Obermedlingen


 

GESCHICHTE

 

Medlingen, Kloster Obermedlingen – glaubensstarke Ordensleute

 

 

 

1260 gründete der Edle Walther von Faiminger zusammen mit seinem Schwiegersohn Heinrich Spät und dessen Frau Adelhaid in Obermedlingen ein Kloster der Dominikanerinnen. Bischof Hartmann von Augsburg siegelte die entsprechende Urkunde am 2. Mai desselben Jahres. Eine Bulle Papst Urbans IV. vom 8. November 1263 informiert darüber, dass diese Einrichtung zur Entlastung der Niederlassung des gleichen Ordens in Maria Medlingen dienen sollte, die seit 1246 bestand. 15 Nonnen verließen das Mutterhaus und bildeten den neuen Konvent. Er wurde der deutschen Ordensprovinz der Dominikaner zugeteilt. Die Schutzvogtei übernahm der Klostergründer; später ging sie an die Grafen von Helfenstein über. Papst Urban IV. bestätigte die Besitzungen und Rechte der Gemeinschaft in einer Urkunde vom 5. Juni 1264. Die Eingliederung der Pfarrei Obermedlingen erfolgte 1266; 1337 kam die Pfarrei Untermedlingen dazu. Auch die Wittelsbacher versicherten dem Kloster seit 1370 wiederholt seine Freiheiten und Rechte. 1462 wurden Obermedlingen und das Kloster im Bayerischen Krieg bei der Schlacht bei Giengen an der Brenz stark in Mitleidenschaft gezogen. Danach verfielen Zucht und Moral der Nonnen zusehends, bis ab 1477 durch das Eingreifen der Ulmer Priorin Margarethe Schleicher das Ordensleben in Obermedlingen grundlegend reformiert wurde. Die glaubens- und willensstarke Priorin erwarb sich damit den Titel einer zweiten Gründerin des Klosters. Neben ihren angestammten Aufgaben – der Kontemplation, dem feierlichen Chorgebet, dem Studium geistlicher Literatur – pflegten die Dominikanerinnen Ende des 15. Jahrhunderts im besonderen Maße die Schreibkunst. Die Bayerische Staatsbibliothek München verwahrt ein Graduale der Nonne Dorothea von Riedheim aus dem Jahr 1499, das mit kunstvollen Initialen und Miniaturen mit Darstellungen aus dem Leben Jesu geschmückt ist.

 

1505 fiel Obermedlingen an das Fürstentum Pfalz-Neuburg. Nachdem Herzog Ottheinrich (Amtszeit 1522–1559) 1542 den evangelischen Glauben angenommen hatte, wurden die katholischen Gottesdienste verboten. Der Ort bekam einen evangelischen Prädikanten, dem auch die 20 Nonnen des Klosters unterstanden. Im Schmalkaldischen Krieg wurde die Klosterkirche 1545, vermutlich aufgrund von Brandstiftung, ein Raub der Flammen. Anschließend wurden die Dominikanerinnen auf Befehl von Ottheinrich im Lauinger Schloss mehrere Monate lang gefangen gehalten. Die Filiale Untermedlingen war von 1552 bis 1614 protestantisch. Nach dem Augsburger Religionsfrieden im Jahr 1555 wurde das Kloster Obermedlingen aufgehoben. Die Nonnen mussten in das Katharinenkloster nach Augsburg übersiedeln. Den Klosterbesitz verwaltete in der Folgezeit ein weltlicher Propst.

 

Im Zuge der Gegenreformation erhielt jedoch der Dominikanerorden sein Eigentum im frühen 17. Jahrhundert wieder zurück. Der neue Landesherr Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm kehrte zum alten Glauben zurück. Er war bemüht, die untergegangenen Klöster wiederzubeleben. Aufgrund des Dreißigjährigen Kriegs kam es aber erst Anfang der 1650er-Jahre zur Errichtung einer neuen geistlichen Gemeinschaft in den verfallenen Gemäuern. 1651 übergab der Höchstädter Landvogt Wolf Jakob Ungelter von Deisenhausen Kirche und Kloster von Obermedlingen feierlich dem Dominikanerorden, der hier nun einen Männerkonvent stationierte. Die Ordensbrüder errichteten 1663 trotz des Protests der Stadt Gundelfingen eine Braustätte und bauten sich zwischen 1666 und 1672 eine kleine Behelfskirche. 1678 wurde das Kloster zum Priorat erhoben. Unter Prior Balthasar Mayr gelang es trotz finanzieller Engpässe ab 1700 eine ansehnliche Vierflügelanlage mit Kreuzgang um einen rechteckigen Hof zu errichten. Als Baumeister wirkten die Vorarlberger Valerian Brenner (1652–1715), der als Hofbaumeister des Augsburger Fürstbischofs vielerorts in Schwaben tätig war, und sein Palier Jakob Albrecht. Die beiden wurden von einer Reihe handwerklich begabter Mönche unterstützt. Sie erbauten auch das neue Gotteshaus mit seiner eindrucksvollen Westfassade, in die ein über siebzig Meter hoher, zwölfgeschossiger Turm einbezogen ist, zwischen 1709 und 1717 erbaut. Die feierliche Einweihung erfolgte 1721 zu Ehren Mariä Himmelfahrt durch den damaligen Augsburger Weihbischof Johann Jakob von Mayr. Ein besonderer Schmuck dieser Kirche, deren Innenausstattung erst im Lauf der Zeit fertig gestellt werden konnte, stellen die Holzvertäfelungen der Wände und die hervorragenden Intarsienarbeiten an Altären, dem Chor- und Betgestühl, sowie der Kanzel dar. Sie werden dem Dominikaner Valentin Zindter aus Augsburg zugeschrieben. Als besonderen Schmuck zeigen die um 1730 angefertigten Beichtstühle neben ihrer ebenfalls reichen Furnierung und den aufwändigen Holzeinlegearbeiten kleine Ölgemälde, deren biblische Szenen den Ablauf der Beichte (Reue, Vergebung und Buße) veranschaulichen. Sie verweisen auf den besonderen Stellenwert der Predigt im Schaffen der Dominikaner. Bei der 100-Jahrfeier im Jahr 1751 gehörten 13 Patres, 11 Novizen und 7 Laienbrüder zum Personalstand des Dominikanerkonvents in Obermedlingen.

 

Im Zuge der Säkularisation wurde das Kloster 1804 aufgehoben. Zum Schluss lebten hier 17 Mönche, 3 Novizen und 5 Fratres. Zwei kurfürstliche Kommissare beschlagnahmten die Klostergüter. Im folgenden Jahr diente Obermedlingen den Franzosen als Hauptlager vor den Schlachten bei Ulm und Elchingen. 1810 wurden das Torhaus, die Mariensäule im Klosterhof sowie 15 Kreuzwegstationen an der Gundelfinger Straße abgerissen. 1832 hat man den Ostflügel teilweise abgebrochen; dazu gehörte auch der Bibliothekssaal. Von dem vorhandenen wertvollen Buchbestand konnten wenigstens einige kostbare Wiegendrucke gerettet werden. Sie kamen in die Staatliche Bibliothek Neuburg. Durch Einsturz des Langhausdecke 1861 verlor die Kirche einen Großteil der qualitätvollen Stuckaturen und Deckenfresken. 1895/96 erfolgte eine vollständige Renovierung der Anlage. 1923 übernahmen die „Oblaten von der unbefleckten Jungfrau Maria“ das ehemalige Dominikanerkloster und eröffneten hier 1925 ein sechsklassiges Progymnasium. 100 bis 150 Schüler aus Schwaben, Oberfranken und dem Saarland besuchten bald darauf diese Schule und das Internat. Während des Zweiten Weltkriegs diente die Anlage unter anderem als Reservelazarett. Danach wurde das Kloster zum Kreisflüchtlingslager (1946–1951). Anschließend zog die Missionsschule wieder ein und blieb dort bis 1970. Seitdem befindet sich die Anlage im Besitz der Diözese Augsburg. Kirche und Kloster wurden mehrfach saniert. Bis 1997 fand das Prämonstratenserstift Tepl nach seiner Vertreibung hier Zuflucht. Gegenwärtig wird das Kloster von der Ordensgemeinschaft der Marianer genutzt. In den Räumen des ehemaligen Priorats im Westflügel befindet sich heute der Pfarrhof. Am Schlussstein seines Portals prangt noch das Wappen der Dominikaner: ein Hund mit einer brennenden Fackel im Maul.

 

 

 

Christine Riedl-Valder

 

 

 

Link:

 

http://www.medlingen.de/chronikmed.html

 



 

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