliche Größe, die hohe Qualität der ornamentalen Ausstattung mit Knospen- und Blattkapitellen und die abwechselnde Verwendung von weißem und rotem Marmor. Die äußeren Säulen werden von Löwen getragen. Im Tympanon thront die Madonna mit dem Kind, flankiert von den Heiligen Zeno und Rupert, darüber das Lamm Gottes. An den Seiten des Portals sind weitere Reliefs eingearbeitet: Adam und Eva nach dem Sündenfall vor Gottvater und die Erlösung der Seele aus dem Rachen des Bösen, dargestellt durch einen Löwen. Am ornamental geschmückten Türsturz finden sich Symbole der Eucharistie und der Ecclesia. Als weitere Zeugnisse der romanischen Baukunst in St. Zeno sind der Kapitelsaal und das Dormitorium sowie drei Flügel des Kreuzgangs erhalten. Im Westflügel des Kreuzganges befinden sich herausragende Reliefs: Eines zeigt Kaiser Friedrich I. Barbarossa mit Krone, Szepter und Reichsapfel, das andere ist eine Darstellung der Äsop-Fabel mit Fuchs, Wolf und Kranich. 
Im 12. Jahrhundert wurden dem Stift die Pfarreien St. Zeno und St. Nikolaus in Reichenhall, die Pfarreien Inzell und Kirchdorf sowie die Filialen Kössen, Schwendt und Reit im Winkel unterstellt ("inkorporiert"); im 14. Jahrhundert kamen Petting, Unken und St. Martin mit Lofer dazu. Der rasche Aufschwung des Stifts äußerte sich in einer Reihe von Privilegien: 1349 erhielten die Pröpste das Recht, das Birett zu tragen, 1483 wurden die Pontifikalien verliehen. Außerdem besaßen die Pröpste als so genannte lateranensische Pfalzgrafen das lukrative Recht, Wappenbriefe an Bürgerliche auszustellen. 
Durch einen Brand wurde die Stiftskirche im Jahr 1512 beinahe völlig zerstört. Bis 1520 erfolgte der Wiederaufbau als gotische Pfeilerbasilika durch den Baumeister Peter Inzinger. Dabei verschwand der Obergaden mit den zwölf Fensterpaaren unter einem gotischen Gewölbe. Der Stützenwechsel wurde aufgegeben und die Krypta beseitigt. Erhalten blieben aus der Zeit der Romanik die Außenmauern, der Chor und die Vorhalle mit dem Westportal. 
Die Kosten für den raschen Neubau der Stiftskirche, Missernten und die reformatorischen Bewegungen führten im 16. Jahrhundert zu einer hohen Verschuldung des Stifts und einem Niedergang des Konvents. 
Unter dem reformfreudigen Propst Bernhard Fischer (reg. 1628-1658) entwickelte sich St. Zeno zu einem Musterstift im Erzbistum Salzburg. Der Konvent zählte stets 20 bis 30 Chorherren. Ab der Mitte des 17. Jahrhunderts folgten Umgestaltungen von St. Zeno im Stil des Barock und später auch des Rokoko. Im Gegensatz zur Basilika hatten die Stiftsgebäude den Brand von 1512 beinahe unversehrt überstanden. Erst Umbauten nach einem neuerlichen Brand 1789 veränderten auch ihr Gesicht.
Im Jahr 1803 erfolgte die Aufhebung des Augustinerchorherrenstifts. Zu diesem Zeitpunkt lebten 31 Konventualen in St. Zeno. Nach der Säkularisation wurde die Stiftskirche als Pfarrkirche verwendet. Das späte 19. Jahrhundert sah den Kirchenraum im neugotischen Stil. Renovierungen folgten in den Jahren 1936 und 1967/74. 
Die Stiftsgebäude gingen nach 1803 zunächst in Privatbesitz über. 1852 erwarben die Englischen Fräulein den Komplex. Sie unterhalten darin bis heute eine Mädchenschule mit Internat.

( Stephanie Haberer )



 

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